Wind zu stark: Sucharbeiten an „Concordia“ abgebrochen

Giglio - Die Suche nach Vermissten auf dem vor Italien gekenterten Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“ ist am Dienstagabend vorübergehend gestoppt worden. Starker Wind stoppte die Helfer.
Wie der Einsatzleiter mitteilte, gefährdeten die Wetterbedingungen die Sicherheit der Einsatzkräfte. Am Abend zog stärkerer Wind auf. Auf der Suche nach den mehr als 20 Vermissten hatten Taucher am Dienstag auf einem Deck eine tote Frau gefunden. Damit stieg die Zahl der geborgenen Opfer auf 16.
Das Abpumpen des giftigen Schweröls aus den Tanks der „Costa Concordia“ verzögert sich derweil mindestens bis zum Wochenende. Nach Beginn der Aktion dürfte es rund vier Wochen dauern, bis die etwa 2300 Tonnen Treibstoff, darunter viel Schweröl, aus den 17 Tanks entsorgt sind. Aktuell laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Wenn sie abgeschlossen sind, soll rund um die Uhr gepumpt werden.
Luxusliner läuft auf Grund - Tote und Verletzte
Zuletzt entdeckte Ölflecken um das Schiff - nach Worten des Einsatzleiters nur ein „sehr dünner Film“ - werden so schnell wie möglich von Spezialgeräten der Küstenwache aufgesaugt. Heute (Mittwoch) will der Krisenstabschef zudem einen Plan vorliegen haben, wie die Abfälle auf dem Kreuzfahrtschiff entsorgt werden.
Inzwischen wurde ein weiteres Todesopfer identifiziert. Dabei handelt es sich nach Angaben der Präfektur von Grosseto um eine italienische Passagierin, deren Leiche in der vergangenen Woche auf dem Schiff gefunden worden war. 23 Menschen gelten als vermisst. Von den Toten wurden bisher neun identifiziert. Unter den Opfern ist nach Angaben der Carabinieri ein Mann aus Deutschland - laut Auswärtigem Amt gelten aber weiterhin zwölf Deutsche als verschollen.
Als falsch erwies sich eine Vermisstenmeldung aus Ungarn. Eine Familie hatte sich an die italienischen Behörden gewandt, weil eine Frau aus der Familie angeblich unangemeldet auf dem Kreuzfahrtschiff mitgereist war und sich nach dem Unfall nicht mehr gemeldet habe. Wie das Außenministerium in Budapest jedoch mitteilte, habe die Familie „die Daten einer vor drei Jahren gestorbenen Person missbraucht“.
Der Generalstaatsanwalt der Toskana, Beniamino Deidda, rückte derweil die zuständige Reederei Costa Crociere ins Zentrum kritischer Fragen. „Der Arbeitgeber ist verantwortlich, man muss also den Blick auf die vom Reeder getroffenen Entscheidungen richten“, sagte Deidda, wie italienische Medien am Dienstag berichteten.
Deidda bezog sich damit auch auf die Tatsache, dass die Reederei den beschuldigten und unter Hausarrest stehenden Francesco Schettino zum Kapitän gemacht hatte. In Sachen Sicherheit und Organisation habe es „Probleme und unglaubliche Leichtfertigkeit gegeben“, hielt Deidda fest. Costa-Manager Roberto Ferrarini soll am Abend des Unglücks und der erst spät angeordneten Evakuierung des Schiffes mindestens dreimal mit Schettino telefoniert haben.
Die Reederei aus Genua wehrte sich am Dienstag gegen „ehrenrührige“ Behauptungen an ihre Adresse, die nicht fundiert seien. Costa Crociere betonte auch, nach der Havarie aus Trauer und Respekt vor den Opfern alle geplanten Werbemaßnahmen verschoben zu haben. Das Unternehmen habe den Passagieren an Bord des Unglücksschiffes auch keinen Preisnachlass für künftige Kreuzfahrten angeboten.
dpa