Baselitz und Katz: Momentaufnahmen einer Freundschaft

Benjamin Katz fotografiert Georg Baselitz seit mehr als 30 Jahren. Baselitz zählt zu den bedeutendsten, aber auch umstrittensten Künstlern der Gegenwart. Zum 75. Geburtstag des Malers und Bildhauers veröffentlicht der Hirmer Verlag die einzigartigen Aufnahmen in dem Fotoband „Baselitz at Work“.
Georg Baselitz‘ Malerei wirkt düster und bedrohlich. Im Zentrum seiner ersten Einzelausstellung 1936 in Berlin stand der menschliche Körper. Werke wie „Die große Nacht im Eimer“ oder „Nackter Mann als Beweisstück“ erregten Aufsehen: Sie zeigen geschundene menschliche Körper, aus denen ein überdimensionales männliches Glied ragt. Viele Besucher strömten in die Galerie, um die provokanten Bilder des jungen Künstlers zu sehen. Doch auch die Polizei wurde aufmerksam. Es kam zum Eklat: Sie beschlagnahmte die Bilder wegen der obszönen Darstellung.
Für Baselitz bedeutete dieser Skandal seinen künstlerischen Durchbruch. Er wurde weltweit berühmt und prägte seinen eigenen Stil, der sich vor allem dadurch auszeichnet, dass er seine Motive auf den Kopf stellt.
Baselitz‘ Werk dokumentiert im Fotoband
Viele Fotografen haben versucht, die vielschichtige Persönlichkeit Baselitz‘ im Bild festzuhalten. Doch kaum einem gelingt es so authentisch wie Benjamin Katz. Auch er ist kein Unbekannter in der Kunstszene. Als Fotograf begleitet er seit Jahrzehnten den Werdegang bedeutender Künstler wie Gerhard Richter oder Keith Haring, mit denen ihn oft eine langjährige Freundschaft verbindet. So gelingen ihm Aufnahmen von Entspanntheit, intimer Nähe und Vertrautheit.
Pünktlich zum 75. Geburtstag von Baselitz bringt der Hirmer Verlag den Fotoband „Baselitz at Work“ heraus. Dieser zeigt rund 80 einzigartige Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Katz‘ Fotos geben erstmals Einblick in Baselitz‘ Arbeitsweise, seine künstlerischen und gedanklichen Prozesse.
Die Freundschaft zwischen Katz und Baselitz
Baselitz und Katz kennen sich seit mehr als fünfzig Jahren. Katz war der Galerist der berühmten Skandalausstellung in Berlin und stand zusammen mit Baselitz vor Gericht. Der Prozess dauerte zwei Jahre und endete schließlich mit der Herausgabe der beiden Bilder. Das schweißt zusammen.
Vielleicht ist das der Grund, warum er der einzige Fotograf ist, der Baselitz bei der Arbeit über die Schulter blicken darf. Er begleitet ihn zu Kunstausstellungen und besucht ihn in seinem privaten Atelier, wo sie sich oft tagelang zusammen aufhalten. Baselitz hat sich so sehr an seine Anwesenheit gewöhnt, dass er Katz und das Klicken seiner Kamera gar nicht wahrnimmt. Der Hirmer-Fotoband sammelt diese faszinierenden Momentaufnahmen.
In Baselitz‘ Atelier
Besonders beeindruckend sind die zahlreichen Porträtaufnahmen. Sie spiegeln nicht nur die Emotionen des Malers wieder, sondern auch die Entwicklung, die Baselitz als Künstler über die Jahre hinweg gemacht hat.
Einige der Fotografien zeigen Baselitz in seinem Atelier am Ammersee. Sie stammen von einem der letzten Besuche von Katz. An den Wänden lehnen Versionen des Bildes „Große Nacht im Eimer“. Er hat sich entschieden, seine bedeutendsten Werke in seiner „Remix“-Serie neu zu malen. Baselitz scheint fast besessen von seiner Idee. Er arbeitet hoch konzentriert. Sein Körper verrät seine innere Anspannung. In den Pausen schwankt seine Stimmung: Manchmal betrachtet er sein Werk kritisch und zweifelt an sich selbst. Dann wieder albert er herum, macht Witze, lacht. Katz hält alles mit seiner Kamera fest.