Vom Sudelfeld auf den Wendelstein
Hinauf zu einem Ort der Superlative
- 0 Kommentare
- Weitere
Bayrischzell – Jeden Freitag lest ihr hier unseren Wander-Tipp. Dieses Mal geht es vom Sudelfeld auf den Wendelstein.
Der Wendelstein ist mit seinen 1.838 Metern zwar „nur” die zweithöchste Erhebung im Landkreis Rosenheim, aufgrund seiner unverkennbaren Form, seiner exponierten Lage und nicht zuletzt wegen seiner Antenne die markanteste. Daneben weist der Berg einige Rekorde auf: So führt beispielsweise die älteste noch in Betrieb befindliche Zahnradbahn Bayerns von Brannenburg bis knapp unter den Gipfel. Außerdem befindet sich mit dem Wendelsteinkircherl die höchstgelegene Kirche Deutschlands unweit davon. Doch nicht nur das macht den Wendelstein zu einem absolut lohnenswerten Ziel, denn die sagenhafte Aussicht vom Gipfel ist wohl das größte Argument, diesem Berg der Superlative einen Besuch abzustatten.
Vom Sudelfeld auf den Wendelstein




Die Wanderung im Überblick
Berg/Gipfel: Wendelstein, 1.838 Meter, Mangfallgebirge, Bayerische Voralpen
Höhenmeter der Wanderung: Circa 800 Höhenmeter
Wanderparkplatz/Adresse fürs Navi: Wanderparkplatz Wildalpjoch, 83735 Bayrischzell, kostenlos
Gehzeit: Circa zweieinhalb bis drei Stunden
Schwierigkeit: mittelschwer
Einkehrmöglichkeiten: Schnauferl Wirt 1123er, am Ausgangspunkt; Wendelsteinhaus, 1724 Meter
Benötigte Ausrüstung / Kenntnisse: Festes Schuhwerk, gegebenenfalls Stöcke, Trittsicherheit, Orientierungsvermögen
Wann sollte man aufpassen? Eine halbe bis Dreiviertelstunde nach Beginn der Tour gabelt sich der Weg, der Weiterweg scheint sich in der Botanik aufzulösen. Hier ist ein guter Orientierungssinn gefragt.
Ist die Wanderung für Anfänger geeignet? 4/5 Punkte: Der Weg ist nicht zu lang, dafür überwiegend schattig und im oberen Teil hervorragend saniert. Einzig eben genannte Stelle könnte etwas kritisch für Anfänger sein, ansonsten empfehlenswert.
Für Familien mit Kindern geeignet? 4/5: Auch für Familien mit Kindern eignet sich die Tour, sofern die Kleinen sich bei großen Menschenansammlungen nicht unwohl fühlen. Denn durch die Erschließung des Wendelsteins mit Seil- und Zahnradbahn tummeln sich bis circa 17.00 Uhr Hundertschaften von Menschen.
Für Hunde geeignet? 3/5: Auch Hundebesitzer sollten beachten, dass man sich den Gipfel während der Betriebszeiten der Bergbahnen mit unzähligen Menschen teilen muss. Außerdem sind Quellen eher spärlich gesät, sodass sich die Tour vor allem im Sommer zusätzlich erschwert, sollte nicht genügend Wasser mitgenommen werden.
Lohnt der Gipfel-Ausblick? 6/5 Punkte: Durch seine exponierte Lage hat der Wendelstein eine unvergleichliche Aussicht. Von allen Bergen, die ich bislang in Bayern bestiegen habe, gibt es keine, die dem Wendelstein das Wasser reichen kann.
Drei Gründe, warum sich die Wanderung lohnt
Aussicht: Die Aussicht vom Wendelstein ist wirklich sagenhaft. Abgesehen von den Bergen der Allgäuer Alpen sind nicht nur die höchsten Erhebungen Deutschlands sichtbar, sondern mit Großglockner, Großvenediger und Hochfeiler auch drei der höchsten Berge Österreichs. Und nicht nur die schroffen Berge der Nördlichen Kalkalpen und die Eisriesen der Zentralalpen sind eine Schau, auch der Blick ins Alpenvorland über Rosenheim/Bad Aibling bis nach München ist schier atemberaubend.
Abwechslungsreicher Aufstieg: Anfangs geht es noch gemütlich auf Almstraßen nach oben, doch dann wechselt man in die Wildnis und steigt durch urwaldähnliches Gelände nach oben. Später kommen Schrofen hinzu, ehe der Schlussabschnitt über Treppen ein krönendes Finale der Tour ist.
Viele Erkundungsmöglichkeiten: Neben dem Wendelsteinkircherl, das einen Besuch wert ist, gibt es im Wendelstein auch eine Höhle, die besonders in heißen Sommertagen eine willkommene Erfrischung ist. Außerdem erklären etliche Tafeln uns beispielsweise über Sagen um auf oder wie die Alpen entstanden sind. Der Wendelstein ist also nicht nur ein Berg zum Besteigen, sondern auch zum Verweilen.
Für wen die Tour nix ist
Durch seine leichte Erreichbarkeit und seine starke Erschließung ist der Wendelstein ein maßlos überlaufener Berg. Wer sich den Berg nicht mit hunderten von Menschen teilen will, sollte zumindest während der Fahrtzeiten von Seil- und Zahnradbahn von einer Tour absehen. Doch es gibt Hoffnung: Wenn die letzte Bahn ihren Weg nach unten angetreten hat, kehrt auch auf dem sonst so hektischen Wendelstein Ruhe ein.
„Vater, i muas aufe!”!
Wir starten unsere Tour auf dem großen Parkplatz knapp unterhalb der Passhöhe der Sudelfeldstraße. Von dort aus geht es über den gepflasterten Weg erst einmal in Richtung Jugendherberge. Dem achtsamen Auge wird kurz vor einer Abzweigung ein Gedenkstein auffallen: Auf diesen wird an Häftlinge des KZ Dachau erinnert, die in den Jahren 1941 bis 1945 in körperlicher Schwerstarbeit einen Musterhof erschaffen mussten. Nachdem wir nach links abgebogen sind, geht es über einen Feldweg nach oben, der mit der Zeit schmaler und schmaler wird, ehe er sich im Wald verliert und das erste Mal unsere Trittsicherheit geprüft wird. Nach mehreren kleinen Auf- und Abstiegen kommen wir dem Wendelstein schon beträchtlich näher, ehe er hinter dem kuppenförmigen Tagweidkopf verschwindet. An dessen Fuß gabelt sich der Weg erneut: In einen rechten, längeren, aber dafür auch technisch einfacheren Weg und in einen linken, der zwar kürzer ist, aber auch unser Orientierungsvermögen fordert. Wir entscheiden uns für den linken, auch wenn wir Gefahr laufen, dass wir uns durch die wild wuchernde Botanik nach oben schlagen müssen.
Je nachdem, wie weit wir in der Botanik landen und uns querfeldein nach oben schlagen müssen, früher oder später gelangen wir wieder auf den Steig, der im Wald klar ersichtlich ist. Auf diesem Weg geht es gelangen wir bald an eine Stelle, an der wir mitunter mit unseren Händen zupacken müssen, aber keine Sorge: Sonderlich schwierig ist dieser Abschnitt nicht. Kurz darauf schlüpfen wir an einem riesigen Stein rechterhand vorbei. Wie mag der wohl hierhergekommen sein? Hat Obelix einen Wutanfall gekriegt und das Ding dort hingezimmert? Eine gute Viertelstunde später gelangen wir auf das Gebiet der Wendelsteinalmen. Doch fehlendes Glockengebimmel sowie keine durchgängige Umzäunung geben Aufschluss darauf, dass diese aktuell (Stand: Juni 2022) nicht bewirtschaftet sind. Darum wird man auch an den Häusern vergeblich auf eine kühle Erfrischung hoffen.
Achtung, Gegenverkehr!
Im Gegenzug gibt‘s ab jetzt viel viel Gegenverkehr, denn unser Weg vereinigt sich mit der Route von Bayrischzell aus. Heißt im Umkehrschluss, dass auf diesem Part viele, die mit der Seilbahn nach oben gefahren sind, auf diesem Weg runter zur Talstation gelangen wollen. Darum: Obacht geben! Doch wo ein weinendes Auge ist auch ein lachendes: Ab jetzt ist der Steig in einem hervorragenden Zustand, sodass wir uns auf der Schlussetappe nicht mehr übermäßig anstrengen müssen. Bald schon gelangen wir an den Fuß des Gipfelaufbaus, an dem sich der Weg abermals teilt. Wir wählen wiederum die kürzere Variante und biegen nach links ab. Mal über Treppen, mal über den Steig, mal über Schrofen geht es immer höher hinaus. Meter für Meter wird die Aussicht toller. Immer mehr Eisriesen tauchen im Süden auf, doch wir sollten nicht zu sehr ins Staunen verfallen, denn erst oben am Gipfel ist sie so richtig sagenhaft. Eine gute Viertelstunde nach der Weggabelung kommen wir an eine weitere. Hier halten wir uns rechts, schließlich wollen wir zum Gipfel auf- und nicht in Richtung Fischbachau/Bad Feilnbach absteigen.
Nach der Weggabelung folgt eine etwas schrofigere Etappe und es dauert nicht lange, bis die Bergstation der Seilbahn in Sicht kommt. Diese erreichen wir über den Steig, der hier und da mit Holztreppen entschärft wurde, in einer weiteren guten Viertelstunde. Nun sind wir auf dem mehr betonierten als steinigem Zwischenplateau angelangt und das Wendelsteinhaus oder das Kircherl laden uns zur Einkehr bei jetzt schon atemberaubendem Panorama ein. Doch wie sagt ein altes Sprichwort schon? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen! Wegweiser zeigen uns den richtigen Aufstieg zur letzten Etappe, auf der wir noch einmal so richtig genießen können: Über Treppen und Geländer, durch einen Tunnel und über Serpentinen, geht es die letzten gut 100 Höhenmeter auf den Gipfel. Spätestens eine halbe Stunde später sind wir dann auf dem Gipfel und können die gigantische Aussicht genießen. Berg Heil!
Für den Abstieg gibt es zwei Routen: Entweder folgen wir der Aufstiegsroute oder wir orientieren uns in Richtung Lacherkar und Lacheralmen. Diese Variante ist zwar etwas länger, dafür durchgehend markiert und technisch weniger anspruchsvoll.