Dorothea Perkusic beantwortet Fragen rund um „Leben“ und „Liebe“
Meine Frau fragt mich häufig, was ich gerade denke - Muss ich darauf antworten?
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In unserer Service-Rubrik „Liebesfragen“ können unsere Plus-Abonnenten Dorothea Perkusic unter dem Betreff „Liebesfragen“ Fragen rund um die Themen „Leben“ und „Liebe“ stellen. Jeder Ratsuchende bekommt von der Einzel- und Paartherapeutin eine persönliche Antwort. Ausgewählte Fragen werden immer montags hier anonymisiert veröffentlicht.
Frage eines Mannes:
Meine Frau und ich sind seit fünf Jahren zusammen. Ich bin ein eher wortkarger Typ. Zumindest spreche ich meine Gedanken nicht ständig aus. Meine Frau hingegen schon. Sie erzählt mir viel und teilt ihre Gedanken meist mit mir. Ich mag das und wir haben dadurch viele gute Gespräche. Oft fragt sie mich was ich gerade denke. Die Frage finde ich etwas übergriffig. Ich bin unsicher, ob ich darauf immer antworten muss. Wenn ich etwas erzählen möchte, dann erzähle ich es. Ist nicht manches Privatsphäre? Muss ich auf diese Frage immer antworten?
Antwort von Dorothea Perkusic:
Kurz und bündig: Nein, Sie müssen natürlich keine Antworten geben, wenn Sie dies nicht möchten und natürlich haben Sie ein Recht auf Privatsphäre. Wer Fragen stellt muss auch immer damit rechnen, dass die Antwort möglicherweise nicht wie erwünscht ausfällt. Zum Beispiel dann, wenn der Befragte keine Antwort geben möchte.
Zum besseren Verständnis:
Frauen versuchen häufig durch diese Frage eine Verbindung herzustellen. Wenn es also für Ihr Befinden gerade schön ruhig und entspannt zugeht, hat Ihre Frau womöglich durch längeres Schweigen das Gefühl, Nähe durch Gedankenaustausch herzustellen zu wollen. Männer sind eher lösungsorientiert veranlagt. Wenn also gerade nichts ansteht, dann hat Mann nicht unbedingt ein Bedürfnis etwas zu sagen, sondern kann einfach entspannt vor sich hin gucken. Grundsätzlich ist es so, dass die meisten Männer es zudem nicht gelernt haben, über ihre Gefühle und Befindlichkeiten groß nachzudenken und darüber detailliert zu plaudern. Die Frage „was denkst du?“ ist demnach nicht allein eine Aufforderung sich mitzuteilen, sondern kann durchaus eine Herausforderung darstellen.
Dorothea Perkusic auf Instagram
Andererseits kann es natürlich genauso sein, dass Ihre Frau ein gutes Gespür hat und wahrnimmt, wenn etwas „im Busch“ ist. Vielleicht stellt sie diese Frage um abgleichen zu können wie es Ihnen geht, ob sie alles richtig macht, ob sie geliebt wird, ob gerade etwas nicht stimmt und so weiter. Wer nachfragt, ist interessiert, möglicherweise ist es auch ein Versuch in einer unsicheren Situation Sicherheit herzustellen indem man Klarheit einfordert.
Es ist Ihr gutes Recht, manche Gedanken, Überlegungen und Gefühle für sich zu behalten. Doch eine glückliche Beziehung braucht eine tiefe Verbindung. Es ist wichtig, sich gegenseitig am Innenleben teilhaben zu lassen, damit man sich nah bleibt und sich keine Fremde einschleicht. Eine Partnerschaft kann sonst den Zauber verlieren und verkommt zur Komfortzone. Sie müssen also abwägen, wann Ihnen eine Frage zu persönlich ist und wann es sinnvoll ist, sich mit etwas auseinanderzusetzen. Manchmal braucht es auch den persönlichen Mut, seine Gedanken zur Diskussion „in den Ring“ zu werfen und seiner Partnerin/seinem Partner den Umgang damit zuzutrauen, auch wenn es brenzlig ist. Und wie Sie selbst geschrieben haben: Sie genießen die Gespräche mit Ihrer Frau und schätzen ihre Offenheit bzw. den Gedankenaustausch. Dann geben Sie davon ein wenig mehr zurück, denn das scheint zu sein, was Ihre Frau sich wünscht.
Alles Liebe!
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Schreiben Sie an Einzel-, Paar- und Sexualtherapeutin Dorothea Perkusic. Alle Fragen werden beantwortet, ausgewählte anonymisiert veröffentlicht.
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