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Erstmals Soldaten wegen Putschversuchs angeklagt

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Unter großen Sicherheitsvorkehrungen ist der erste Prozess gegen Soldaten wegen des Putschversuchs in Istanbul gestartet.
Unter großen Sicherheitsvorkehrungen ist der erste Prozess gegen Soldaten wegen des Putschversuchs in Istanbul gestartet. © AFP

Istanbul - Erstmals sind Soldaten wegen des gescheiterten Militärputsches angeklagt worden. Außerdem hat das Land neue Regeln erlassen, wie mit den tausenden Entlassenen umgegangen werden soll.

Die 62 Militärs, darunter 28 Offiziere und Unteroffiziere in Untersuchungshaft, sind beschuldigt, in der Putschnacht versucht zu haben, den Istanbuler Flughafen Sabiha Gökcen unter ihre Kontrolle zu bringen. Der Prozessauftakt im Gericht von Silivri am Westrand von Istanbul fand unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. 

Den Angeklagten droht jeweils eine drei mal lebenslange Freiheitsstrafe wegen des Versuchs, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen und Parlament und Regierung zu entmachten, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Einige sind auch der "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Organisation" beschuldigt sowie der Unterstützung einer Terrororganisation. 

Gemeint ist die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, die von der türkischen Regierung für den Umsturzversuch verantwortlich gemacht wird. Laut der Nachrichtenagentur Dogan sind 28 der 62 Angeklagten in Haft. Mehrere Angeklagte waren abwesend, da sie an der türkischen Militäroffensive gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in der nordsyrischen Stadt Al-Bab beteiligt sind.

Neue Einspruchsmöglichkeit gegen Entlassungen

Mehr als sechs Monate nach dem Putschversuch in der Türkei soll eine Kommission außerdem unter anderem Entlassungen und Schließungen im Zuge des Ausnahmezustands prüfen. Wie aus den am Montag im Amtsblatt veröffentlichten Dekreten hervorgeht, soll die Kommission untersuchen, ob die Anwendung einiger Notstandsdekrete rechtmäßig war.

Betroffene Personen - etwa entlassene Staatsbedienstete - können dem von Staatschef Recep Tayyip Erdogan erlassenen Dekreten zufolge beim Gouverneur oder beim ehemaligen Arbeitgeber entsprechende Anträge stellen.

Nach dem Putschversuch in der Türkei im Juli vergangenen Jahres verhängte Erdogan einen Ausnahmezustand, unter dem er per Notstandsdekret regiert. Per Dekret wurden unter anderem Tausende aus dem Staatsdienst entlassen und zahlreiche Medien geschlossen.

Nach den am Montag erlassenen Dekreten muss Verdächtigen in Gewahrsam wieder sofort ein Anwalt gestattet werden. Seit Mitte November durfte Festgenommenen bis zu fünf Tage lang ein Anwalt verweigert werden. Auch dürfen Menschen nicht mehr dreißig sondern maximal sieben Tage in Polizeigewahrsam bleiben, bevor sie einem Haftrichter vorgeführt werden. Allerdings sind davon etwa Terrorverdächtige ausgenommen. Die Staatsanwaltschaft kann maximal weitere sieben Tage in Polizeigewahrsam anordnen.

Mehr als 100.000 Türken wurden entlassen

Insgesamt wurden in Verbindung mit dem Putschversuch bisher 43.000 Menschen festgenommen. Mehr als 100.000 Mitarbeiter von Militär, Polizei, Justiz, Verwaltung und aus dem Bildungswesen wurden zudem unter dem Verdacht suspendiert, zur verbotenen Gülen-Bewegung zu gehören. Die meisten Beschuldigten warten noch auf den Beginn ihres Verfahrens. 

Kürzlich wurden in Istanbul erstmals mehrere Polizisten wegen des Umsturzversuchs angeklagt. Anfang Januar wurden in der östlichen Stadt Erzurum zudem zwei Armeeoffiziere wegen ihrer Beteiligung an dem Putschversuch zu lebenslanger Haft verurteilt. Es waren die ersten Urteile zu den Ereignissen vom 15. Juli, als ein Teil des Militärs versucht hatte, den islamisch-konservativen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu stürzen.

afp/dpa

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