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Syrien-Krise: Das sind die wichtigsten Akteure

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Syrien
Anwohner laufen am 19.01.2017 durch den schwer beschädigten Bezirk Salaheddine in Ost-Aleppo (Syrien), der bis vor einigen Wochen von Rebellen kontrolliert wurde. © dpa

Istanbul/Astana - Seit sechs Jahren tobt in Syrien ein Bürgerkrieg. Alle Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition blieben bislang erfolglos. Wir blicken voraus und stellen die wichtigsten Akteure vor.

Ein Jahr ist es her, dass bei kaltem Winterwetter Vertreter zweier Gruppen in Genf eintrafen, die verfeindeter kaum sein können. Über Tage und Wochen rang der UN-Syrienbeauftragte in der Schweiz darum, Regierung und Opposition des Bürgerkriegslandes einander näherzubringen. Doch Staffan de Mistura gelang es trotz aller Diplomatenkunst nicht einmal, beide Seiten zu direkten Gesprächen in einen Raum zu bringen - am Ende blieben die Syrien-Friedensverhandlungen wieder einmal ohne Erfolg.

Am Montag soll es unter Vermittlung Russlands und der Türkei einen neuen Versuch geben, das riesige Misstrauen zu überwinden, das nach fast sechs Jahren Bürgerkrieg zwischen Regierung und Opposition herrscht. Auch wenn die Vertreter diesmal nicht in die Schweiz reisen, sondern in die kasachische Hauptstadt Astana, erinnert allerdings vieles an das Treffen im Januar 2016.

An der Spitze der Delegationen stehen wieder zwei Männer, die unterschiedlicher kaum sein können. Damaskus lässt sich erneut durch seinen UN-Botschafter Baschar al-Dschafari vertreten, der sich in Genf erfolgreich darum bemühte, die Gespräche mit Verfahrensfragen zu blockieren. Chefunterhändler der Regimegegner ist wieder Mohammed Allusch, führender Vertreter der islamistischen Miliz Dschaisch al-Islam, die von Syrien und seinen Verbündeten Russland und Iran als Terrororganisation eingestuft und bekämpft wird.

Schon diese Personalien legen den Schluss nahe, dass es in Astana ein mühsames Ringen um jeden Millimeter Fortschritt geben dürfte. Die Rebellen wollen ohnehin nur über die Feuerpause reden, die eigentlich landesweit seit dem 30. Dezember gilt, sich jedoch immer wieder als brüchig erweist. „Niemand erwartet, dass Astana ein vollständiges politisches Abkommen hervorbringt, sondern die Positionen für eine umfassendere Waffenruhe gefestigt werden“, sagt der türkische Experte Sinan Ülgen, der für die Carnegie-Stiftung tätig ist.

Die Rebellen wollen sich generell allen Gesprächen über eine politische Lösung des Konfliktes verweigern, solange in Syrien noch gekämpft wird. Sie stehen dabei unter massivem Druck. Einerseits sind sie militärisch weiter in die Defensive geraten, seitdem Syriens Armee und vom Iran finanzierte Milizen im Dezember die lange umkämpfte Stadt Aleppo unter Kontrolle bringen konnte. Andererseits sind die Regimegegner untereinander wieder einmal tief zerstritten.

So erteilte die radikal-islamische, aber im Nordwesten Syriens starke Miliz Ahrar al-Scham Astana eine Absage. Sie hält insbesondere den „russischen Feind“ als Vermittler für ungeeignet, weil er selbst noch immer die „befreiten Gebiete Syriens bombardiert“, wie es in einer Erklärung der bewaffneten Gruppe heißt. Anhänger der Miliz verbreiteten im Internet sogar ein Bild von Mohammed Allusch, das ihn als Verräter verunglimpft. Was immer das Ergebnis von Astana sein wird: Die Rebellenvertreter sprechen nicht für alle Regimegegner.

Anders als in Genf beaufsichtigen diesmal die wichtigsten Schutzmächte die Gespräche: Russland und Iran als Verbündete des Regimes, die Türkei als Unterstützer der Opposition. Sie könnten Druck auf die beide Seiten ausüben, um Fortschritte zu erzielen, schicken allerdings nur Vertreter aus hinteren Reihen nach Astana. Sollte die Waffenruhe stabilisiert werden, wäre das schon ein Erfolg - und ein wichtiger Schritt in Richtung neuer Verhandlungen, die Anfang Februar dann wieder in der Schweiz stattfinden sollen.

Allerdings besteht in Astana auch die Gefahr, dass das Verhältnis der bitter verfeindeten Konfliktparteien so frostig bleibt wie die vorhergesagten Temperaturen. Die kasachische Hauptstadt erwartet in der nächsten Woche minus 14 Grad.

Die wichtigsten Akteure im Syrien-Krieg

Damaskus (dpa) - Seit fast sechs Jahren tobt in Syrien ein auch von außen befeuerter Bürgerkrieg. Die Krise ist nicht zuletzt deshalb schwer zu lösen, weil es viele Akteure mit eigenen Interessen gibt.

REGIME: Anhänger von Präsident Baschar al-Assad beherrschen die großen Städte des Landes. Syriens Armee hat im langen Krieg sehr gelitten, konnte die Rebellen aber dank massiver russischer und iranischer Hilfe in vielen Gebieten zurückdrängen, unter anderem aus der Großstadt Aleppo. Assad sitzt derzeit fest im Sattel.

ISLAMISCHER STAAT (IS): Die Terrormiliz beherrscht im Norden und Osten weiterhin riesige Gebiete. Allerdings mussten die Extremisten in den vergangenen Monaten mehrere Niederlagen einstecken. Sie sind an keinerlei Verhandlungen beteiligt. Für sie und andere Terrorgruppen gilt auch die landesweite Waffenruhe nicht.

REBELLEN: Sie sind vor allem im Nordwesten und Süden Syriens stark. Ihr Spektrum reicht von moderaten Gruppen, die vom Westen unterstützt werden, bis zu radikalen Islamisten. Zu diesen gehören die Gruppen Ahrar al-Scham und Dschaisch al-Islam. Ahrar al-Scham hat eine Reise nach Astana abgelehnt, Dschaisch al-Islam ist dabei.

POLITISCHE OPPOSITION: Sie ist zersplittert. Das wichtigste Oppositionsbündnis ist die Syrische Nationale Koalition in Istanbul, die in Astana mit Repräsentanten vertreten sein wird.

DIE KURDEN: Kurdische Streitkräfte beherrschen mittlerweile den größten Teil der Grenze zur Türkei. Sie sind ein wichtiger Partner des Westens im Kampf gegen den IS. Allerdings sind weder die wichtigste Kurdenpartei PYD noch die größte Kurdenmiliz YPG in Astana dabei, da die Türkei sie als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK betrachtet und deshalb bekämpft.

RUSSLAND: Moskau ist wichtigster Verbündeter der Regierung. Seit September 2015 fliegt auch Russlands Luftwaffe Angriffe in Syrien. Sie richten sich gegen den IS ebenso wie gegen Rebellen, die mit der Terrormiliz verfeindet sind.

IRAN: Teheran ist ein treuer Unterstützer der Assad-Regierung. Iraner kämpfen an der Seite der syrischen Soldaten. Auch die von Teheran finanzierte libanesische Schiitenmiliz Hisbollah sowie andere bewaffnete Grupepn sind in Syrien an Assads Seite im Einsatz.

DIE TÜRKEI: Sie ist mittlerweile der einflussreichste Partner der Rebellen und drängte sie zu den Astana-Verhandlungen. Ankara war neben Moskau maßgeblich daran beteiligt, dass die Gespräche überhaupt stattfinden. Türkische Truppen und Jets sind im Nordsyrien im Einsatz, wo sie Rebellen im Kampf gegen den IS unterstützen.

DIE USA UND DER WESTEN: Washington führt den Kampf gegen den IS an der Spitze einer internationalen Koalition. Kampfjets fliegen täglich Angriffe. Beteiligt sind unter anderem Frankreich und Großbritannien. Deutschland stellt unter anderem sechs Tornados für Aufklärungsflüge über Syrien und ein Flugzeug zur Luftbetankung.

SAUDI-ARABIEN UND KATAR: Auch die Golfstaaten bleiben Unterstützer der Regimegegner. Beide sind aber in Astana nicht vertreten.

dpa

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