Freie Wähler pochen auf kostenfreie Kitas - Söder will Schulden verhindern

Bei den Verhandlungen über die Regierungsbildung in Bayern spielt der Punkt Staatshaushalt eine große Rolle. Aus Sicht der Freien Wähler ist zudem der Aspekt kostenfreie Kita gravierend.
München – Mit einem Fokus auf Finanzfragen haben CSU und Freie Wähler ihre Koalitionsverhandlungen begonnen. Nach Angaben von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sind sich beide Parteien schon bei der Sondierung grundlegend einig gewesen, dass der Schuldenabbau und ein ausgeglichener Haushalt die Grundlage seien. „Wir haben immer eine ganz klare Grundlinie, die heißt, die Stabilität muss erhalten bleiben“, sagte Söder am Freitag vor der Sitzung im Landtag.
Intern kursieren Sorgen, die Staatsfinanzen würden überstrapaziert. Söders erste sechs Monate brachten Pläne für Mehr-Ausgaben in Milliardenhöhe. Nur wegen hoher Steuereinnahmen ist das gegenfinanziert. Ihrerseits klagte die CSU im Wahlkampf, die Freien Wähler machten die teuersten Versprechungen („Freibier-Wähler“). Söder wollte darauf nun nicht mehr eingehen. Er sei „sehr zuversichtlich“ und wolle mit Respekt verhandeln.
Kostenfreie Kita: Ganztägig oder nur für einige Stunden?
Im Anschluss ging es dem Vernehmen nach direkt um die wohl kostspieligste Forderung der Freien Wähler, die Einführung von kostenfreien Kitas. Zu klären ist etwa, für welche Altersklassen und ob damit eine ganztägig kostenfreie Betreuung gemeint ist – oder nur für einige Stunden. Bei ihrer Winterklausur hatten sich die FW für kostenlose fünf Stunden ausgesprochen. Die Kosten dürften je nach Ausgestaltung bei weit über 500 Millionen Euro pro Jahr liegen – zumindest hatten die Freien Wählern das intern angesetzt.

Koalition möchte Schwerpunkte im Bereich Umwelt- und Naturschutz
Söder betonte, dass die geplante Koalition nach dem Wahlerfolg der Grünen erkennbare Schwerpunkte im Bereich Umwelt- und Naturschutz haben soll. Man werde aus dem Wahlergebnis Schlüsse ziehen, was die Sensibilität für Ökologie betrifft.
Ein konkreter Zeitplan für die Verhandlungen ist bisher nicht bekannt. Es ist aber davon auszugehen, dass mindestens die kommende Woche benötigt wird. Das Wochenende bleibt frei. Am Montag geht es weiter mit den Themen Wirtschaft, Energie, Technologie, Gesundheit und Pflege. Ein heikler Punkt werden die Stromtrassen sein, die die Freien Wähler strikt ablehnen. 2008 dauerten die Koalitionsverhandlungen von CSU und FDP rund zweieinhalb Wochen. Bei den Freien Wählern ist für den 27. Oktober eine Art Parteitag angesetzt, bei dem über die bis dahin ausgehandelten Inhalte eines Koalitionsvertrags abgestimmt werden könnte.
JU erhöht Druck auf Horst Seehofer
CSU-intern geht die Debatte um Konsequenzen nach der Wahl weiter. Die Junge Union erhöhte den Druck auf Parteichef Horst Seehofer. „Wir haben eine brutale Niederlage erlitten, bei der auch nichts schöngeredet werden darf“, schrieb Landeschef Hans Reichhart an JU-Funktionäre. „Auch wenn ich Verständnis habe, dass jetzt auch über Koalitionen gesprochen werden muss, darf das nicht das Feigenblatt dafür sein, jetzt nicht über die CSU zu reden.“ Reichhart lädt nach Informationen unserer Zeitung für Ende Oktober zu zwei Basiskonferenzen in Nord- und Südbayern („Konzepte und Wege zur Erneuerung unserer Partei“). Davon unabhängig forderte der JU-Kreisverband Erlangen-Höchstadt Seehofers Rücktritt.
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Die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm rügte, die CSU habe „die bürgerliche Mitte“ zu wenig beachtet. „Bei uns hat man das Thema Asyl überhöht.“ Die CSU hätte bei der Integration „mehr über das Positive reden müssen“, sagte sie der „Welt“. Stamm fordert keine Sofort-Rücktritte, aber eine gründliche Analyse. Diese zu verschleppen, „würde unsere Basis nicht mehr zulassen“.
Die Frauen-Union lädt am Samstag zu einer Landesversammlung. Vor den 300 Delegierten in München ist die Merkel-loyale CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die Hauptrednerin. cd/dpa