Menschenrechtsgericht erhält Antwort der Türkei auf Vorwürfe Yüzels

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Stellungnahme der türkischen Regierung zur Beschwerde des in der Türkei inhaftierten "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel erhalten.
Straßburg - Die Antwort Ankaras sei am Dienstagnachmittag eingetroffen - wenige Stunden vor Ablauf der letzten Frist, sagte eine Sprecherin des Straßburger Gerichts. Zu dem Inhalt machte der Gerichtshof keine Angaben. Zunächst werde Yüzels Anwalt darüber informiert, hieß es.
Ursprünglich sollte die türkische Regierung bereits Ende Oktober zu den Vorwürfen des Journalisten Stellung nehmen. Auf Antrag Ankaras verlängerte der Gerichtshof die Frist zwei Mal - zuletzt bis Dienstag um Mitternacht.
Die Türkei wirft Yücel Terrorpropaganda und Volksverhetzung vor
Yücel wurde am 14. Februar festgenommen, nachdem er sich bei der Polizei in Istanbul gemeldet hatte, um Fragen der Ermittler zu beantworten. Am 27. März wurde er nach Angaben des Straßburger Gerichtshofs vom Staatsanwalt zu einigen Artikeln vernommen, die er für "Die Welt" geschrieben hatte. Am gleichen Tag ordnete ein Richter seine Untersuchungshaft an. Im Haftbefehl werden ihm Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen.
Mehrere Anträge des 44-Jährigen auf Freilassung wurden abgewiesen, zuletzt am 29. März vom türkischen Verfassungsgericht. Daraufhin wandte sich der Journalist an den Gerichtshof für Menschenrechte. Er wirft der Türkei unter anderem Verstöße gegen sein Recht auf Freiheit und gegen das Grundrecht auf Pressefreiheit vor.
Gemäß der üblichen Prozedur bat der Gerichtshof die türkische Regierung Anfang Juli um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Unter anderem sollte sie begründen, wieso die Untersuchungshaft seit nunmehr sieben Monaten andauert. Laut Artikel 5 der Menschenrechtskonvention soll eine Untersuchungshaft auf eine "vernünftige Dauer" beschränkt werden.
Ausnahmen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, etwa Fluchtgefahr oder die Gefahr, dass der Beschuldigte Beweise zerstört oder Zeugen besticht. Außerdem soll Ankara zu dem Vorwurf Yücels Stellung nehmen, dass seine Kritik an der türkischen Regierung der eigentliche Grund für seine Inhaftierung ist.
Yücel hofft auf Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Yücel fordert von der türkischen Justiz einen fairen und schnellen Prozess. In einem Interview mit der Zeitung "taz" äußerte er vor rund zwei Wochen zugleich die Hoffnung, dass der Gerichtshof für Menschenrechte rasch über seine Beschwerde entscheiden werde.
Das Straßburger Gericht hatte angekündigt, die Beschwerden mehrerer in der Türkei inhaftierter Journalisten würden vorrangig behandelt. Dennoch ist einem Sprecher zufolge erst in einigen Monaten mit einer Entscheidung zu rechnen.
afp