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U-Boot-Drama: Argentinien stellt Suche ein

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Eine Frau trauert vor dem Gelände der Marinebasis in Mar del Plata. Die Suche nach der «ARA San Juan» ist eingestellt worden. Foto: Alejandro Moritz/Archiv
Eine Frau trauert vor dem Gelände der Marinebasis in Mar del Plata. Die Suche nach der «ARA San Juan» ist eingestellt worden. Foto: Alejandro Moritz/Archiv © Alejandro Moritz

Tagelang wurde gebangt, die Angehörigen sind verzweifelt und wütend. Die argentinische Marine erklärt die 44 Besatzungsmitglieder des U-Boots «ARA San Juan» de facto für tot - die Suche wird eingestellt.

Buenos Aires (dpa) - Die argentinische Marine hat die Suche nach Überlebenden ihres mit 44 Menschen vermissten U-Boots im Südatlantik eingestellt. Dies teilte Marinesprecher Enrique Balbi in Buenos Aires mit.

Damit werden die seit über zwei Wochen vermissten Besatzungsmitglieder der «ARA San Juan» de facto für tot erklärt. Mit einer offiziellen Todesbestätigung will die Regierung aber warten, bis zumindest ein Foto des U-Boots als Beweis vorliegt. Wie die Zeitung «Clarin» berichtete, werden daher auch noch keine Trauertage ausgerufen.

«In den erkundeten Gebieten wurde kein Schiffswrack gefunden, es konnte kein Kontakt mit dem U-Boot hergestellt werden», sagte Marinesprecher Balbi. «Es war nicht möglich, das U-Boot zu lokalisieren, und es wird keine Rettung von Menschen geben können.»

Die Suche nach dem U-Boot soll fortgesetzt werden, auch um endgültige Klarheit für den Grund des Verschwindens zu bekommen. Es wird davon ausgegangen, dass es nach der letzten Funkverbindung am 15. November an Bord eine Explosion gab. 13 Länder beteiligten sich an der U-Boot-Suche. Auch ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug und ein Mini-U-Boot der US-Navy halfen zuletzt dabei, den Meeresgrund abzusuchen. Das Verschwinden gilt als einer der größten Unfälle in der Marine-Geschichte des südamerikanischen Landes.

Die «ARA San Juan» war auf einer Überwachungsmission. Es hatte sich um eine Routinefahrt gehandelt, bei der nach Schiffen gesucht wurde, die illegal in argentinischen Gewässern fischten. Die Außengrenze der Wirtschaftszone des Landes verläuft entlang des Kontinentalsockels, bei dem die Meerestiefe auf bis zu 3000 Meter fällt. Das diesel-elektrisch angetriebene U-Boot war von Ushuaia in Feuerland ausgelaufen und befand sich rund 430 Kilometer vor dem Festland.

Familienangehörige reagierten mit Unverständnis auf die Entscheidung, die Suche nach Überlebenden einzustellen. «Man zerstört meine kleinste Hoffnung, die ich noch hatte», sagte Luis Tagliapietra, der Vater eines der 44 Besatzungsmitglieder, dem Kanal TN. «Ich will die Wahrheit wissen, was passiert ist, ich glaube keine der offiziellen Hypothesen, weil sie lügen», so der erschütterte Vater.

Yolanda Mendiola, die Mutter eines anderen Besatzungsmitglieds, sagte, sie wolle nicht in ihre Heimatstadt zurückkehren, bis ihr Sohn gefunden sei. «Wir wollen ihre Leichen sehen. Wir müssen trauern», sagte sie der Zeitung «Clarín».

In der letzten Funkverbindung hatte der Kapitän einen Kurzschluss und einen Schwelbrand im Batteriesystem gemeldet. Mehrere Spezialschiffe und Flugzeuge mit speziellen Suchgeräten waren in einem Gebiet mit einem Durchmesser von etwa 125 Kilometern im Südatlantik im Einsatz.

Die Angehörigen sind seit Tagen in Aufruhr, sie werfen der Marine schwere Versäumnisse vor. Die Marine hatte zunächst von einem «Kommunikationsproblem» gesprochen und erst zwei Tage nach Abbruch der Verbindung bekanntgegeben, dass nach dem U-Boot gesucht werde.

Am fünften Tag teilte schließlich ein Marinesprecher mit, dass in der oft erwähnten letzten Funkverbindung der Kapitän des U-Boots von einer Panne des Batteriesystems berichtet habe. Das Problem sei aber behoben worden, hieß es. Das U-Boot habe Kurs auf seinen Heimathafen Mar del Plata genommen, 400 Kilometer südlich von Buenos Aires.

Selbst Verteidigungsminister Oscar Aguad soll erst mit mehrtägiger Verspätung von den Problemen erfahren haben. Argentiniens Staatschef Mauricio Macri will das Verschwinden eingehend untersuchen lassen, «weshalb es auf einem U-Boot in perfektem technischen Zustand anscheinend eine Explosion gegeben hat.»

Die Zeitung «Clarín» erinnerte daran, dass das Wrack des Kreuzers «ARA General Belgrano» nie gefunden wurde. Das Schiff war im Falklandkrieg von einem britischen Atom-U-Boot im Südatlantik am 2. Mai 1982 mit zwei Torpedos MK-813 getroffen worden und rasch gesunken. 323 Besatzungsmitglieder starben.

Spektakuläre Bergungen von U-Booten

Die argentinische Marine hat nach 15 Tagen die Suche nach Überlebenden des im Atlantik vermissten U-Boots eingestellt. In anderen Fällen sind in der Vergangenheit Menschen aus verunglückten U-Booten geborgen worden.

«AS-28»: Besonderes Glück haben sieben russische Seeleute im August 2005. Ein britischer Tauchroboter mit Schneidwerkzeugen befreit sie, nachdem sie in dem kleinen Tauchboot «AS-28» mehr als drei Tage in über 170 Meter Tiefe vor Kamtschatka festsaßen.

«Kursk»: Im August 2000 explodieren Torpedos des russischen Atom-U-Bootes in der Barentssee. In einer spektakulären Aktion versuchen Taucher, die 118 Menschen in 108 Meter Tiefe zu befreien - vergeblich. Später gefundene Abschiedsbriefe der Soldaten beweisen, dass mehrere Männer zunächst noch lebten.

«Pacocha»: Im August 1988 prallt das peruanische U-Boot vor der Küste der Hauptstadt Lima mit einem Trawler zusammen und sinkt. Die eingeschlossenen Seeleute kämpfen in 35 Meter Tiefe 24 Stunden lang gegen die eindringenden Wassermassen an. Tauchern gelingt es, 23 von ihnen zu befreien - vier können nicht gerettet werden.

«Squalus»: Im Mai 1939 sinkt das US-Boot vor New Hampshire. Wegen eines defekten Dieselmotorventils drang Wasser in das Boot. Mit einer Taucherglocke können 33 Männer nach 39 Stunden aus 74 Meter Tiefe geborgen werden. 26 Menschen überleben das Unglück nicht.

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