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Leserbrief aus 2006: So tickte Björn Höcke als Lehrer

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AfD-Fraktionschef Björn Höcke. Rechts: Der Leserbrief an die „HNA“ aus dem Jahr 2006.
AfD-Fraktionschef Björn Höcke. Rechts: Der Leserbrief an die „HNA“ aus dem Jahr 2006. © dpa/mm

München - Björn Höcke ist der Rechtsaußen der AfD - mit Kritik am Holocaust-Denkmal in Berlin sorgte er für einen Eklat. Ein Leserbrief aus 2006 offenbart, welches Geschichtsbild Höcke schon zu seiner Zeit als Lehrer hatte.

Den Leserbrief schrieb Höcke im Jahr 2006 an die „HNA“ als er noch an der Rhenanus-Schule im hessischen Bad Sooden-Allendorf Geschichte unterrichtete. Unterzeichnet ist die Zuschrift jedenfalls mit „Björn Höcke, Bad Sooden-Allendorf“. Darin ließ sich der heutige AfD-Mann zu höchst fragwürdigen Thesen hinreißen.

Höcke schrieb damals zum Bombenangriff auf Dresden kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs: „In der Weltgeschichte sind niemals zuvor und niemals danach in so kurzer Zeit so viele Menschen vom Leben zum Tode befördert worden wie im ehemaligen Elbflorenz.“ Und weiter: „Es ging darum, bis zum Kriegsende eine möglichst große Anzahl deutscher Menschen (gleich welchen Alters und Geschlechts) zu töten.“

Dresden setzte Historikerkommission ein

Fest steht: Die Aussagen Höckes im Leserbrief sind falsch. So starben allein beim amerikanischen Atombomben-Abwurf auf Hiroshima unmittelbar etwa 80.000 Menschen - die späteren Strahlenopfer nicht eingeschlossen. Und in Dresden? 2004 wurde dort extra eine Historikerkommission gebildet, die die Opferzahlen verifizieren sollte. In ihrem über 90-seitigen Abschlussbericht kommen die Experten zum Schluss, dass durch die Bombenangriffe britischer und amerikanischer Bomber in Dresden Mitte Februar 1945 „bis zu 25.000 Menschen“ getötet wurden. 

Für die besonders von Rechten immer wieder kolportierte These, in Dresden seien über 100.000 Menschen getötet worden, fand die Kommission keine „belastbaren Argumente“. Den 2010 veröffentlichten Bericht konnte Höcke, als er seinen Leserbrief 2006 schrieb, noch nicht gekannt haben. Aber: Selbst die Stadt ging ab 1965 von bis zu 35.000 Toten aus - und publizierte das als amtliches Ergebnis. 

Missbrauch zu politischen Zwecken

Eine viel zu hohe Opferzahl haben laut Militärhistoriker Matthias Rogg die Nazis selbst zu in die Welt gesetzt. „Das Propagandaministerium hat damals Zahlen im sechsstelligen Bereich lanciert – völlig aus der Luft gegriffen. Sie sollten als Beleg für ein Kriegsverbrechen dienen“, so Rogg in einem „Welt“-Interview. Bis heute gebe es einen Missbrauch der Bombardierung Dresdens zu politischen Zwecken. „Das beweisen die jährlichen Aufmärsche von Neonazis in Dresden.“

Ob die Bombardierung Dresdens als Kriegsverbrechen gewertet werden kann, ist zumindest zweifelhaft. Ein entsprechendes Zusatzprotokoll zur Haager Landkriegsverordnung, in dem Angriffe aus der Luft auf zivile Ziele als Bruch des Völkerrechts bezeichnet werden, wurde laut Rogg nie ratifiziert. Er nennt dafür Gründe: „Angesichts der Opfer, die die vorherige Bombardierung Coventrys und Londons forderte, hat man sich in Großbritannien dieser Diskussion gar nicht gestellt. Alles, was dazu diente, den Krieg zu verkürzen und die eigenen Soldaten wieder nach Hause zu holen, war im Grunde legitimiert.“

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Holocaustleugner Irving als Quelle?

In seinem Leserbrief schreibt Höcke zudem, dass in Dresden zur Zeit der Bombardierung mit Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten überfüllt gewesen sei. Diese These stammt hauptsächlich vom britischen Holocaustleugner David Irving und ist nach dem Stand der Geschichtsforschung falsch. Auffallend auch, dass Höcke in seinem Leserbrief zwar „namhafte britische Historiker“ und „britische Dokumente“ als Belege für seine Thesen anführt, aber keine Namen oder Quellen nennt. Irving verfasste in der Tat 1963 ein Buch über die Luftangriffe auf Dresden. Später behauptete er, die Gaskammern in Ausschwitz hätten keinen Vernichtungszweck gehabt. Irving wurde mehrfach gerichtlich verurteilt - in mehreren Ländern.

Seine jüngsten Äußerungen zum Holocaust-Denkmal in Berlin bleiben für Björn Höcke dagegen ohne Konsequenzen: Der AfD-Bundesvorstand verzichtete auf ein Parteiausschlussverfahren gegen den umstrittenen Thüringer Fraktionschef.

mb/snacktv

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