Kommentar zum CSU-Machtkampf: Wo sich Streit lohnt

Der CSU-Streit um das Amt des Ministerpräsidenten, ist schlicht notwendig. Das meint Merkur-Redakteur Christian Deutschländer in seinem Kommentar.
Sich nicht zu streiten, ist ein frommer Vorsatz. Ihn halten die meisten Familien nicht mal unterm Weihnachtsbaum ein. Sich nicht zu streiten, ist in der Politik oft sogar ein Risiko. Weil sie zu bräsig war zum Streiten, zog die Union 1998 mit dem verbrauchten Helmut Kohl in den Wahlkampf und verlor. Weil sie zu naiv war zum Streiten, ließ die CDU 2015 Kanzlerin Merkel mit ihrer Politik der dauerhaft offenen Grenzen gewähren. Nun streitet gerade die CSU, und zwar mit großem Getöse.
Allenthalben ist zu hören, welch großer Schaden durch die Personaldebatte entstehe. Zugegeben: Manchen mag es irritieren, wenn Führungsfragen Inhalte zeitweise überlagern. Das spiegelt sich in den miesen Umfragen wider. Seehofer hätte diesen Prozess früher und viel besser organisieren müssen. Nun genießen vor allem manche Fernbetrachter das Ausmalen dramatischster Brüche und Konsequenzen. Dabei ist diese Auseinandersetzung, wem die CSU das allerwichtigste Amt anvertrauen mag – die Führung Bayerns –, schlicht notwendig. Es gab mehrere respektable Kandidaten, dennoch Vorbehalte gegen jeden. Es hätte nicht geholfen, sich des Friedens willen auf einen Dritt- oder Viertbesten ohne Kanten zu einigen.
Nicht die Personaldebatte ist also das Problem – allenfalls ihre Ziellosigkeit. Seehofers Anlauf, noch eine Kampfabstimmung Söder-Herrmann zu organisieren, dann die Versuche, sie in letzter Minute doch zu verhindern – wie unkoordiniert! Dabei wäre nichts falsch daran gewesen, in der Fraktion und am Parteitag eine Wahl über den Spitzenkandidaten zu haben. Nun kommt also wohl ohne echtes Votum eine Lösung, die Seehofer früher hätte haben können. Der Schaden? Absehbar dann, wenn man mittlere Respektlosigkeiten (Leichtmatrosen-Schmähungen, JU-Schildchenmalerei) beiseite lässt. Aber unabsehbar dann, wenn ab jetzt nicht alle, die in der Partei Verantwortung tragen – von Seehofer bis zum Ortsverbandskassenprüfer –, die Entscheidungen respektieren.

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