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Hamburg-Wahl: Die FDP muss nach Thüringen harsche Kritik einstecken - und auch so manchen Spott

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Offenbar der große Wahlsieger in Hamburg: Die SPD um den amtierenden Bürgermeister Peter Tschentscher.
Offenbar der große Wahlsieger in Hamburg: Die SPD um den amtierenden Bürgermeister Peter Tschentscher. © AFP / ODD ANDERSEN

Die Bürgerschaftswahl in Hamburg gilt 2020 als Stimmungsbild für die deutschen Parteien. Besonders nach dem Wahldebakel in Thüringen könnte es für einige Parteien harte Einbußen geben.

Update vom 25. Februar 2020 um 8.53 Uhr: Über das knappe Scheitern ihrer Partei an der Fünf-Prozent-Hürde hat sich FDP-Vizechefin Katja Suding enttäuscht gezeigt. „Das war ein echter Krimi. Wir haben bis zuletzt gehofft“, sagte die Landesparteichefin am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. In Hamburg habe ihre Partei einen „schwierigen Wahlkampf mit vielen Wendungen“ geführt. Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und Grünen habe den Beginn des Wahlkampfs überschattet. Die Krise in Thüringen sei aber die „viel schwierigere Hypothek“ gewesen. Bei den Wählern sei der Eindruck entstanden, „dass wir da keine klare Grenzziehung haben“, sagte Suding mit Blick auf die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich auch durch Stimmen der AfD. Zwar hätten die Hamburger Liberalen ganz klar gemacht, dass das nicht gehe. Dennoch sei „viel Vertrauen verloren gegangen“, fügte Suding hinzu.

14.13 Uhr: Nach den mutmaßlich rechtsextrem motivierten Anschlägen der vergangenen Monate ruft die AfD zur rhetorischen Mäßigung auf - die eigenen Mitglieder und politische Gegner. Alle müssten verbal abrüsten - „auch wir haben uns manchmal in der Wortwahl vergriffen“, sagte der Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland, am Montag in Berlin.

„Rechtspopulist“ sei 2017 noch das gängige „Schimpfwort“ für AfD-Politiker gewesen, heute würden diese schon als „Faschist oder Nazis“ verunglimpft, kritisierte Parteichef Tino Chrupalla. Das sei falsch. Die AfD-Mitglieder müssten sich aber ihrerseits fragen, „warum es der politische Gegner so einfach hat, uns in diese Ecke zu stellen“. Er wolle in seiner Partei einen Prozess der „Selbstreflexion“ anstoßen, fügte er hinzu.

Hamburg-Wahl: AfD-Chef Gauland bestritt eine Radikalisierung seiner Partei

Chrupalla und Co-Chef Jörg Meuthen hatten am Sonntag in einem Schreiben an die Mitglieder festgestellt, die AfD sei gegründet worden, „weil wir unsere eigenen Grund- und Menschenrechte bedroht sehen“. Dies bedeute im Umkehrschluss jedoch nicht, „dass wir anderen Menschen oder Völkern das Existenzrecht absprechen oder sie abschätzig behandeln“. Wer sich rassistisch oder verächtlich über Ausländer und fremde Kulturen äußere, handele „ehrlos“ und gegen die AfD.

Gauland bestritt eine Radikalisierung seiner Partei. Der Fraktionschef relativierte seine Äußerung aus der vergangenen Woche, als er den Attentäter von Hanau als geistig Verwirrten ohne politisches Motiv dargestellt hatte. Gauland sagte jetzt zu dem Mann, der neun Menschen mit ausländischen Wurzeln, seine Mutter und sich selbst getötet hatte: „Auch ein krankes Hirn kann eine rassistische Motivation haben.“

Der Hamburger AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann betonte, „dass wir ein relativ hanseatischer und liberaler Landesverband sind“. Man wolle auch in Zukunft eine „deutliche Sprache sprechen“, aber auf drastische Rhetorik verzichten, die „unsere politischen Gegner gegen uns instrumentalisieren können“. Nach vereinfachter Auszählung der für die Parteien auf den Landeslisten abgegebenen Stimmen entfielen bei der Wahl am Sonntag 5,3 Prozent auf die AfD.

Hamburg-Wahl: Rot-Schwarz statt Rot-Grün? Tschentscher will auch mit der CDU verhandeln

11.54 Uhr: Die FDP könnte aus dem Hamburger Landesparlament fliegen - und das nur wenige Stunden nachdem die Partei nur knapp in das Parlament eingezogen war. Kam die FDP am Wahlsonntag auf 5,0 Prozent, muss sie nun um ihre Stimmen fürchten, denn bei einer Zähl-Panne waren der Partei versehentlich Stimmen für andere Parteien zugerechnet worden. Das schlechte FDP-Ergebnis wird in erster Linie auf das Wahl-Debakel in Thüringen zurückgeführt. Der FDP-Kandidat hatte sich dort mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten wählen lassen - obwohl die Partei dort auch nur mit knappen fünf Prozent ins Parlament hatte einziehen können. 

Nach der Wahl in Hamburg führt das auf Twitter zu dem ein oder andere sarkastischen Post. Ein Nutzer scherzt etwa: „Damit ist ja wohl klar, wer den 1. Bürgermeister von Hamburg stellt.“ Dazu postete er die Hochrechnungen und kringelte die fünf Prozent der FDP ein. 

10.50 Uhr: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) will nach seinem Erfolg bei der Bürgerschaftswahl seinen Kurs beibehalten. Das sagte der SPD-Politiker am Montag vor einer Sitzung des SPD-Präsidiums in Berlin. „Mindestens fünf Jahre, lieber Jahrzehnte“ wolle er den erfolgreichen Kurs der vergangenen Jahre fortführen. Als „richtig starke Truppe“ bezeichnete Tschentscher die SPD außerdem und betonte, dass es von der gesamten Partei in den vergangenen Wochen und Monaten Unterstützung gegeben habe.

Wahl in Hamburg 2020: Tschentscher hält Rot-Grün für eine „naheliegende Option“ 

Als „sehr naheliegende Option“ sieht Tschentscher die Fortsetzung von Rot-Grün in der Hansestadt. Doch die SPD wolle auch der CDU ein Gespräch anbieten. Es solle dann darum gehen, wie sich die CDU rechnerisch ein mögliches Bündnis vorstelle. Inhaltlich will die SPD den Fokus vor allem darauf setzen, Klimaschutz mit Wirtschaft und sozialem Ausgleich zu verbinden. Während die Bundes-SPD sich über das Wahl-Ergebnis in Hamburg außerdem freut, haben die ersten Hochrechnungen der CDU den nächsten Schlag verpasst. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer äußerte sich am Montagnachmittag bei einer Pressekonferenz sowohl zu den ersten Wahl-Ergebnissen aus Hamburg, als auch zum weiteren Vorgehen bei der Suche nach ihrem Nachfolger.

08.25 Uhr: Die Hamburger FDP-Chefin Katja Suding gibt ihrem Parteichef Christian Lindner keine Mitschuld an dem schwachen Ergebnis bei der Bürgerschaftswahl. Es sei bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen, wo sich der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich von der AfD mitwählen ließ, ein schwerwiegender Fehler passiert, sagte die Bundestagsabgeordnete am Montagmorgen im Inforadio des rbb. Aber die Ursache dafür müsste man in Thüringen suchen. Es sei „gut und richtig“ gewesen, dass Lindner Kemmerich zum Rücktritt aufgefordert habe. Dennoch sei für die Partei viel Vertrauen verloren gegangen.

Wahl in Hamburg 2020: Weil (SPD) zieht Lehren aus Ergebnis

Update vom 24. Februar, 07.42 Uhr: Für die SPD ist die Wahl in Hamburg trotz der Einbußen ein Erfolg, vergleicht man das Ergebnis mit dem bundesweiten Trend. Das liegt einer Umfrage von infratest dimap zufolge auch daran, dass der Hamburger Spitzenmann Peter Tschentscher sich im Wahlkampf klar von der Bundespartei distanziert hatte und ein eigenes Profil geschärft hatte. Dabei gilt die neue Bundespartei-Führung um Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken als eher linksgerichtet - Tschentscher dagegen hat dieses Image eher weniger. Kann die Bundes-SPD also Lehren aus dem Hamburg-Wahlkampf ziehen?

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD warnte nach der Wahl zumindest davor, sich inhaltlich zu sehr den Grünen oder der Linkspartei anzunähern. "Die SPD muss nicht grüner werden als die Grünen und auch nicht linker als die Linken", sagte Weil der Online-Ausgabe der Welt. Stattdessen müsse seine Partei "in wichtigen Politikbereichen überzeugende Perspektiven aufzeigen und glaubwürdig sein". Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher und die Landespartei "kommen mit ihrem sehr pragmatischen Politikstil offensichtlich gut an", sagte der niedersächsische Ministerpräsident. 

Tschentscher hatte im Wahlkampf die Wirtschaftsfreundlichkeit seiner Partei betont. Weil sieht dies auch als Vorbild für die Bundespartei: Für die SPD als eine "Partei der Arbeit steht es zwangsläufig im Vordergrund, dass es ausreichend gute Arbeitsplätze für die Menschen gibt. Deshalb sind wir Sozialdemokraten gut beraten, uns um vernünftige Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu kümmern."

News vom 23. Februar: Lucke freut sich über AfD-Verluste bei Hamburg-Wahl

21.47 Uhr: Der Mitgründer der AfD, Bernd Lucke, hat sich erfreut über die Einbußen seiner früheren Partei bei der Hamburger Bürgerschaftswahl gezeigt. „Dass die AfD so schlecht abgeschnitten hat, finde ich sehr erfreulich. Die schrecklichen Morde von Hanau wurden zum Mahnmal dafür, dass man mit Fremdenfeindlichkeit nicht Politik machen darf“, sagte Lucke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag). Er ist als Wirtschaftsprofessor an die Universität Hamburg zurückgekehrt. 2013 zählte er zu den Gründern der AfD, zwei Jahre später trat er nach seiner Abwahl als Bundessprecher aus der Partei aus.

19.56 Uhr: Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, macht sich in der „Berliner Runde“ in der ARD über die CDU lustig. Die Grünen, so findet er, haben sich hingegen nicht zu genieren: „Wir haben nach Gold gegriffen und Silber erhalten.“ Und weiter: „Die CDU erinnert an den HSV“ - eben „nur noch zweitklassig“

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19.19 Uhr: Der AfD-Bundespolitiker Stephan Brandner will das Wahlergebnis in Hamburg offenbar nicht so recht anerkennen. Zugleich ruft er aber auch seine Parteifreunde zum Durchhalten auf. Man solle sich auf „viele Millionen Thüringer, Sachsen und Brandenburger“ verlassen. Was seien schon „so‘n paar Hamburger“. „Erbärmlich und verzweifelt zugleich“, kontert der Grünen-Politiker Dieter Janecek auf Twitter. „Vielleicht sollte man Herrn Brandner mal erklären, dass auch im 2,1 Mio. Einwohner Land Thüringen nicht „Millionen“ AfD gewählt haben. Die nächste AfD-Klatsche kommt übrigens bei den Kommunalwahlen in Bayern (13 Mio. Einwohner)!“ 

Dabei habe die AfD in Hamburg nicht an Wählern verloren, vermutet ein Nutzer. Vielmehr habe die hohe Wahlbeteiligung zu dem wahrscheinlich vernichtenden Ergebnis der Partei in Hamburg geführt. Das sollte insbesondere nach dem rechtsterroristischen Anschlag in „Hanau zu denken geben“, findet der Nutzer. 

Hamburg-Reaktionen: Ministerpräsident übt harsche Kritik - CDU gibt Menschen „keinen klaren Halt“

19.11 Uhr: Den Grund für die Wahlniederlage der CDU in Hamburg sieht Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in der Führungskrise der Bundespartei. „Für uns als Union gibt es überhaupt nichts zu beschönigen, das ist ein historisch schlechtes Ergebnis“, sagte Günther am Sonntagabend im ZDF. Die Hamburger CDU habe im Wahlkampf schärfsten Gegenwind gehabt: „Dieser Gegenwind war schon ein Orkan, auch im Wahlkampf, da hat die CDU Hamburg nichts entgegenzusetzen gehabt.“

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Seine Ansage an die Bundespartei ist deshalb deutlich: Offene Fragen in Berlin müssten so schnell wie möglich geklärt werden. Dazu zähle vor allem die Führungsfrage, aber auch der weitere Kurs mit Blick auf Thüringen. „Die Situation in Thüringen ist desolat gewesen in den letzten Wochen“, kritisierte Günther. „Eine irrlichternde Union, die den Menschen keinen klaren Halt gibt und keine klaren Perspektiven aufzeigt, ist im Wahlkampf auch für die Parteifreunde vor Ort ein Hindernis.“

Dies müsse man jetzt offen miteinander besprechen und aus dieser Lage möglichst schnell herauskommen. Mit Blick auf Thüringen empfehle er dringend, dass sich die CDU dort jetzt nicht wieder zu sehr mit eigenen Beschlüssen der Bundesebene reinbringe. Das beste in Thüringen wären Neuwahlen so schnell wie möglich, nachdem die CDU andere Gelegenheiten verpasst habe, Verantwortung zu zeigen.

„Jetzt sind wir in der schwierigen Situation, dass einige von uns Bodo Ramelow mitwählen müssen. In diese Situation haben wir uns selbst gebracht“, sagte Günther. „Ich empfehle allen, sich einer Lösung in Thüringen nicht in den Weg zu stellen.“ Es müsse immer gelten: erst das Land, dann die Partei, dann die Person.

Reaktionen auf die Hamburg-Wahl 2020: FDP-Chef Lindner spricht von Vertrauensverlust 

19.01 Uhr: Thüringens Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow sieht in den Wahlverlusten von CDU, FDP und AfD bei der Hamburger Bürgerschaftswahl einen Denkzettel für das politische Debakel in Thüringen. „Der Tabubruch des 5. Februars schlägt bis Hamburg durch“, sagte Hennig-Welsow in Erfurt. Die Anfang Februar erfolgte Wahl von Thüringens Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) mit Stimmen der CDU und AfD hätten die Wähler in Hamburg jetzt massiv bestraft. Der drohende Rausschmiss der AfD aus der Bürgerschaft und die Zitterpartie der FDP seien eine Folge der Thüringer Ereignisse. Die Hamburger Bürgerschaftswahl zeige aber auch eine breite Mehrheit jenseits von CDU, FDP und AfD.

18.51 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner hat das schlechte Wahlergebnis seiner Partei in Hamburg als Zeichen des Vertrauensverlusts nach den Turbulenzen in Thüringen gewertet. Die von der AfD unterstützte Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten habe die Wahlkämpfer in Hamburg in eine „ganz schwierige Lage“ gebracht, sagte Lindner am Sonntagabend im ZDF. Die Wähler seien „zu Recht irritiert“, räumte er ein. „Das Vertrauen muss erst noch wachsen.“

Doch allein im Thüringer-Wahldebakel will er die Gründe für die Wahl dann doch nicht sehen: „Hamburg war für die FDP schon immer ein schweres Pflaster“, sagte Lindner. Dennoch gesteht er, wie auch die Wochen zuvor ein, dass er und seine Partei sich früher und noch deutlicher „von der AfD abgrenzen“ sollten.

Persönlich wollte Lindner sich keine Fehler im Zusammenhang mit der Thrüingen-Krise vorwerfen, vielmehr bescheinigte er sich ein gutes Krisenmanagement. „Ich habe nicht laviert“, sagte er. „In Erfurt gab es einen Fehler.“ Als Bundesvorsitzender der FDP könne er nicht „Anweisungen“ an den Landesverband geben - er könne „nur Verantwortung übernehmen für den Umgang mit so einer Situation“. Dabei „sind wir unserer Verantwortung gerecht geworden“, resümierte Lindner.

Erste Prognosen und Hochrechnungen von ARD und ZDF sahen die FDP in Hamburg bei 5,0 Prozent - damit blieb zunächst offen, ob es für den Wiedereinzug in die Bürgerschaft reicht. In der ARD antwortete Lindner auf die Frage, ob er unabhängig von einem Ergebnis oberhalb oder unterhalb von fünf Prozent Parteichef bleibe: „Die Frage stellt sich gar nicht“.

Reaktionen auf die Hamburg-Wahl 2020

18.49 Uhr: Grünen-Chef Robert Habeck hat die starken Zugewinne der Grünen bei der Hamburger Bürgerschaftswahl als „fulminantes“ Ergebnis und Auftrag auch im Bund begrüßt. Und das, obwohl das selbst gesteckte Ziel, den ersten Bürgermeister stellen zu können, nicht erreicht wurde. Doch Habeck lässt sich nicht beirren. Es sei historisch das zweitbeste Wahlergebnis auf Landesebene für die Grünen überhaupt, sagte Habeck am Sonntag in Berlin. Zu verdanken sei das auch dem „Mut, Ja zu sagen, aus der Herausforderer-Position um Platz eins zu kämpfen“. So habe Hamburg eine „echte Wahl“ gehabt.

Update 18.44 Uhr: Die Reaktionen auf die Hamburg-Wahl sind vermehrt Jubelrufe über das mögliche Ausscheiden - wenigstens aber über das starke Abstrafen der rechtspopulistischen AfD. „Respekt Hamburg“ oder „Danke“ schreiben viele Bürger auf Twitter. Mit dem Hashtag „Hamburg“ trendet in den Sozialen Medien auch „Demokratie“ sowie „noafd“ oder „afdraus“.

AfD-Spitzenkandidat Dirk Nockemann sprach nach dem möglichen Ausscheiden seiner Partei aus der Bürgerschaft vom „Ergebnis einer maximalen Ausgrenzungskampagne“.

18.29 Uhr: Auch der SPD-Kandidat Peter Tschentscher jubelt am 23. Februar mit seinen Parteigenossen - und das, obwohl die Partei wahrscheinlich acht Prozentpunkte verloren hat. Doch noch zu Jahresbeginn stand die SPD noch um einiges schlechter da. 

Auch der SPD-Bundesvorsitzende Norbert Walter-Borjans sieht nach dem Wahlerfolg seiner Partei bei der Bürgerschaftswahl einen „klaren Führungsauftrag an die Hamburger SPD“. In einer ersten Stellungnahme sagte Walter-Borjans am Sonntagabend: „Das ist wirklich ein toller Tag.“ Er gratulierte dem Hamburger Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) „zu diesem großen Erfolg“.

„Das ist ein überwältigendes Ergebnis, mit dem viele vor kurzem noch nicht gerechnet hatten“, sagte Walter-Borjans weiter. Die Hamburger hätten die „grundsolide Regierungspolitik“ Tschentschers honoriert. Er lobte dessen „unaufgeregten, zielstrebigen Umgang“ mit den wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen in der Hansestadt.

Bürgerschaftswahl in Hamburg: „Die Kemmerich-Koalition hat verloren“

Bei der Wahl habe sich aber auch gezeigt, „was es heißt, wenn die Bundespartei einen klaren Kompass hat“, sagte der SPD-Chef weiter. Dies habe sich ausgezahlt, und „noch im November stand die SPD deutlich schlechter da“.

Walter-Borjans gratulierte auch den Grünen, die sich als einzige Partei bei der Bürgerschaftswahl massiv verbessern konnten und ihr Ergebnis im Vergleich zur Wahl 2015 mehr als verdoppelten. „Auch ihre Themen sind von den Wählern honoriert worden“, sagte der SPD-Chef mit Blick auf den Hamburger Koalitionspartner der Sozialdemokraten.

Umgekehrt stellt sich das Ergebnis am Wahlabend für die CDU dar. Das gestand auch Paul Ziemiak, CDU-Generalsekretär, nach der Wahl an. Auch er verweist auf Thüringen und die Führungskrise in der CDU. Welche Lehren die Partei aber daraus ziehen soll, erläutert Ziemiak nicht.  

18.17 Uhr: „Wir können eines mit Sicherheit sagen: Die Kemmerich-Koalition hat verloren“, sagte Katja Kipping nach der Wahl in Hamburg. 

18.07 Uhr: Bereits als um 18 Uhr die Wahllokale in Hamburg schließen ist klar: die SPD ist der klare Gewinner der Bürgerschaftswahl in Hamburg. Die Grünen werden starker Zweiter. Weitere Ergebnisse bleiben abzuwarten. Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) geben sich im ARD-Interview stolz und zufrieden. Scholz wertet im ARD gleich nach der Wahl das Ergebnis als ein gutes Zeichen für Rot-Grün. 

Tobias Hans, CDU-Ministerpräsident im Saarland, bewertet das Ergebnis in Hamburg als „ein historisch schlechtes Ergebnis“. Hans wertet das Ergebnis als eine direkte Folge der Ereignisse in Thüringen - und als Folge der Führungskrise innerhalb der CDU. Er wertet den Wahlausgang als ein „Ergebnis, das uns aufschrecken muss, auch als Bundespartei“. Die CDU habe vor allem nach der Krise in Thüringen „ein aktuelles Bild der Führungslosigkeit“ abgegeben, sagte Hans am Sonntagabend in der ARD. Es sei der Eindruck entstanden, dass der CDU der Kompass fehle. Es sei deshalb an der Zeit, „hier und jetzt auch schnelle Entscheidungen zu treffen, in Thüringen, aber auch im Bund Klarheit zu schaffen“.

Für die Nachfolge der scheidenden CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und die Frage eines Kanzlerkandidaten der Union brauche es jetzt vor allem einen Fahrplan, sagte Hans. Darüber müsse am Montag in Vorstand und Präsidium geredet werden, es könne damit nicht bis zum Ende des Jahres gewartet werden. Dabei sei es wichtig, dass die Parteivorsitzende das Heft des Handels in der Hand habe.

Die CDU rutschte bei der Hamburg-Wahl Prognosen zufolge auf ihr bundesweit schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen seit knapp 70 Jahren. SPD und Grüne haben einen klaren Wahlsieg eingefahren und können damit die letzte rot-grüne Koalition in Bund und Ländern fortsetzen. Überraschend musste die zuletzt in allen Bundesländern erfolgreiche AfD um den Verbleib in der Bürgerschaft bangen - ebenso die FDP.

Reaktionen auf die Hamburg-Wahl 2020: Kevin Kühnert mit Aufruf an die Bürger - „Nie war es leichter ...“

Hamburg - Die Wahlbeteiligung an der Bürgerschaftswahl in Hamburg* ist weit höher, als noch vor fünf Jahren. Bereits um 16 Uhr sind 57 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne gegangen. Das teilte das Landeswahlamt mit 2015 haben insgesamt nur 56,5 Prozent gewählt. Nicht nur für die einzelnen Parteien scheint diese Hamburg-Wahl also eine besondere zu sein. Das Wahl-Debakel in Thüringen hat in der ganzen Republik heftige Reaktionen hervorgerufen. Für FDP und CDU gilt die Wahl in Hamburg sozusagen als Trendbarometer für die Wählerstimmung in Deutschland. 

Seit 2015 regiert Rot-Grün in der Hansestadt. Jetzt will Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank* das Amt des Ersten Bürgermeisters von Peter Tschentscher (SPD)* übernehmen und dessen SPD zum Juniorpartner machen. Bei den Bezirkswahlen im Mai vergangenen Jahres hatten die Grünen hamburgweit 29,3 Prozent der Stimmen geholt und damit vor der SPD gelegen, die auf 27,0 Prozent kam. In den vergangenen Wochen sahen Meinungsforscher allerdings die SPD beständig in Führung.

Reaktionen auf die Bürgerschaftswahl in Hamburg 

Darüber freut sich vielleicht auch SPD-Vize Kevin Kühnert.  Wenn dem so ist, dann zumindest erst einmal verhalten - vielmehr, so schreibt er es auf Twitter, sollten die Hamburger ihren Allerwertesten heben und zur Wahl gehen - um die AfD aus dem Parlament zu wählen. Und Kühnert könnte Recht behalten. Bei der Sonntagsfrage vom 20. Februar 2020 lag die AfD bei knappen sechs Prozent. Auch andere aktuelle Umfragen zur Bürgerschaftswahl in Hamburg* bescheinigen der SPD einen Vorsprung, der AfD einen schweren Stand. 

Die Bürgerschaftswahl 2015 hatte die SPD mit 45,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Die damals von Olaf Scholz geführten Sozialdemokraten gingen eine Koalition mit den Grünen ein, die als Drittplatzierte auf 12,3 Prozent gekommen waren. Die CDU hatte 15,9 Prozent der Stimmen geholt, die Linke 8,5 und die FDP 7,4. Die AfD war mit 6,1 Prozent erstmals in ein westdeutsches Landesparlament eingezogen.

Am Rande der Wahl in Hamburg stieß ein Wähler auf eine bittere Hürde - erst nach Stunden konnte er seine Kreuze machen. 

Nach den desaströsen Ergebnissen für die CDU in Thüringen und Hamburg: Kramp-Karrenbauer attackiert den SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil - soll die SPD doch „diese Regierung verlassen“.

*Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks. 

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