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Seehofer bereit zum Amtsverzicht: Im Frühjahr nach Berlin?

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Von: Christian Deutschländer

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Ein Abend im Advent: Blass, aber unaufgeregt läuft Horst Seehofer in die CSU-Zentrale.
Ein Abend im Advent: Blass, aber unaufgeregt läuft Horst Seehofer in die CSU-Zentrale. © dpa

Horst Seehofer ist bereit, sein Amt als Ministerpräsident zu räumen. Er will spätestens im Frühjahr zurücktreten. Geht der CSU-Chef als Minister nach Berlin? Wird Markus Söder jetzt Ministerpräsident?

München – An diesem greislichen Adventssonntag, draußen zugig und eiskalt, drinnen eine Abfolge schwieriger Krisensitzungen, bemüht sich die CSU-Regie redlich um weihnachtliche Devotionalien. Plätzchenteller und Glühwein stehen in der Parteizentrale bereit, sogar ein Adventskranz mit Kerze. Ach ja, und ein Türchen geht auf, allerdings ein riskantes: Das Hintertürchen steht sperrangelweit offen. Im direkten Sinn, weil die meisten Politiker den rückwärtigen Eingang ins von Kameras belagerte Gebäude nehmen, selbst der sonst nicht von Schüchternheit geplagte Markus Söder. Und im politischen Sinn, weil das Ergebnis der CSU-Gespräche viel Raum für Spekulationen lässt.

In mehreren der vielen Runden im ersten Stock der Parteizentrale, Raum „Große Lage“, spricht Horst Seehofer am Wochenende erstmals seine Bereitschaft aus, Macht zu teilen. Er klebe und hänge nicht an Ämtern, zitieren ihn Parteifreunde aus einem Oberbayern-Treffen. Später wird er konkreter: Als Ministerpräsident würde er abtreten, wenn es der Partei nützt, und zwar schon vorzeitig im Frühjahr 2018.

CSU: Söder wird um Amt des Ministerpräsidenten kämpfen 

In der erbitterten CSU-Personaldebatte ist das der Durchbruch. Klar ist ja: Sobald Seehofer die Staatskanzlei räumt, wird Finanzminister Markus Söder mit aller Macht um dieses Amt kämpfen. Weil die Landtagsfraktion – seine größten Fans – den Ministerpräsidenten zu wählen hat, wird er kaum zu stoppen sein. Seehofers Signal zum Verzicht beinhaltet also auch die Botschaft: Wenn es sein muss, halt der Söder. „Ihm ist klar, dass es nur der Markus sein kann“, sagt ein enger Mitarbeiter. Er habe das akzeptiert.

Dafür setzen sich beim zweiten Posten die Söder-Skeptiker durch. CSU-Vorsitzender soll der ehrgeizige Franke nicht gleichzeitig werden. Weil ein natürlicher Nachfolger da nicht bereit steht – weder der Niederbayer Manfred Weber noch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hätten eine klare Mehrheit – überreden oberbayerische Abgeordnete Seehofer in längeren Gesprächen, auf dem Parteitag in elf Tagen selbst weiterzumachen. Er sei „der stabilisierende Faktor an der Spitze der CSU. Das soll auch künftig so bleiben“, sagt die Bezirksvorsitzende Ilse Aigner. In ihrem Bezirksvorstand, der innige Söder-Freunde wie erbitterte -Gegner vereint, widerspricht niemand. Auch die Ehrenvorsitzenden reden ausdauernd auf Seehofer ein. Theo Waigel ruft sogar von einer Auslandsreise aus New York lange an, was eine satte Handyrechnung ergeben dürfte. Und Edmund Stoiber setzt in einer der Gremien zu einer halbzeitfüllenden Ansprache voller Fußballvergleiche an – die er immer dann wählt, wenn ihm ein Thema wichtig ist. Das Spiel sei nicht aus, sagt Stoiber also, die zweite Hälfte komme noch. Und, etwas verklausuliert: Da sei der Mittelstürmer unverzichtbar.

CSU: Stoiber will Seehofer an der Parteispitze halten

Stoibers Auftritt ist ein Signal tief in die CSU hinein. Er ist ja einer der zentralen Söder-Ratgeber und fest davon überzeugt, dass mit Seehofer als Spitzenkandidat im Herbst 2018 keine absolute Mehrheit mehr möglich wäre. Dass er den aktuellen Regenten dennoch an der Parteispitze halten will, ist eine von vielen Brücken, die jetzt über die CSU-Gräben gebaut werden könnten.

Seehofer kann nun, wenn er will, im ersten Quartal 2018 in die Bundesregierung einrücken. Er will die Bildung einer Regierung bis zum Ende abwarten, berichten Teilnehmer der internen Runden, und sich auf kein Datum festlegen. Spätestens dann müsste er das Amt als Ministerpräsident aufgeben. Hier liegt allerdings eines der Hintertürchen. Falls keine neue Regierung zustande kommt, oder falls Seehofer doch keine Lust hat auf Berlin – dann kann man ihn nur sehr mühsam zwingen, als Ministerpräsident vor 2018 aufzuhören.

Und noch ein Szenario kursiert unter Söders Gegnern in der CSU. Auch wenn der Franke im Frühjahr Regierungschef werde – eventuelle Koalitionsverhandlungen nach der Wahl im Herbst führe Parteichef Seehofer. Falls da ein Koalitionspartner vorschlage, man könne gern gemeinsam regieren, aber ohne diesen Söder – der adventliche Friede von 2017 könnte dann schnell vergessen sein.

Von Christian Deutschländer

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