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Rackete wieder frei: Salvini mit hartem Urteil über Deutschland

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Mahnwache vor dem italienischen Generalkonsulat
Mahnwache vor dem italienischen Generalkonsulat © dpa / Federico Gambarini

Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch jubelt – ihre Kapitänin ist nach ihrer Festnahme wieder frei. Italiens Innenminister reagiert mit gewohnt scharfem Ton. Und eigentlich geht es um ein viel größeres Problem.

Rom/Berlin Die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch hat allen Grund zu jubeln: Kapitänin Carola Rackete kommt nach ihrer Festnahme in Italien wieder frei. Das juristische Nachspiel des umstrittenen Manövers der 31-Jährigen ist damit nicht vorbei – und die Diskussion darüber schon lange nicht. Der italienische Innenminister Matteo Salvini kündigte an, dass Rackete des Landes verwiesen werde. „Sie kehrt zurück in ihr Deutschland, wo sie nicht so tolerant mit einer Italienerin umgehen würden, die das Leben deutscher Polizisten gefährdet“, erklärte Salvini.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) begrüßte die Entscheidung des italienischen Gerichts. „Über die heutige Entscheidung des italienischen Untersuchungsgerichts, Carola Rackete freizulassen, bin ich erleichtert“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Ich hoffe, dass die Vorwürfe gegen Frau Rackete nun rasch in den dafür vorgesehenen Verfahren geklärt werden.“ Menschenleben zu retten sei keine Straftat, sondern ein humanitärer Akt.

AfD kritisiert Carola Rackete (Sea Watch)

Kritik an der Kapitänin kam von der AfD. Die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion, Beatrix von Storch, sagte: „Carola Rackete ist keine Heldin, sondern eine Komplizin der Schlepper.“

Die 31-Jährige hatte das Rettungsschiff „Sea-Watch 3“ mit 40 Migranten an Bord am Samstag unerlaubt nach Italien gesteuert. Beim Einlaufen in den Hafen von Lampedusa touchierte sie ein Boot der Finanzpolizei. Dass sie die Migranten trotz des Verbots an Land brachte, löste eine Welle der Solidarität aus – doch das alleine hilft nicht. Denn der Fall wirft ein Schlaglicht auf ein viel größeres Problem.

In Deutschland scheint es dieser Tage zum guten Ton zu gehören, sich hinter die Kapitänin zu stellen. Ein Spitzenpolitiker nach dem anderen setzt sich für sie ein – selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisierte Italien nach der Festnahme. „Wir haben hier gerade eine Veränderung in der Debatte. Es wird wieder drüber geredet“, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer in Berlin. Das sei gut.

Carola Rackete sorgt für weitere Debatte um Seenotrettung

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lehnt es ab, dass Deutschland alleine Bootsmigranten aufnimmt – auch wenn er bei den letzten Notlagen zuletzt mehrfach bereit war, einige der Geretteten nach Deutschland zu holen. Wie zu hören ist, könnte Deutschland rund ein Dutzend Migranten aufnehmen, Frankreich bis zu 10, Finnland 8, Portugal 5. Zudem käme noch Luxemburg als Aufnahmeland infrage. Die Gespräche liefen noch.

Die Seenotrettung im Mittelmeer spaltet die EU zutiefst. Seit langem wird über einen Mechanismus zur Verteilung der Bootsflüchtlinge gestritten – ohne Ergebnis, weshalb Italien seit einem Jahr einen rigorosen Abschottungskurs fährt. Innenminister Salvini hat es besonders auf die Hilfsschiffe abgesehen und will sie aus dem Mittelmeer verbannen. Dafür bekommt er viel Zuspruch.

Italien: Spenden für Carola Rackete

Nun gibt es eine Kapitänin, mit der die festgefahrene Debatte ein Gesicht bekommen hat. Plötzlich schnellen die Spenden in die Höhe. Der Aufruf der Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf brachte bis Dienstagabend mehr als 945 000 Euro ein. Auf einer italienischen Facebook-Seite wurden mehr als 435 000 Euro gesammelt. Zwei islamische Vereine aus Köln sagten 10 000 Euro an Sea-Watch zu.

Sea-Watch hatte am 12. Juni 53 Migranten vor Libyen gerettet und über zwei Wochen vergeblich auf eine Anlegeerlaubnis in Europa gewartet.

Nach dem tagelangen Gezerre um Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete äußert sie sich jetzt erstmals. Die Innenminister Seehofer und Salvini müssen sich schwerer Attacken erwehren.

Italiens Innenmnister Matteo Salvini kontert die Bitte seines deutschen Amtskollegen Horst Seehofer um Aufnahme von Flüchtlingen und stellt zugleich eine Forderung an die Bundesregierung.

Im ZDF-Talk „Markus Lanz“ schildert eine Seenot-Retterin, wie Mitglieder der libyschen Küstenwache Migranten auspeitschen.

VON LENA KLIMKEIT UND ANNE BEATRICE CLASMANN

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