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Die ersten Reaktionen zum Brexit-Urteil

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Aktivisten protestieren vor dem Supreme Court in London gegen den Brexit.
Aktivisten protestieren vor dem Supreme Court in London gegen den Brexit. © dpa

London - Theresa May muss ihren Brexit-Plan dem Parlament vorlegen, entschied heute der Supreme Court. In Großbritannien und der EU gab es bereits erste Reaktionen.

Die britische Regierung kann das Brexit-Verfahren nur mit Zustimmung des Parlaments in London starten. Schottland, Wales und Nordirland haben hingegen beim EU-Austrittsverfahren kein Mitspracherecht, wie der Oberste Gerichtshof Großbritanniens am Dienstag entschied. Das Urteil ist eine Schlappe für Premierministerin Theresa May, die das britische Parlament nicht zur der Austrittserklärung befragen wollte. An ihrem Brexit-Zeitplan hält die Regierung aber fest. 

Der Oberste Gerichtshof habe mit acht der elf Richterstimmen entschieden, dass die Aktivierung von Artikel 50 des EU-Vertrags zum Austritt aus der EU der Zustimmung des Parlaments bedarf, sagte Gerichtspräsident David Neuberger. Damit bestätigte der Gerichtshof eine Entscheidung des Londoner High Court von Anfang November, gegen die Mays konservative Regierung Berufung eingelegt hatte. 

Lokalparlamente müssen nicht zustimmen, sagt das Gericht

Die Richter entschieden aber einstimmig, dass die Regierung vor dem Beginn des Brexit-Verfahrens nicht auch die Zustimmung der Parlamente von Schottland, Wales und Nordirland einholen muss. Die Beziehungen zur EU seien allein Sache der Regierung in London, erklärte Gerichtspräsident Neuberger. Sie sei daher nicht verpflichtet, die Regionalparlament einzubeziehen. 

Generalstaatsanwalt Jeremy Wright erklärte, die Regierung sei "enttäuscht" über das Urteil. Downing Street teilte jedoch umgehend mit, dass die Regierung an ihrem bisherigen Zeitplan zum Start des Brexit-Verfahrens festhalte. May werde "wie geplant" bis Ende März den Startschuss für den EU-Ausstieg geben, sagte ein Regierungssprecher. Das Urteil des Obersten Gerichtshofs werde "nichts daran ändern". 

May will die Austrittsabsicht nach Artikel 50 bis Ende März offiziell mitteilen. Danach besteht eine Zweijahresfrist zum Abschluss der Verhandlungen mit der EU. Hätte die britische Regierung auch die Zustimmung der Regionalparlamente einholen müssen, wäre der Zeitplan vermutlich stark durcheinander geraten. Die Mehrheit der Wähler in Schottland und Nordirland hatte beim Volksentscheid im Juni für den Verbleib in der EU gestimmt.

Schottland will Abgeordnete abstimmen lassen

Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat London aufgefordert, die Interessen Schottlands bei den Brexit-Verhandlungen zu berücksichtigen. „Obwohl das Gericht entschieden hat, dass die britische Regierung nicht rechtlich dazu verpflichtet ist, die Regionalverwaltungen zu befragen, gibt es eine klare politische Verpflichtung dazu“, sagte Sturgeon am Dienstag einer Mitteilung zufolge.

Sie kündigte an, die Abgeordneten in Edinburgh über die EU-Austrittserklärung abstimmen zu lassen. Gleichzeitig drohte sie erneut mit einem Referendum über die schottische Unabhängigkeit. Es werde immer klarer, dass Schottland seine Zukunft „in die eigene Hand nehmen muss“.

Regierung hat Gesetzesentwurf schon vorbereitet

May wollte eigentlich auch das Londoner Parlament nicht zu der Austrittserklärung befragen. Um die mehrheitlich EU-freundlichen Parlamentarier zu besänftigen, versicherte sie aber, den mit Brüssel fertig ausgehandelten Austrittsvertrag in jedem Fall dem Unter- und Oberhaus zur Abstimmung vorzulegen. 

Um schnell auf das Urteil des Obersten Gerichtshofs reagieren zu können, bereitete die Regierung schon vor der Entscheidung einen Gesetzentwurf vor, den sie nun möglichst schnell ins Parlament einbringen will. 

Mays Regierung hat nur knappe Mehrheit im Unterhaus

Brexit-Minister David Davis will sich bereits am Dienstagmittag im Parlament zu den weiteren Plänen äußern. Mays Regierung verfügt im Unterhaus nur über eine knappe Mehrheit. Doch obwohl sich die meisten Abgeordneten im vergangenen Jahr gegen einen Brexit ausgesprochen hatten, wollen sie sich dem Votum der Briten für einen EU-Austritt nicht entgegenstellen. 

Der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, kündigte nach dem Urteil an, den Start des Brexit-Verfahren nicht behindern zu wollen. Corbyn hat jedoch bereits Änderungsanträge zum Gesetzentwurf der Regierung angekündigt, um etwa Garantien für den Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu verlangen. May hatte vergangene Woche angekündigt, Großbritannien werde auch aus dem europäischen Binnenmarkt ausscheiden.

Auch aus der EU kamen bereits erste Reaktionen

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber hat die Bestätigung der Parlamentsrechte beim geplanten Brexit gelobt. Zum Urteil des obersten britischen Gerichts erklärte der Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament am Dienstag auf Twitter: „Parlamente müssen respektiert werden. Das Europaparlament wird über den Brexit das letzte Wort haben.“

afp/dpa/snacktv

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