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Harmonie bei den Grünen - und ein paar Seitenhiebe gegen die Konkurrenz

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Von: Josef Ametsbichler

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Aus drei mach zwei: Katharina Schulze mit den Konkurrenten Ludwig Hartmann (l.) und Thomas Gehring.
Aus drei mach zwei: Katharina Schulze mit den Konkurrenten Ludwig Hartmann (l.) und Thomas Gehring. © Bodmer

Auf dem Parteitag der Grünen in Bayern verstehen sich die Spitzenkandidaten blendend. Seitenhiebe müssen vor allem zwei anderen Parteien einstecken.

München - Unter einer Discokugel, die im grünen Neonlicht glitzert, soll die Revolution in Bayern ihren Anfang nehmen. Vor immerhin gut 60 Zeugen - so viele Zuschauer haben es sich am Samstag mit einem Flascherl Pils oder Bionade in der Hand auf den rot gepolsterten Stuhlreihen im Münchner Ampere gemütlich gemacht. Die bayerischen Grünen haben zum Urwahlforum in den Konzertsaal geladen, wo sonst exotisch-alternative Bands vor kleinem Publikum spielen.

Es geht ums Kennenlernen: Die drei Bewerber um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im kommenden Herbst stellen sich der Parteibasis vor. Wobei die beiden Fraktionschefs und der parlamentarische Geschäftsführer ohnehin den meisten bekannt sein dürften. Doch es geht ums Signal: Schließlich stimmen die einfachen Mitglieder am Ende in einer Urwahl über das Tandem ab, das 2018 die Partei in die Landesregierung führen soll. So lautet zumindest der klare Anspruch.

Seitenhiebe gegen die CSU

Drei Bewerber um zwei Kandidatenplätze - diese Auswahl ist überschaubar, nur einer muss gehen. „Bei einer Wahl geht es nicht nur um die Auswahl, sondern um die Legitimation“, kommentiert das einer der Bewerber, Thomas Gehring, parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion. „Bei uns wird die Kandidatur nicht im Hinterzimmer ausgekartelt.“ Nicht der letzte Seitenhieb gegen die CSU an diesem Abend. Gehring gilt im Duell um den männlichen Spitzenposten als Außenseiter. Der 59-jährige Allgäuer tritt gegen den 20 Jahre jüngeren Ludwig Hartmann an. Der Fraktionsvorsitzende, der aus Landsberg stammt, inzwischen aber in München wohnt, sammelt gerade fleißig Unterschriften gegen den Flächenfraß - und damit Sympathiepunkte bei der Basis. Gehring will mit seiner langen Politikerfahrung und als Bildungsexperte punkten.

Keine Gegenkandidatin hat sich für die Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze gefunden, die damit als einzige Frau gesetzt ist. Die 32-Jährige, die aus Herrsching im Kreis Starnberg stammt und in München kandidiert, will „pragmatisch die Welt retten“ und Bayern „nachhaltiger, gerechter und digitaler“ machen.

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Kein kritisches Nachhaken

Es geht harmonisch zu. Thematisch unterscheiden sich die Kandidaten höchstens in Nuancen. Alle drei setzen auf grüne Kernanliegen: Klimaschutz bei Energie und Verkehr, soziale Gerechtigkeit bei Bildung und Arbeitsmarkt, dazu reichlich Digitalisierung und Weltoffenheit. Dementsprechend familiär verläuft die Vorstellungs- und Fragerunde. Das Trio spielt sich auf der Bühne gegenseitig die Bälle zu, das Publikum verzichtet auf kritisches Nachhaken, und als Gehring sich als Allgäuer mit den Münchner Startbahngegnern solidarisiert, fällt ihm Schulze um den Hals. Dazwischen stets Applaus, der am stärksten aufbrandet, als sich gut ein Drittel der Besucher per Handzeichen als Neumitglieder zu erkennen gibt.

Die Grünen: harmonisch und im Aufwind - das ist die Botschaft, mit der die drei Bewerber durch die sieben bayerischen Regierungsbezirke tingeln, bevor am 6. Februar das Kandidatenduo feststeht. Quasi der Gegenentwurf zur angeschlagenen CSU, wo Ilse Aigner mit ihrer Urwahl-Idee baden ging. Deshalb bekommen die Christsozialen an diesem Abend reichlich Häme ab. „Bereit, abgewählt zu werden“, findet Schulze. „Schlafwagenpolitik“ diagnostiziert Hartmann. „Politik vom hohen Ross“ attestiert Gehring.

Wobei: Die einzig wahrscheinliche Konstellation, bei der für die Grünen eine Regierungsbeteiligung herausspringt, ist ein Bündnis mit der CSU - laut der jüngsten GMS-Umfrage könnte es für ein solches Bündnis reichen. In den möglicherweise harten Koalitionsverhandlungen wollen die Grünen dann Verlässlichkeit und Kompromissfähigkeit ausstrahlen, ein kleiner Seitenhieb auf die FDP. Den Spielraum dafür will sich die Parteispitze von der Basis in der Urwahl holen. Denn endlich mal in Bayern regieren - das wär‘s.

Josef Ametsbichler

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