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Explosion im Kopf: Was hilft bei Migräne?

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Von: Claudia Kuhlmann-Seineke

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Eine Frau liegt im Bett und hält sich die Hände vor die Augen
Explosion im Kopf: Weltweit trifft Migräne etwa eine Milliarde Menschen. © unsplash.com/Anthony Tran

Migräne ist ein Volksleiden. Weltweit trifft der Kopfschmerzhammer etwa eine Milliarde Menschen. In Deutschland sind laut Statistik des Robert-Koch-Instituts fast 15 Prozent der Frauen und 6 Prozent der Männer betroffen, und auch vor Kindern macht die Krankheit nicht halt. Aber was hilft im Kampf gegen diese heimtückischen Attacken?

von Claudia Kuhlmann-Seineke

Für Menschen, die noch nie von einem Migräneanfall betroffen waren, ist es schwer nachzuvollziehen, wie sich das anfühlt. Der Kopf explodiert vor Schmerz, Übelkeit kommt hoch, Licht und Lärm sind nicht auszuhalten. Migräne fährt das Leben runter, man verkriecht sich mit Schmerzmitteln im dunklen Zimmer und hofft, dass es bald vorbei ist und nicht wieder tagelang dauert. Abgeleitet vom griechischen Wort „Hemikranie“, zu Deutsch halbköpfig, hat die perfide Kopfschmerzinvasion ihren Namen. Migräne ist eine komplexe neurologische Störung, die zu den häufigsten chronischen Erkrankungen zählt und weder per Blutbild noch per MRT zu detektieren ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft Migräne als eine der zehn meist behindernden Krankheiten ein. Kein Wunder, denn der Leidensdruck für die Betroffenen ist enorm. 

Warum gerade ich? 

Leider ist Migräne trotz intensiver Forschung noch nicht heilbar, alle Ursachen noch längst nicht geklärt. Allerdings spielen die Gene eine entscheidende Rolle. Eine Studie mit ein- und zweieiigen Zwillingen belegt, dass eineiige, im Erbgut identische Geschwister eine erkennbar höhere Übereinstimmung beim Auftreten von Migräneattacken haben als zweieiige. Man schätzt die Vererbbarkeit des Leidens auf etwa 50 Prozent, denn die Hälfte der Migränepatienten hat einen Verwandten ersten Grades, der ebenfalls unter dem fiesen Feind im Kopf leidet. 

Hinzu kommen externe auslösende Faktoren, in der Fachsprache Trigger genannt, die viele Gesichter haben: Alkoholgenuss, Nikotin, fehlende Flüssigkeitsaufnahme, wenig Schlaf, Stress und ein schwankender Hormonhaushalt gehören zu den häufigsten Ursachen. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen kündigt sich der Schmerzsturm mit einer sogenannten Aura an. Plötzliche Seh- und Sprachprobleme treten auf, ein Kribbeln, Taubheitsgefühle und Schwindel übermannen die Migränepatienten etwa eine Stunde vor der großen Explosion im Kopf. Hinzu kommen weitere kleine Vorzeichen wie Müdigkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit oder depressive Verstimmung.

Aktiv vorbeugen

Um die Lebensqualität von Menschen mit Migräne zu verbessern, kann schon im Vorfeld einiges getan werden. Eine medikamentöse Prophylaxe ist bei Betroffenen angesagt, die mehr als drei Schübe pro Monat haben. Diese ist allerdings ausschließlich gemeinsam mit einem Neurologen oder erfahrenen Hausarzt umzusetzen und niemals im experimentellen Alleingang. Die nicht-medikamentöse Prophylaxestrategie sollte in der Wirkung nicht unterschätzt werden. Stress als Treiber von Migräneausbrüchen kann im Vorfeld durch verschiedene Maßnahmen minimiert werden. Hier helfen regelmäßiger Ausdauersport, Entspannungsverfahren wie autogenes Training und Yoga, Entspannungsmassagen oder eine Biofeedback-Therapie.

Alte Hausmittel 

Hat die Migräne sich bereits Raum verschafft, ist schnelle Hilfe nötig. Deshalb entwickelte die Pharmaindustrie sogenannte Triptane, die als Tabletten, Tropfen, Sprays, Spritzen oder Zäpfchen erhältlich sind. Doch auch Omas Hausapotheke beinhaltet altbewährte Mittel und Anwendungen, die bei leichter bis mittelschwerer Migräne helfen können. 

Konsequenter Lebensmittelcheck

In Sachen Ernährung lohnt es sich, Detektiv in eigener Sache zu sein und über ein Tagebuch genau zu dokumentieren, was man zu sich nimmt und wie sich Essen und Getränke auf Häufigkeit und Verlauf von Migräneanfällen auswirken. Neben stark histaminhaltigen Lebensmitteln wie Rotwein, Käse oder Tomaten ist wohl auch tyraminhaltige Nahrung wie gepökeltes Fleisch und geräucherte Wurst problematisch. Positiv wirken sich hingegen Omega-3-Fettsäuren und Magnesium aus. Interessanterweise leiden viele Betroffene unter Magnesiummangel. Ob das Mineraldefizit allerdings Ursache oder Folge der Erkrankung ist, bleibt offen. Eine regelmäßige Magnesiumzufuhr ist also besonders wichtig und kann Linderung sowohl bei der Anfallhäufigkeit wie auch bei der Schmerzheftigkeit bringen. 

Geheimnis Keto-Diät

Ein bemerkenswerter Fakt, der schon vor über einhundert Jahren bei der Beobachtung von fastenden Epilepsiepatienten in Erscheinung trat, wird aktuell im Kampf gegen Migräne heiß diskutiert: Ist die ketogene Ernährung der potenzielle Gamechanger für Betroffene? Eine Studie der Universität Rom untermauert diesen Ansatz. Hier unterzogen sich übergewichtige, migränegeplagte Frauen einer freiwilligen ketogenen Diät, das heißt, sie ernährten sich äußerst kohlenhydratarm, aber sehr fett- und proteinreich. Bei der ketogenen Ernährung werden eingesparte Kohlenhydrate ganz bewusst durch einen hohen Anteil an Fetten kompensiert. Ergebnis der Studie war, dass sich mit der Keto-Diät sowohl ein gewünschter Gewichtsverlust als auch eine Reduktion der Migräneattacken einstellte. 

Wie wirkt ketogene Ernährung?

Das Prinzip „Kohlenhydrate aus, Fett an“ führt zu einer Umstellung des Energiestoffwechsels. Durch die Kohlenhydratreduktion werden die Glykogenspeicher geleert und der Körper ist gezwungen, andere Reserven zu nutzen, um Muskulatur, Organe und Gehirn zu versorgen. Also beginnt die Leber, zugeführte Fette in Ketonkörper umzuwandeln, die dann die Funktion des Energielieferanten übernehmen. Befinden sich im Blut mehr Ketonkörper als Glukose, so hat der Körper den Zustand der Ketose erreicht. Was sich bei der Keto-Diät exakt als so wirksam zeigt, ist wissenschaftlich nicht ganz klar. Gesichert ist jedoch, dass der Körper ressourcenorientierter arbeitet, da er sich in einer Art „Hungermodus“ befindet. Das scheint einen äußerst positiven Einfluss auf das Migräneverhalten zu haben. 

Und auch wenn die Forschung noch nicht genau belegen kann, warum eine ketogene Ernährung bei Migräne zu Verminderung und Linderung führt, so ist es doch trotzdem einen Versuch wert, diesen Weg einmal auszuprobieren. In der Medizin kommt die ketogene Ernährung neben der Epilepsie bereits bei Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer und sogar Krebs zum Einsatz.

Weitere hilfreiche Tipps für Betroffene und Kontakte zu Experten gibt es unter www.dmkg.de (Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V.)

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