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Handwerker aus Bad Reichenhall geht „Pädophilen-Jäger“ in die Falle

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Von: Hannes Höfer

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Schatten eines Kindes Schatten einer Hand
Missbrauch (Symbolbild). © Patrick Pleul/dpa

Die Vorwürfe waren schwer: Chat mit einer „Zwölfjährigen“, Bilder von schwerem sexuellen Missbrauch auf dem Handy – und der Handwerker aus Bad Reichenhall war auch bereits einschlägig vorbestraft. Dementsprechend fiel auch das Urteil am Amtsgericht Laufen aus.

Bad Reichenhall/Laufen – So weit liegen die Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung selten auseinander. Während der Verteidiger fünf Monate auf Bewährung für angemessen erachtete, forderte die Staatsanwältin drei Jahre und drei Monate, denn Helena Neumeier sah alle vier Anklagepunkte bestätigt. Darunter sexueller Missbrauch von Kindern und Besitz kinderpornografischer Dateien. Erschwerend kam vor dem Laufener Schöffengericht hinzu, dass der 29-jährige Handwerker bereits einschlägig vorbestraft ist. Das Urteil: drei Jahre.

Eine sogenannte „Pädo-Hunter-Gruppe“ hat es auf solche Erwachsenen abgesehen, die eindeutig sexuell konnotierte Kontakte zu Kindern suchen. So war auch der Kurstädter ins Visier der Ermittler geraten. Ein Telefonat mit einer Zwölfjährigen räumte der Handwerker als „dumme Aktion aus Langeweile“ ein. In einem zweiten Fall gab es über mehr als drei Wochen einen regen Chat-Verkehr zwischen ihm und einem angeblich zwölfjährigen Mädchen. Rund eine Viertelstunde verlas Vorsitzender Richter Martin Forster infantile Albernheiten, hunderte Herzchen und nicht weniger Smileys. Immer wieder sollte das „Mädchen“ ihre Kleidung beschreiben, schildern, was sie darunter trage und ihm Bilder schicken. Der Angeklagte stellte seinem Gegenüber eine Reise in Aussicht und sendete seinerseits Bilder seines erigierten Penis‘. 

In einem anderen Fall soll er den Vater einer neunjährigen Tochter aufgefordert haben, dem Mädchen in die Hose zu greifen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Ermittler Bilder und Videos kinder- und jugendpornografischen Inhalts in dreistelliger Zahl. Angeklagt waren schließlich 18 Dateien, mit zum Teil schwerem sexuellen Missbrauch auch kleiner Kinder. Diese Bilder will der 29-Jährige ungewollt aus diversen Chat-Gruppen erhalten haben. „Er hat sie nicht heruntergeladen und nicht abgespeichert“, behauptete Rechtsanwalt Stefan Neudecker, denn, falls bemerkt, hätte er sie sofort gelöscht. 

Der Ermittler der Kripo Traunstein berichtete, dass sich der Angeklagte in einer vorwiegend von Kindern genutzten Chat-Gruppe rumgetrieben habe. Dort hatten ihn die „Pädophilen-Jäger“ ertappt und den Angeklagten nach dem Chat mit der angeblich Zwölfjährigen öffentlich gemacht, mit Namen, Alter und Wohnort. Die Anzeigenerstatterin war eigens aus Hamburg zur Verhandlung angereist. Auf Schöffennachfrage bestätigte sie sechs Anzeigen gegen mutmaßlich pädophile Personen. 

Chat-Verläufe von Mobiltelefonen gelöscht

Weil die Chat-Verläufe auf den insgesamt drei Mobiltelefonen gelöscht worden waren, konnten die Quellen nicht mehr ermittelt werden. Was nicht gelöscht wurde, waren die Bilder und Videos, die bei insgesamt drei Hausdurchsuchungen entdeckt wurden. Der Behauptung des Kurstädters, sein Anschluss sei gehackt worden, widersprach der Kriminalhauptkommissar: „Es fand sich kein Trojaner und keine Schad-Software.“ Was die Ermittler daneben fanden, war „NS-Zeug“, darunter gewaltverherrlichende Inhalte sowie Hetze wie „Ausländer raus“. 

Staatsanwältin Helena Neumeier hatte keinen Zweifel an der Richtigkeit der Anklage. Nicht zuletzt war der Handwerker 2017 schon einmal wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften in 62 Fällen verurteilt worden. Auch damals hatte er behauptet, sein Account sei gehackt worden. „Nicht so einfach, wie es sich die Staatsanwältin vorstellt“, mochte Anwalt Neudecker die Sache sehen. So räume sein Mandant zwar zwei Anklagepunkte ein, im Falle der angeblich Zwölfjährigen sei der Chat jedoch nicht vom Angeklagten ausgegangen, sondern von den „Hilfspolizisten“. Hier habe der Handwerker rasch erkannt, dass keine Zwölfjährige dahinterstecke und nur „aus Jux weiter geschrieben“. Die gefundenen Bilder seien automatisch runtergeladen worden, doch mit dem Löschen des Chat-Verkehrs sei er davon ausgegangen, dass auch diese Dateien weg wären. So sei sein Mandant nur in zwei Fällen nach altem Recht zu verurteilen, bilanzierte der Verteidiger und beantragte fünf Monate zur Bewährung. Neudecker legte zwei Atteste vor, wonach es beim Angeklagten keinen Verdacht beziehungsweise keinen Hinweis auf Pädophilie gebe.

Das Schöffengericht sah den sexuellen Missbrauch ebenso verwirklicht wie den versuchten Missbrauch und die versuchte Anstiftung dazu. Daneben den Besitz kinderpornografischer Inhalte. „Unterm Strich ist alles nachgewiesen“, ließ Martin Forster keinen Zweifel. Der Vorsitzende betonte den langen Zeitraum und die offene Bewährung bei einem Teil der Taten. Eines verwunderte Forster ganz besonders: „Sie sind doch selbst Vater eines Kindes.“ Verteidiger Neudecker ließ keinen Zweifel, dass er in Berufung gehen wird. 

hhö

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