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77 Mal Einspruch: Amtsgericht Laufen behandelt „Corona-Spaziergänge“

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Von: Christina Eisenberger

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Die montäglichen „Corona-Spaziergänge“ vom Januar holen jetzt das Amtsgericht Laufen ein. „Liegen bleiben“ darf am Gericht wegen der Zusatzbelastung jedoch nichts.

Berchtesgadener Land - Montagabend, 18 Uhr, im Januar und mitten in der Pandemie: Menschen „spazieren“ durch die Orte in der Region. Egal ob in Freilassing, Berchtesgaden, Siegsdorf oder Rosenheim. Nur „spazieren“ sie nicht einfach mit ihren Laternen durch die Städte, um frische Luft zu schnappen. Sie demonstrieren damit unter anderem gegen die damaligen Corona-Maßnahmen. Durch die Regelmäßigkeit entstehen die sogenannten „Corona-Spaziergänge“ oder auch Montagsspaziergänge.

„Corona-Spaziergänge“ im Berchtesgadener Land: 77 Verfahren am Gericht

Doch schnell nehmen die unangemeldeten Demonstrationen überhand. Radikale instrumentalisieren die Zusammenkünfte. Viele Landkreise erlassen Allgemeinverfügungen, auch das Berchtesgadener Land. Versammlungen müssen angemeldet werden, Verstöße stellen eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit dar und können nach dem Bayerischen Versammlungsgesetz mit Freiheitsstrafe oder Geldbußen bis 3000 Euro bestraft werden.

Diese Ordnungswidrigkeiten beschäftigen jetzt das Amtsgericht Laufen. „Nach derzeitigem Stand waren insgesamt 124 Verfahren im Landratsamt anhängig, davon wurden bis dato 77 Verfahren an die Staatsanwaltschaft Traunstein abgegeben, da die Personen gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt haben“, erklärt Alexandra Rothenbuchner, Pressesprecherin des Landratsamts Berchtesgadener Land gegenüber BGLand24.de. Die meisten Verstöße seien im Januar und Februar 2022 registriert worden, als die jeweiligen Allgemeinverfügungen unangemeldete Corona-Spaziergänge untersagte.

„Auffallend hohe Anzahl“ an Verfahren aus dem Berchtesgadener Land

Die Staatsanwaltschaft Traunstein beurteilt wiederum die Verfahren, die die Landratsämter weiterleiten und schickt sie an die jeweils zuständigen Amtsgerichte. „Gegenstand der Verfahren sind im Regelfall Verstöße gegen das Abstandsgebot und die Maskenpflicht“, erklärt Oberstaatsanwalt Dr. Rainer Vietze.

Vietze hat bei dem Staatsanwalt nachgefragt, der diese Verfahren hauptsächlich bearbeitet. Im selben Zeitraum, als rund 70 bis 80 Verfahren aus dem Berchtesgadener Land bei der Staatsanwaltschaft eingingen und an das Amtsgericht Laufen geschickt wurden, waren es keine oder nur wenige für die anderen Amtsgerichte.

„Es wurden nur ein bis zwei Verfahren zu Verstößen gegen das Abstandsgebot oder die Maskenpflicht an das Amtsgericht Traunstein vorgelegt wurden und keine derartigen Verfahren an die Amtsgerichte Altötting, Mühldorf und Rosenheim“, so Vietze. „Da die Verfahren vereinzelt auch in anderen Dezernaten bearbeitet werden, handelt es sich dabei jedoch nicht um eine umfassende Auskunft für die Staatsanwaltschaft Traunstein. Man kann aber sagen, dass die 70 bis 80 Verfahren, die letzte Woche an das Amtsgericht Laufen vorgelegt wurden, eine auffallend hohe Anzahl darstellen im Vergleich zu den Vorwochen und auch im Vergleich zur Anzahl an den übrigen Amtsgerichten im Landgericht-Bezirk.“

Die Verfahren im Berchtesgadener Land seien der Staatsanwaltschaft Traunstein gesammelt geschickt worden. Daraus ergebe sich die hohe Zahl auf einmal, so Rothenbuchner. „Daneben wurden und werden regelmäßig weitere Verfahren mit ähnlichen Verstößen einzeln vorgelegt“, heißt es noch von Staatsanwalt Vietze.

Zusatzbelastung für Amtsgericht Laufen: Bei Gericht darf nichts „liegen bleiben“

2022 sind bisher rund 150 Verfahren mit Corona-Bezug am Amtsgericht Laufen eingegangen, erklärt Richterin Daniela Krammer. Davon kamen die 77 Verfahren, „die alle die sogenannten ‚Corona-Spaziergänge‘ zum Gegenstand haben oder Verstöße bei Partys betreffen“ zuletzt im Juni im Amtsgericht an.

Jetzt gilt es, die neuen Verfahren im Gerichtsalltag unterzubringen. „Die Zusatzbelastung durch die Verfahren ist vom Amtsgericht neben all den anderen Verfahren zu stemmen, zusätzliches Personal gibt es nicht“, so Krammer. Generell gelte das Beschleunigungsgebot. Damit dürfe bei Gericht eigentlich nichts „liegen bleiben“, jedoch müsse eine Priorisierung erfolgen.

„Hierbei sind die übrigen Verfahren in Einklang zu bringen, so dass gerade die Neueingänge von Juni 2022 nicht sofort verhandelt werden können“, so Krammer. Wie hoch die zusätzliche Belastung pro Tag für das Gericht sei, sei schwer zu beziffern. „Jedes Verfahren ist individuell zu betrachten und muss verhandelt werden, wenn nicht vorher der Einspruch zurückgenommen wird.“

Vor dem Amtsgericht Traunstein ist zuletzt eine Angeklagte freigesprochen worden. Die Grassauerin soll einen „Corona-Spaziergang“ geleitet haben.

ce

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