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„Selbstbestimmt leben“ auch nach Reha oder bei Long-Covid: Testwohnung in Freilassing fertig

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Von: Michael Hudelist

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Yvonne Rauner mit einem Temperatur- und Feuchtigkeitssensor. Die Werte können auch Angehörige mit Hilfe einer App ständig ablesen.
Yvonne Rauner mit einem Temperatur- und Feuchtigkeitssensor. Die Werte können auch Angehörige mit Hilfe einer App ständig ablesen. © hud

Die Technische Hochschule Rosenheim präsentierte am Freitag (1. Juli) stolz die nach Amerang zweite Musterwohnung für selbstbestimmtes Wohnen, im vierten Stock des Awo-Zentrums in der Münchener Straße in Freilassing. „Ziel des Projektes ‚Dein Haus 4.0‘ ist es, dass Menschen möglichst lange zuhause Wohnen können“, so Christina Koch von der TH Rosenheim – egal ob sie nach einem Unfall ein Handicap haben oder wegen Alter und Pflegebedürftigkeit überlegen in ein Seniorenheim zu wechseln. „Auch die Testwohnung hier in Freilassing haben wir so ausgestattet, dass ein Leben in den eigenen vier Wänden möglichst lange ermöglicht wird“. Nun sollen Reha-Patienten die Musterwohnung stundenweise testen können.

Freilassing – Vor allem im höheren Alter oder auch bei einer Pflegebedürftigkeit merken sowohl Betroffene als auch Angehörige, dass die eigenen vier Wände alles andere als behindertengerecht sind, heute sagt man Barrierefrei. Treppen, enge Türen und Räume werden da oft zu einem unüberwindbaren Hindernis.

Der Weg in ein Senioren- oder Pflegeheim ist damit vorgezeichnet, obwohl Betroffene aus medizinischer Sicht noch zuhause wohnen oder Reha-Patienten wieder nach Hause könnten. Die Forschungsgruppe der TH Rosenheim hat aber auch untersucht, welche Hilfsmittel zum Beispiel Menschen nach einer Rehabilitation brauchen, also zum Beispiel nach einem Schlaganfall oder einer Long-Covid-Erkrankung.

App-Warnungen an Angehörige

Eine üppige Sammlung an Hilfsmittel und technischer Assistenzsysteme zeigte die TH am Freitag den Besuchern in der Testwohnung. Das reicht vom Brotzeitbrett mit Zubereitungshilfe bis zum Kochbuch für Einhänder – vom elektrischen Dosenöffner bis zum Küchenschrankfach, das sich mit einem Handgriff aus dem Schrank nach unten ziehen lässt.

Yvonne Rauner von der TH Rosenheim zeigte auch zahlreiche Apps, mit denen sowohl Betroffene als auch die Angehörigen erinnert oder gewarnt werden: „Ein Temperatur- und Feuchtigkeitssensor erfasst die aktuelle Raumtemperatur und steuert diese, die Pillenfee kann mit allen notwendigen Tabletten gefüllt werden und erinnert über einen Alarm an die Einnahme“.

Andere Einrichtungsgegenstände wie spezielle Pflegebetten, eine Nachtbeleuchtung, Sturzsensoren in allen Räumen oder gar ein barrierefreier Umbau des Badezimmers sind finanziell naturgemäß aufwendig – vor allem in Altbauwohnungen, in Neubauwohnungen sind zumindest größere Badezimmer oder breitere Türen oft schon berücksichtigt.

Mögen alte Menschen „smarte“ Hilfen?

Bisher haben sich ausschließlich Expertengruppen mit der zweckmäßigen Ausstattung von Wohnungen befasst, nun soll der Praxistest folgen. „Patienten in einer Reha sollen stundenweise in die Wohnung kommen und alles testen“, so Koch, „also zum Beispiel wie kommen sie im Badezimmer zurecht, hilft die Aufstehhilfe auf der Couch und vieles mehr“.

Interessant wird dann allerdings in einem nächsten Schritt die Frage, ob auch ältere Menschen mit all den technischen, „neumodernen“ Einrichtungen zurechtkommen, es auch anwenden oder eher überfordert sind und sie ablehnen. Zahlreiche Apps sind allerdings vor allem für pflegende Angehörige interessant, zum Beispiel der Sturzsensor: Er meldet, wenn sich der Betroffene im Bett aufrichtet und offensichtlich aufstehen will, die Pflegekraft kann sofort reagieren.

Das Forschungsprojekt „Dein Haus 4.0“ ist vom Bayerischen Gesundheitsministerium bis 2024 genehmigt und wird mit rund 3,5 Millionen Euro gefördert, Ergebnisse sollen dann in Neubauvorhaben oder eben Adaptierungen von Altbauten einfließen.

hud

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