1. bgland24-de
  2. BGLand
  3. Rupertiwinkel
  4. Freilassing

Herzlos und heillos überfordert: Hund in Freilassing ausgesetzt und sich selbst überlassen

Erstellt:

Von: Melanie Fischer

Kommentare

Ein Hund, der vor dem Tierheim Freilassing ausgesetzt wurde.
Dieser Rüde wurde am 15. März vor dem Tierheim Freilassing ausgesetzt. © mf

Am Abend des 15. März saß er da: Ein herzloser Halter hatte den Hund in der Nähe des Tierheims in Freilassing - angebunden an eine Laterne - einfach ausgesetzt. Wer macht so etwas und wieso? Die Leiterin des Tierheims zum aktuellen Stand und wie es mit dem armen Vierbeiner nun weitergeht.

Freilassing – „Jetzt kann er sich erst mal ausruhen. Wer weiß, wie es ihm nach der Nacht draußen gegangen wäre“, erklärt Christine von Hake, die Leiterin des Tierheims in Freilassing im Gespräch mit BGLand24.de. Am Abend des 15. März wurde ein Nachbar auf den Minibullterrier aufmerksam, der alleine einige Meter vom Tierheim entfernt saß: angeleint an eine Straßenlaterne und offensichtlich ausgesetzt und sich selbst überlassen.

Der Hund sei in seiner Verunsicherung „nicht amüsiert“ gewesen, als der Hundepfleger des Tierheims sich ihm mit einem Gitter geschützt annäherte. Solche Aktionen seien häufig recht gefährlich, aber wenn man den Hund erst einmal an der Leine hat, ginge es leichter, so die Leiterin. So war es auch mit dem Rüden. Im Tierheim wurde zunächst sein Chip ausgelesen. Dieser war aber nicht registriert. „Das kommt sehr häufig vor. Viele wissen nicht, dass der Tierarzt den Hund chipt, aber man ihn selbst registrieren muss“, so von Hake. Über den Hersteller kann man jedoch immerhin herausfinden, wo diese Chips hingekommen sind. Das wäre der nächster Weg für das Tierheim gewesen, um den Halter zu ermitteln.

Der Vorbesitzer erkennt den Hund auf Facebook wieder

„Aber dann hat sich der Vorbesitzer bei uns gemeldet“, freut sich die Leiterin. - Facebook sei Dank. Denn der Beitrag über den ausgesetzten Vierbeiner machte schnell die Runde. Inzwischen wurde er über 1400 Mal geteilt. Der Vorbesitzer hatte den Hund nicht mehr halten können und in Österreich weitergegeben. Nun erkannte er ihn auf den Fotos wieder. „Er war am Telefon völlig am Ende, weil er sich das natürlich nicht so vorgestellt hat.“

Der vermeintliche Halter ist also ermittelt, nun liegt der Fall bei der Polizei. Einen Hund auszusetzen, ist verboten – auch vor einem Tierheim. Da Tiere rechtlich gesehen Sachen sind, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro bestraft werden kann. Erst kürzlich hatte sich ein ähnlicher Fall in Winhöring ereignet. Aber wer macht so etwas? Und warum?

Überforderung als Hauptursache

Grundsätzlich werden derzeit sehr viele Tiere abgegeben. Das Tierheim Freilassing ist - wie fast alle anderen auch – komplett voll bei so gut wie keiner Nachfrage. „Meist ist es eine vorgeschobene Allergie“, sagt die Leiterin über die Abgabegründe. „Viele sind finanziell überfordert. Die Leute sind wirklich in Not. Da ist zu Coronazeiten zu viel falsch gelaufen. Die Züchter haben produziert ohne Ende. Ich meine damit die privaten und die Vermehrer aus dem Ausland. Ein guter Züchter macht gute Arbeit, das ist auch in Ordnung. Aber wenn ich dann bei ebay Kleinanzeigen einen Mischling für 3000 Euro sehe, das geht einfach überhaupt nicht. Momentan läuft alles auf, was zu Corona schief ging. Die Tierarztkosten steigen, die Futterkosten steigen, die Lebenshaltungskosten steigen. Aber ich kann auch nicht immer nur bis morgen denken. Ein Hund lebt ca. 15 Jahre. Ich muss wissen, ob ich mir das auf Dauer leisten kann.“

Von Hake ist selbst Hundetrainerin und merkt auch, dass bei der Erziehung immer mehr gespart wird. „Damit wird es noch mal schwieriger. Dann ist die Schwelle, einen Hund abzugeben, viel niedriger als wenn man einen Hund hat, der mit einem als Partner durchs Leben geht.“

Der richtige Weg bei Überforderung wäre, dass man das Gespräch mit dem Tierheim, das für den Wohnsitz zuständig ist, sucht. Wenn kein Platz ist, muss man den Hund privat vermitteln. „An dem konkreten Fall sieht man jedoch, dass das auch total in die Hose gehen kann. Man muss sich die Abnehmer genau anschauen. Es gibt auch Vermittlungsverträge im Internet, die man sich runterladen kann. Das gewährleistet eine gewisse Absicherung“, erklärt von Hake.

Muss der Rüde zurück zum Besitzer?

Theoretisch wäre es möglich, dass der fünfjährige Hund wieder zurück zu seinem Halter muss. „Der verletzt die Fürsorgepflicht und kann den Hund dann wieder haben. Es kann einfach nicht sein, dass wir die Hunde aufpäppeln, Zeit investieren und dann kommen die Besitzer und bekommen einen gesunden Hund wieder. Wir schauen stündlich nach und machen und tun. Das geht schon sehr an die eigenen Grenzen“, empört sich von Hake verständlicherweise.

Ein Hund im Tierheim Freilassing
Der Vierbeiner ist noch etwas nervös, aber in einem guten Gesundheitszustand. © mf

Bevor der Besitzer jedoch die Unkosten nicht gezahlt hat, wird er den Hund nicht bekommen. Die Kosten sind in so einem Fall beträchtlich. Da wären zum einen die täglichen Quarantänekosten. Dann muss, solange kein Impfpass vorliegt, der Hund komplett neu geimpft werden und mehrfach zum Tierarzt. Die Leiterin tut sich schwer, konkrete Zahlen zu nennen, rechnet aber mit etwa 1500 bis 2000 Euro. Sie denkt daher nicht, dass der Halter den Hund zurück haben wollen wird.

Wie geht es mit dem Vierbeiner weiter?

Zunächst muss der Rüde durch die Quarantäne. Auch wird das Tierheim die Rückmeldung der Polizei abwarten. Nach den eventuell nötigen Impfungen kann er dann wohl vermittelt werden. Ein Minibullterrier ist kein Listenhund. Wäre er größer, dürfte er als Kampfhund nicht in Bayern vermittelt werden. In so einem Fall weicht dann das Tierheim zur Vermittlung in ein anderes Bundesland oder nach Österreich aus. Für den kleinen Vierbeiner bleibt zu hoffen, dass er ein liebevolles Zuhause findet und er das Schlimme, das ihm zugestoßen ist, bald vergessen kann.

mf

Auch interessant

Kommentare