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Bilanz zum 9-Euro-Ticket – Einfachheit begeistert auch Busunternehmer aus Freilassing

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Von: Michael Hudelist

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Mit allem, was Räder hat, war auch Thomas Richter die letzten drei Monate unterwegs
Busunternehmer Thomas Richter © Michael Hudelist

Geradezu begeistert - trotz anfänglicher Skepsis - bilanziert nun auch Busunternehmer Thomas Richter das 9-Euro-Ticket nach dem Auslaufen am Mittwoch. Es habe auf allen Linien eine Steigerung der Fahrgastzahlen von rund fünf Prozent gegeben, „aber noch mehr begeistert mich die Vereinfachung im Tarifdschungel, also einmal eine Karte gekauft und überall fahren können“. Das habe die Fahrer aber nur teilweise entlastet, denn durch viele neue, ungeübte Fahrgäste sei der Infobedarf zum Teil sehr hoch gewesen.

Freilassing – „Wenn jemand mal den falschen Bus erwischt hat, war das beim Preis von 9 Euro pro Monat fast egal.“ Einzig bei der Mitnahme von Hunden gab es oft Diskussionen. Für die galt das 9-Euro-Ticket nicht: „Also hier musste das normale Tagesticket her und die Frage geklärt werden, ist der Hund leichter oder schwerer als 10 kg.“ Das günstige Monatsticket habe viele zum ersten Mal oder nach langer Zeit wieder in die Busse gebracht. „Entsprechend viele Fragen gab es an die Fahrer. Zum Beispiel beim Umsteigen in Berchtesgaden, ‚Wo steht der Anschlussbus?‘, ‚Wann geht der letzte Bus zurück nach Freilassing?‘ und vieles mehr. Also Fragen, die ein geübter Pendler nicht stellt.“ Er selbst sei oft als Fahrer für den Schienenersatzverkehr nach Berchtesgaden eingesprungen, „wegen des Personalmangels sind ohnehin alle Lenker an der Belastungsgrenze und dann ist man noch eine Art fahrende Touristeninfo geworden“. 

BGL und Salzburg gratis

Für BGL-Bewohner war vor allem die Kombination aus dem 9-Euro-Ticket und dem Gratis-Bus- und Bahnfahren an Freitagen im Bundesland Salzburg interessant. „Wir hatten da im 24-er Bus nach Salzburg ein völlig gemischtes Publikum, ganze Gruppen hatten da plötzlich den Drang Neues zu sehen, nicht nur Senioren“, so Richter. Auf seinen Linien habe sich der Ansturm in Grenzen gehalten, aber in ganz Deutschland habe man schon gesehen, dass vor allem touristische Buslinien, die schon vorher stark beansprucht waren, einen Ansturm erlebt hätten. „Also in Berchtesgaden habe ich zum Beispiel Leute aus Rosenheim gesehen, die früher weder aus Rosenheim rauskamen, noch mit dem Bus gefahren sind“. Und bei einem so günstigen Ticket gab es dann auch wenig Murren und Klagen, wenn ein Bus mal voll war und Kunden eine Stunde auf den nächsten Bus warten mussten. 

Studien zeigen inzwischen, dass nur wenige Autofahrer außerhalb der Ballungszentren durch das 9-Euro-Ticket tatsächlich auf Busse und Bahnen umgestiegen sind. Es soll sogar Bahnfahrer gegeben haben, die wegen übervoller Züge wieder auf das Auto umgestiegen sind. „Bei uns am Land wird eine Familie, die wegen der Arbeit zwei Autos hat, auch weiterhin zwei Autos brauchen, weil das Angebot an öffentlichem Verkehr einfach nicht passt“. 

Wer zahlt Differenz?

Als Teil des zweiten Entlastungspakets hat die Bundesregierung rund 2,5 Milliarden Euro für das 9-Euro-Ticket für drei Monate in die Hand genommen. Ist bei Thomas Richter davon schon etwas angekommen? „Die Auftraggeber, also in der Regel Regierung von Oberbayern, Landkreise und Städte, sind immer noch überfordert. Also wenn ich statt 60 Euro für eine Monatskarte jetzt nur 9 Euro bekomme ist doch die Frage, wer zahlt mir die Differenz von 51 Euro?“, fragt Richter. Dazu gebe es mittlerweile fünf geänderte Verordnungen des Bundes. „Wir Busunternehmer wissen nur ansatzweise, wer das am Ende bezahlen wird“. Bisher habe es nur Anschub-Finanzierungen gegeben, wobei eine Mischung aus Corona-Hilfen, 9-Euro-Ticket Abgeltung und Energiekostenzuschuss ankommt. Bei den geänderten Verordnungen sind immer wieder Fallen eingebaut, eine neue Bestimmung hebt plötzlich eine alte wieder auf. „Beim Auszahlen sind alle Stellen sehr, sehr langsam, nur beim Rückfordern von Leistungen sind sie sehr schnell“. Richters Meinung nach sind auch die zuständigen Behörden am personellen Limit. 

Klimaticket Salzburg als Vorbild

Dass die Bundesregierung nun doch über eine weiteres, ähnliches Billig-Ticket nachdenkt, begrüßt der Freilassinger Busunternehmer. „Aber warum kleckern, wenn, dann klotzen.“ Sein Vorbild ist das Klima-Ticket für das Bundesland Salzburg. „Für einen Euro pro Tag können hier alle Busse und Bahnlinien im Bundesland genutzt werden“, also für 365 Euro. Das Österreichweit geltende Klima-Ticket kostet übrigens 1095 Euro. „Natürlich kostet so ein Ticket dem Staat Geld, aber auf der anderen Seite würde man sich Millionen Euro sparen für die Organisation der unterschiedlichen Tarife und Diskussionen darüber“. Statt ewig über Tarifverbände zu verhandeln, könnte man sich auf die Verdichtung oder auf neue Linien konzentrieren, das schließe auch Mobilität bei Bedarf ein, also sogenannten Ruf-Busse. 

hud

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