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Millionen-Projekt Reiter Alm: Die Pläne der Investoren und welche Hürden zu nehmen sind

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Von: Christina Eisenberger

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Ainring Rehaklinik Reiter Alm
Wie wird die Zukunft der Reiter Alm aussehen? Die Familie Brüderl stellte am Mittwoch (26. Januar) den Bürgern in Ainring das Projekt psychosomatische Rehaklinik vor. © ce

Statt Wellness-Hotel mit Restaurant jetzt Rehaklinik: Ein heimisches Familienunternehmen will die Reiter Alm in Ainring umfunktionieren und erweitern. Wie das Projekt aussehen soll und warum Ainring für das Vorhaben „brennt“, hat die Firma nun zusammen mit der Gemeinde vorgestellt.

Ainring - Wie sehr eine mögliche psychosomatische Rehaklinik auf der Reiter Alm am Högl in Ainring die Bürger beschäftigt, zeigte der Infoabend am Mittwoch (25. Januar) im Haus der Kultur. Bei prall gefülltem Saal lauschten rund 100 Interessierte dem Vortrag der Gemeinde und der Investoren - der Familie Brüderl aus Traunreut. Und stellten interessiert Fragen zu dem millionenschweren Projekt.

Reiter Alm Ainring Bürgerinfoveranstaltung
Knapp 100 Bürger lauschten am Mittwoch (25. Januar) der Vorstellung des Projekts Rehaklinik Reiter Alm. © ce

Statt Chaletdorf oder Wohnungen: Brüderl-Projekt Reha-Klinik Reiter Alm

Klar ist: Das Projekt steht am Anfang. Die Gemeinde hat den Investoren Brüderl nichts versprochen, steht aber grundsätzlich hinter dem Vorhaben. Bürgermeister Martin Öttl und Bauamtsleiter Thomas Fuchs „brennen“ für die psychosomatische Klinik auf der Reiter Alm. Es sei das verträglichste Vorhaben, das sich die Gemeinde an der Stelle denken könne, so Fuchs. Andere Investoren aus Frankreich wollten etwa ein ganzes Chaletdorf bauen. Auch Öttl will keine 60 Wohnungen anstelle der Reiter Alm. „Dieses Konzept ist eine maßvolle Alternative“, so Fuchs.

Reiter Alm Ainring Wellnesshotel
Die Reiter Alm - derzeit noch ein Wellnesshotel mit Restaurant. © ce

Fachklinik für Psychotherapie und Psychosomatik: Das Bauvorhaben

Das Haupthaus der Reiter Alm bleibt im Bestand erhalten, diverse kleinere Schwarzbauten werden abgerissen. Neu gebaut wird eine Tiefgarage und ein dreigeschossiges Bettenhaus. Darin kommen auf drei Stationen mit insgesamt 81 Zimmern die Patienten unter. Gruppen-, Therapie- und Sozialräume entstehen ebenfalls. Die Neubauten werden nicht höher gebaut als die Bestandsgebäude. Die Außenfassade wird dem Bestand angepasst. Vor den Bauten werden Bäume gepflanzt, die Fläche begrünt.

Reiter Alm Ainring Planung
So soll die Rehaklinik Reiter Alm aussehen: Das Hauptgebäude bleibt im Bestand erhalten. Neu dazu kommt ein Bettenhaus und eine Tiefgarage. © Gemeinde Ainring/Firma Brüderl

Möglich ist auch ein späterer Erweiterungsbau für eine Kinder- und Jugendstation. Erhöht - über den Hauptgebäuden - bleibt der dortige Ansitz erhalten. Hier sollen die Assistenzärzte wohnen können. Das Gelände wird nicht abgesperrt und ist frei zugänglich. Somit auch die Kapelle sowie mögliche Sitzmöglichkeiten.

Im Bestand entsteht die Gastronomie, eine Lehrküche, diverse Therapieräume, Verwaltungs- und Personalbereiche, eine Apotheke sowie ein Labor, Ärztezimmer und ein kleiner Saunabereich für die Wärmetherapie. Insgesamt entstehen rund 60 bis 75 Arbeitsplätze.

Behandlung, Forschung und Lehre: Das Konzept der Klinik Reiter Alm

Die Klinik auf der Reiter Alm soll künftig sowohl eine stationäre Therapie für die Patienten als auch eine mögliche ambulante Versorgung - in Form eines Kassenarztes - für die Bevölkerung in der Umgebung bieten. In der Klinik werden keine schwereren Formen psychischer Erkrankungen, etwa Schizophrenie, behandelt. Stattdessen stehen Burn out, Depressionen, Trauer, Long Covid, Schlafstörungen oder etwa Angst- und Zwangserkrankungen im Fokus. Der Standort soll ein Lehrbetrieb und eine Forschungsstelle werden. Dabei spielt auch die Nähe zu Salzburg, den dortigen Universitäten und ihren Instituten im Bereich der Psychiatrie, Psychosomatik und Psychologie eine große Rolle.

Zurück in ein normales Leben: Familie Brüderl will die Klinik entwickeln, bauen und betreiben

Die Familie Brüderl aus Traunreut betreiben seit den 50ern ein Familienunternehmen. Ursprünglich nur eine Schreinerei, hat die Familie mit der Zeit das Unternehmen um den Bereich der Projektentwicklung und Architektur erweitert. „Wir suchen nach Ideen, die Zukunft haben, und setzen diese um“, so der Senior der Familie, Schorsch Brüderl. Die Klinik auf der Reiter Alm wollen sie in Zusammenarbeit mit einem Expertenteam im Bereich der Psychotherapie und Psychothematik entwickeln, bauen und auch betreiben. „Wir schleichen uns nicht einfach davon“, so Schorsch Brüderl.

Georg Brüderl, Dr. Bachler, Schorsch und Benedikt Brüderl (v.l.) beim Vortrag im Haus der Kultur in Ainring.
Georg Brüderl, Dr. Bachler, Schorsch und Benedikt Brüderl (v.l.) beim Vortrag im Haus der Kultur in Ainring. © ce

Die Brüderls beobachten seit Jahren in der Familie, im Freundeskreis und auch in den eigenen Unternehmen, wie Menschen durch psychische Erkrankungen „unter die Räder“ kommen. „Wir haben uns schon vor Jahren dazu entschlossen, das Thema Psychosomatik gesellschaftsfähig zu machen“, so Schorsch Brüderl. Betroffene sollen schnell eine adäquate Versorgung bekommen können. „Das ist unser Antrieb für die Reiter Alm. Wir praktizieren es auch schon bei unseren Mitarbeitern. Die waren alle nach sechs bis acht Wochen wieder da und haben zurückgefunden in das normale Leben.“

Psychische Erkrankungen: Die Hintergründe

Dr. Egon Bachler aus Siegsdorf, selbst Psychotherapeut in Traunstein, begleitet den Aufbau der Klinik Reiter Alm. Knapp 28 Prozent der weltweiten Bevölkerung hat eine psychische Erkrankung, so Bachler. Viele davon im Alter zwischen 25 und 55 Jahren. Und nicht einmal 16 Prozent der Deutschen, die eine psychische Erkrankung haben, werden versorgt. Die Wartezeiten auf einen Reha-Platz sind hoch, die Versorgungslücken groß. Benedikt Brüderl nennt etwa aktuelle Beispiele aus Firmen, bei denen Menschen mit einer diagnostizierten Depression 12 bis 14 Monate auf eine Reha warten.

„Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund für Frühverrentung und Berufsunfähigkeit“, so Bachler. Neben den extremen volkswirtschaftlichen und gesundheitspolitischen Folgen sind psychische Erkrankungen „mit großem persönlichen und auch familiären Leid und Belastungen verbunden. Wir sprechen bei psychischen Erkrankungen vom Verlust von zwei bis 20 Lebensjahren, die individuell bei den Menschen verloren gehen. Da spielen nicht nur Selbsttötungen eine Rolle. Psychische Erkrankungen treten gemeinsam mit anderen Erkrankungen auf, chronifizieren sich und bleiben dann für die Menschen mit großen Einschränkungen der Lebensqualität verbunden“.

Kann eine Rehaklinik Reiter Alm rein rechtlich entstehen?

Die Reiter Alm liegt laut dem Baugesetz im Außenbereich, erklärt Ainrings Bauamtsleiter Fuchs. Hier sind nur wenige Vorhaben zulässig; deswegen wäre ein vorhabenbezogener Bebauungsplan notwendig. Sprich: Die Gemeinde genehmigt ein konkretes Vorhaben. Damit darf nur die Klinik entstehen. „Bis zur Fassadengestaltung kann man da alles festlegen“, so Fuchs. Ein Gestaltungsbeirat der Gemeinde spricht bei den Planungen mit.

Bebauungsplanverfahren
Der Aufstellungsbeschluss steht. Damit steht das Projekt Rehaklinik Reiter Alm noch ganz am Anfang. © Gemeinde Ainring

Außerdem müssen die Investoren Brüderl das Projekt in einem festgesetzten Zeitrahmen umsetzen, ansonsten hebt die Gemeinde das Baurecht wieder auf. Die Kosten für Planung oder etwa die Erschließung trägt der Investor. Einen Bebauungsplan aufzustellen bedeutet auch, dass die Öffentlichkeit und die Behörden - bei der Reiter Alm rund 50 öffentliche Stellen - am Verfahren beteiligt werden. Auch Bürger können Einwände gegen das Projekt einreichen.

Um zu klären, ob die Reha Klinik auf der Reiter Alm überhaupt umsetzbar ist, sind mehrere Gutachten notwendig. Verkehr, Natur- und Artenschutz, Immissionsschutz - insbesondere Gerüche und Lärm, Niederschlag und Sturzfluten sowie ein geologisches Gutachten müssen vorliegen.

ce

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