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Frühjahrs-Skitouren: „Nicht bei jedem Wetter auf den Berg“

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Von: Marina Birkhof

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Skitouren im Frühjahr
Skitouren im Frühjahr sind eine reizvolle Mischung aus Schneesport und wärmender Märzsonne - doch eine sichere Tour benötigt auch Erfahrung am Berg. © DAV/Klaus Listl

Gerade im Frühjahr gibt es trügerische Gefahrensituationen im alpinen Gelände. Was für eine Frühjahrs-Skitour unabdingbar ist und welche Aspekte Alpinisten jetzt beachten müssen, weiß Bergführer Michael Holzner von der Bergwachtregion Chiemgau.

Inzell/Kreis Traunstein/Berchtesgadener Land - Es ist Ende März, in Inzell haben sich anfängliche Regenfälle in Schnee verwandelt, die Temperaturen liegen knapp über dem Gefrierpunkt, immer wieder spitzt die Sonne durch die Wolken.

Das Frühjahr ist die Zeit der Gegensätze

Es handelt sich nicht mehr um den März, den wir von früher kennen“, erklärt Michael Holzner. Die Saison habe sich verändert, sie sei kürzer geworden und der März daher schon eher wie der April anzusehen.

Holzner ist stellvertretender Regionalleiter der Bergwachtregion Chiemgau und kennt das alpine Gelände im Landkreis Traunstein und dem Berchtesgadener Land. Auch er weiß: Frühjahrs-Skitouren haben ihren Reiz und machen Spaß. Doch er weiß auch, dass das Frühjahr die Zeit der Gegensätze ist.

„Die Tage sind deutlich länger und die Sonne hat bereits Kraft. An Stellen, an denen die Sonne wirkt, wird es entsprechend warm und der Schnee butterweich. Hier besteht die Gefahr, dass die Tourengeher absumpfen und sich Lawinen bilden. Gleichzeitig stehen Hindernisse heraus wie Steine oder Felsen - wer da dagegen knallt, für den kann die Tour schnell fatal enden.“

An schattigen Plätzen hingegen könne es „bockhart“ sein, sodass Abstürze wahrscheinlicher werden: „Wer bei 30 Grad Steilhang wegrutscht, kann sich nämlich nicht mehr abfangen“, warnt der Bergführer. Da zählen die Bergwachtler „leider jedes Jahr“ einzelne Fälle.

Einsätze am Berg: „Ein Auf und Ab - je nach Saison“

Diesen Winter sei es erfreulicherweise mit „nicht ganz so vielen Einsätzen verhältnismäßig ruhig“ gewesen. Lawineneinsätze nach größeren Abgängen aber seien auch heuer nicht ausgeblieben.

„Wir werden immer wieder gefragt, ob mehr passiert als früher. Das kann ich verneinen. Wir müssen ja auch betrachten, wie viele Leute im Gebirge unterwegs sind. Im Verhältnis gesehen passiert nicht recht viel mehr. Es ist eher ein Auf und Ab - je nach Saison.

Insgesamt, so bilanziert Holnzer, sei es jedoch ein „komischer Winter“ gewesen: „Zuerst hat es nicht geschneit, über Weihnachten war überhaupt kein Schnee, Lifte trotz Kunstschnee geschlossen. Im neuen Jahr ging das Skifahren ab einer bestimmten Höhenlagen wieder recht gut. Da es allerdings immer wieder aufs Neue draufgeschneit hat, gestaltete sich der Schneedeckenaufbau tückisch und sehr trügerisch.“

Neuschnee in den Monaten März und April sei auch für erfahrene Alpinisten nicht zu unterschätzen: „Es hat bis oben raufgeregnet, dann war die Sonne drin und jetzt liegt wieder Schnee. Diese Wetterkapriolen sind normal im Frühjahr. Natürlich muss die örtliche Lawinengefahr berücksichtigt werden, denn die kann von Region zu Region sehr unterschiedlich ausfallen.“

Gesunde Selbsteinschätzung am Berg das A und O

Diese Aspekte müssten laut Holzner in eine umfassende und überlegte Tourenplanung einfließen. Unabdingbar eine angepasste Ausrüstung mit Harscheisen, Steigeisen oder Pickel, die das Gehen wesentlich sicherer machen und ein Abrutschen verhindern können.

Essentiell sei darüber hinaus eine gesunde Einschätzung seiner eigenen Erfahrung und des Könnens. Denn unglücklich laufen könne es immer und Fehler passieren den Erfahrensten: Eine hundertprozentige Sicherheit gebe es im alpinen Gelände nicht, das hätten zuletzt Einsätze mit traurigem Ausgang am Hochkalter gezeigt.

Umso wichtiger sei es Holzner zufolge, sich selbst am Berg kritisch zu betrachten: „Gute Kondition bedeutet nicht gleich gute Erfahrung. Und: Man muss nicht bei jedem Wetter auf den Berg und auf Tour sein.“

Bergtouren im Alleingang oder lieber in der Gruppe?

„Ich gehe selbst wahnsinnig gerne alleine ins alpine Gelände“, betont Holzner. „Alleingänger sind nicht automatisch schlechter dran. Dem Tourengeher aber muss bewusst sein, dass er am Berg dann auch wirklich auf sich alleine gestellt ist.“

In der Gruppe können Meinungen ausgetauscht werden, wie einzelne Situationen von anderen eingeschätzt werden. Eine gewisse Gruppendynamik aber könne auch rasch zu Fehltritten führen.

Summa summarum: „Beides hat seinen Reiz. Die Hauptsache ist, mit Verstand, guter Ausrüstung und überlegter Routenwahl im Frühjahr an die Sache ranzugehen - und in erster Linie mit der richtigen Selbsteinschätzung.“

mb

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