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SPD-Landtagsvizepräsident Rinderspacher lässt kein gutes Haar an Söder und Co. in Schönau

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Von: Kilian Pfeiffer

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Am Politischen Mittwoch zu Gast in Schönau am Königssee: Markus Rinderspacher, Vizepräsident des Bayerischen Landtags von der SPD. © Kilian Pfeiffer

Am Politischen Aschermittwoch sind die Genossen ganz unter sich: Die Selbstlob-Sause ist im Gasthaus Unterstein in vollem Gang, Völkerverständigung unter parteipolitischen Gleichgesinnten: Markus Rinderspacher von der SPD ist erschienen, Vizepräsident des Bayerischen Landtags. Er sehne sich nach Seehofer als Ministerpräsident, wahlweise nach Stoiber (beide CSU), sagt er, natürlich scherzhaft. Denn: „Söder bringt einfach nichts zustande, er sollte die Klappe nicht so weit aufreißen“. 

Schönau am Königssee – Die 50 Minuten Redezeit hat Markus Rinderspacher gut gefüllt. Rhetorisch gesehen liegt der ehemalige Pressesprecher der Münchner SPD im oberen Drittel. In der Politik ist das Wort das Werkzeug. Rinderspacher redet ohne Pause. In der knappen Stunde hat er einen Rundumschlag vollführt, den Rechten den Kampf angesagt. Er hat eine Reise in die Vergangenheit unternommen, all die roten Kanzler und Verteidigungsminister gelobt. Er hat die Erfolge der rot-grünen Regierung über alle Maßen gefeiert, die Wohngelderhöhung, die Kindergelderhöhung, die Bafögerhöhung. Die Renten wurden nach oben hin angepasst, die Gaspreisbremse eingeführt, der Mindestlohn liegt jetzt bei 12 Euro, in Bayern müsste dieser eigentlich noch höher liegen. „Eine großartige Leistung“, schwärmt er. Sein Lob gilt ausschließlich der Bundespolitik. „Wir sind gefordert, das in Bayern nachzumachen“, sagt Rinderspacher. Das Ziel ist klar: der 8. Oktober. Dann sind Landtagswahlen in Bayern. Markus Rinderspacher rechnet sich Chancen aus. „Wenn die SPD in Regierungsverantwortung kommt, stärken wir die Kommunen“, sagt er. 

Der Wahlkampf hat spätestens am Politischen Aschermittwoch volle Fahrt aufgenommen. Man muss großes Selbstbewusstsein mitbringen, um die Lobhudelei auf sich und seine Partei über die Lippen zu kriegen. Dabei ist es gleichgültig, welcher Partei man angehörig ist. An diesem Tag nehmen die Egos politischer Akteure riesenhafte Dimension an. Gegen Mittag hatte bereits Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in Passau die Regierung als „die schlechteste Bundesregierung, die Deutschland je hatte“, bezeichnet. Rinderspacher sagt das Gegenteil. 

„Was macht eigentlich die bayerische Staatsregierung überhaupt?“, fragt Rinderspacher in die Runde. Sein Urteil: nicht viel. Der Freistaat baue keine Wohnungen, er tue nichts für das soziale Gefüge, die Kommunen würden geschröpft, der Ausbau der Erneuerbaren Energien verschlafen. „Der Fachkräftemangel ist in der Regierung am größten“, sagt Rinderspacher. Punkt. Applaus und Jubel unter den Zuhörern. 

„Die Demokratie steht unter Druck.“

Der Politische Aschermittwoch wirkt heutzutage wie ein Anachronismus. Es sind große Worte in gefilterten Blasen Gleichgesinnter. Man feiert sich und die Partei. Der Mehrwert der Veranstaltungen: übersichtlich. Trotzdem sagt Rinderspacher Sätze wie diesen: „Ich wünsche mir zwischen den demokratischen Parteien weniger Gedöns und weniger Krawall.“ 

Themenwechsel: Anders als Söder hat Rinderspacher den Ukrainekrieg zu seinem Thema gemacht. „Die Demokratie steht unter Druck“, sagt er. Bei Putins Angriffskrieg auf das Nachbarland seien „Täter und Opfer glasklar“ zu benennen. Das Festhalten an der Solidarität zur Ukraine sei der einzige richtige Weg. Kriegspartei dürfe Deutschland niemals werden. „Morgen fahre ich wieder in die Ukraine“, kündigt der Vizepräsident des Bayerischen Landtags an. Es ist sein fünfter organisierter Hilfstransport. Er hat einen Zahnarzt aus Benediktbeuern gefunden, der seine gesamte Praxis spenden will.

Rinderspacher zeigt am Politischen Aschermittwoch klare Kante gegen Rechts. „Wir haben überall verteilt Faschisten sitzen. Wir müssen alles daran setzen, die Rechtsradikalen aus unseren Parlamenten rauszukärchern“, sagt er. Es ist ein Fingerzeig auf die AfD, „ein Aufstehen gegen Rechts“, so Rinderspacher. 

Söder als Standortrisiko für Wirtschaftsstandort Bayern

Den Wohlstand im Lande wolle die SPD erhalten. Söder bezeichnet er als „Standortrisiko für den bayerischen Wirtschaftsstandort.“ Denn: Der Strombedarf werde steigen. Und die Regierung? „Die tut zu wenig in Sachen Energieausbau.“ Hunderte Milliarden Euro seien dafür vonnöten. „Machen, statt södern“, fordert Markus Rinderspacher. Der Freistaat könne sich diese Regierung nicht mehr leisten.

Die Sicherung des Wohlstands des Landes kommt aus dem Ausland: Dem Zuzug von Menschen „müssen wir gefällig“ begegnen, findet Rinderspacher. „Die Deutschen bekommen zu wenig Kinder, aber wir brauchen die Leute für unseren Wirtschaftsstandort“, sagt er. Wenn deutlich mehr Menschen in Ruhestand gehen als von der Schule in das Arbeitsleben starten, „dann braucht man nicht Adam Riese sein, um zu verstehen, dass das nicht hinhaut“. Ohne massiven Zuzug werde der Fachkräftemangel in zehn Jahren bei einer Million Menschen liegen, sagt Rinderspacher. 

Weniger monarchengleich - mehr Butter aufs Brot

Den Kommunen sagte Rinderspacher Unterstützung zu: „Mehr Butter aufs Brot“ müssten sie erhalten. „Die Verantwortungsträger sollten sich weniger häufig monarchengleich auf Selfies ablichten“ - sondern handeln. Die Verbundquote in Bayern ist mit 12,75 Prozent so gering wie nirgendwo. Die Verbundquote ist jener Prozentanteil, den das Land aus seinem Steueraufkommen für den kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung stellt. Das Wahlkampfgetöse kam nun zu seinem Ende: „Wir als SPD haben Lust auf Wahlkampf“, sagte Markus Rinderspacher. Es brauche eine starke SPD, um das Auseinanderdriften von Arm und Reich zu stoppen. 

Ein „rhetorisches Feuerwerk“ sei der Vortrag gewesen, attestierte zum Schluss Hans Metzenleitner, Vorsitzender der SPD Berchtesgadener-Land-Süd. „Der Vortrag war wie ein Jungbrunnen.“ 

kp

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