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100 weitere Flüchtlinge für Schönau am Königssee: „Können das nicht mehr leisten“

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Von: Kilian Pfeiffer

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Bürgermeister Hannes Rasp
Bürgermeister Hannes Rasp. © kp

Für die Tourismusgemeinde Schönau am Königssee ist es eine Herausforderung, der man sich nicht gewachsen sieht: 100 afghanische Männer sollen in das ehemalige Ferienwohnheim Schapbachhof einziehen. Bürgermeister und Gemeinderäte wollten das verhindern.

Schönau am Königssee – „Nicht, weil wir gegen Ausländer wären, sondern weil wir uns nicht mehr in der Lage sehen zu handeln”, sagt Bürgermeister Hannes Rasp. Schönau am Königssee hat 5500 Einwohner. 100 Asylbewerber leben hier, 100 Flüchtlinge kamen vergangenes Jahr - und nun reisen weitere 100 afghanische Ortskräfte an. Im Gemeinderat von Schönau am Königssee herrscht betretenes Schweigen. Die Diskussion zum Thema wurde auf Wunsch eines Lokalpolitikers ausgesetzt. Gemeinderat Beppo Maltan hatte Sorge, im Eifer des Gefechts etwas Falsches zu sagen. “Ich muss mich darauf gut vorbereiten”, sagt er.

Bürgermeister Hannes Rasp sieht sich mit seinem Latein am Ende. “Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht”, sagt er. Rasp wollte die Entscheidung abwenden, dass sein Ort ausgewählt wird. Er habe unzählige Telefonate geführt, “heute noch mit dem Innenminister”, sagt er. Mit dem Regierungspräsidenten hat er mehrfach gesprochen. “Mit allen möglichen Stellen.” Gebracht hat all das nichts. “Ich weiß nicht mehr weiter.”

Die Regierung von Oberbayern hat ein Objekt angemietet, das über Jahre ein Ferienwohnheim war. Der Vermieter ist der Landkreis Schwäbisch Hall, in dessen Eigentum sich das große Haus in Schönau am Königssee befindet. Über die Nutzung des Schapbachhofes mit 168 Betten als Übergangswohnheim, wie es offiziell heißt, war Bürgermeister Hannes Rasp zwar früh informiert worden. Die Gemeinde hat sich bereits im Herbst vergangenen Jahres gegen die neue Nutzung ausgesprochen. 

Bürgermeister fordert „Zuzug in Maßen, nicht in Massen“

“Wir waren immer offen, Leute aufzunehmen”, sagt Hannes Rasp. “Aber nur solange es funktioniert und solange eine Integration möglich ist. Ein Zuzug in Maßen, nicht in Massen”, sagt er. Es gibt mehrere Schriftstücke aus der Vergangenheit, in denen Rasp bereits Sorgen und Nöte bekundet: “Wir wollten schon damals eine schriftliche Bestätigung von Landratsamt und Regierung, dass nicht mehr Leute kommen als wir verkraften”, sagt er. 

Die Gemeinde Schönau am Königssee ist im Verhältnis zu ihren Einwohnern Spitzenreiter im Landkreis Berchtesgadener Land, was die Anzahl und die Zuweisung von Menschen aus dem Ausland betrifft. 

Mit der Unterschrift, dass der Schapbachhof nun ein Übergangswohnheim wird, ist für Hannes Rasp ein Punkt erreicht, der die kleine Gemeinde ans Limit bringt. Der Schapbachhof liegt entfernt vom Ortskern. Gemeinderat Thomas Janzen bezeichnet die Einrichtung als “Einödhof in der Prärie”. Die nächste Bushaltestelle erreicht man in 1,3 Kilometern zu Fuß. Es gibt keine Straßenbeleuchtung. Fernab vom Schuss seien die Leute, die dort einziehen sollen, sagt der Bürgermeister. Es fehlt an Personal, das sich um die Neuankömmlinge kümmern kann. “Integration muss aber gelingen”, sagt Rasp. 

Die für den Schapbachhof angedachten afghanischen Ortskräfte genießen einen besonderen Rechtsstatus in Deutschland. In der Vergangenheit haben sie im eigenen Land mit der Bundeswehr zusammengearbeitet. Bei den Ortskräften handelt es sich nicht um Asylbewerber: Im Gegensatz zu Asylsuchenden reisen sie mit Aufenthaltserlaubnis ein, mit der sie “jederzeit eine Arbeitsstelle annehmen” könnten, heißt es bei der Regierung von Oberbayern. Ebenso dürfen sie eine Privatwohnung beziehen, wenn ihnen eine solche angeboten wird. Die ehemaligen Ortskräfte seien vor der Einreise “sicherheitsüberprüft” worden. 

Rasp wirft Regierung Wortbruch vor

Bürgermeister Rasp wirft der Regierung Wortbruch vor: “Ich habe kein Verständnis, dass sie sich nicht an ihre Zusage von einst hält”, sagt er - und fügt an: “Müssen es hundert Leute sein?” Rasp hat Sorge: Kritik richtet er daher an die Regierung, “die jeden willkommen heißt, ohne klares Konzept” und ohne Rücksicht auf die sowieso schon überforderten kleinen Gemeinden, so Rasp. “Vor Ort ist es nicht mehr leistbar, sich um alle zu kümmern”, sagt er.

Es ist ein heikles Feld, auf das er sich begibt. Rasp schlägt in dieselbe Kerbe, die vor ihm schon einige Politiker der Region beackert hatten: fehlender Wohnraum, fehlende Integration, zu viele Menschen, um die sich keiner mehr kümmern könne.

Rasp sagt, das Übergangswohnheim soll ein Jahr bestehen bleiben. Das habe ihm der Vermieter, der Landkreis Schwäbisch Hall, mitgeteilt. Von der Regierung von Oberbayern wurde ihm zugesichert: Maximal zwei Jahre würden die Gäste bleiben. Rasp glaubt das nicht. In seiner Gemeinde regt sich Widerstand. Der Bürgermeister befürchtet, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippen könnte. Noch in diesem Monat sollen die afghanischen Ortskräfte anreisen. 

kp

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