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Johann Höglauer plant kilometerlange Abwasserleitung, die auf dem Grund des Königssees verlegt wird

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Von: Kilian Pfeiffer

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Ingenieur Johann Höglauer plant die finale Leitung, die im Herbst verlegt werden soll.
Ingenieur Johann Höglauer plant die finale Leitung, die im Herbst verlegt werden soll. © kp

Sobald im Herbst die neue Abwasser-Seeleitung auf dem Grund des Königssees nach St. Bartholomä liegt, wird sich zeigen, ob die Planung von Johann Höglauer vom Ingenieurbüro Dippold und Gerold aus Germering aufgegangen ist. Seeleitungen in bayerischen Seen “sind eine Besonderheit”, sagt er. Ein Abwasserleck wie zu Beginn des Jahres auf dem Gebiet des Nationalparks soll es nicht mehr geben.

Schönau am Königssee - Der Plan, den Ingenieur Johann Höglauer vor sich ausgebreitet hat, zeigt den Königssee und den Verlauf jener Seeleitung, an der in Zukunft einiges hängt. Sie liegt parallel zu der Ende vergangenen Jahres geleckten Leitung, an der auf 174 Meter Seetiefe Abwasser ausgetreten war. „Wir stellten am 28. Dezember eine Störung auf der Pumpe fest“, sagt Höglauer. Ein spezieller Unterwasserroboter aus Bremen unternahm daraufhin eine Tauchfahrt in die Dunkelheit zur Überprüfung. Wie viel Schmutzwasser ausgetreten war, das weiß keiner so genau. 

Für eine Reparatur sei die Stelle zu tief, sagt Johann Höglauer. Nach 34 Jahren ist die alte Leitung zudem von einem knappen halben Meter Schlamm bedeckt. Es herrscht hoher Druck, mehr als 17 Bar. Ein Taucher würde in dieser Tiefe zerquetscht werden.

Als Zwischenlösung war ein Ponton aus Hamburg mit einem riesigen 60-Kubikmeter-Tank angefordert worden. Täglich schleppte ein Kutter den mit verunreinigter Brühe gefüllten Behälter über den See zur Entleerung. „Im Mai haben wir festgestellt, dass 60 Kubikmeter nicht ausreichen“, sagt Johann Höglauer. Die Masse an Königssee-Touristen und die Gastronomie auf der beliebten Halbinsel produzieren pro Tag bedeutend mehr verunreinigtes Wasser. Rund 100 Kubikmeter kommen in 24 Stunden zusammen. „Mit dieser Menge hat niemand gerechnet“, sagt der Ingenieur. 

Seit ein paar Wochen liegt nun eine provisorische Leitung entlang des Königssee-Ufers. Das Provisorium sei „relativ günstig“ gewesen. Die übergangsweise Interimsleitung, die behelfsmäßig mit Betonklötzen am Seerand befestigt ist, kam auf Kosten in Höhe von rund 60000 Euro. Sie soll spätestens im Oktober wieder entfernt werden. Bei Frost würde der Inhalt der provisorischen Leitung wegen zu geringer Wandstärke gefrieren. 

Die Gemeinde Schönau am Königssee hat deswegen eine neue Leitung in Auftrag gegeben, die Ingenieur Högler momentan plant. Die ursprüngliche Unterwasserleitung soll dauerhaft auf dem Grund des Bodens verweilen. Das ist das Ergebnis mehrerer Gespräche zwischen Wasserwirtschaftsamt und Planern. „Bei einer Entfernung würde zu viel Schlamm aufgewirbelt und der Seegrund zerstört werden.” Zudem wäre eine Beseitigung sündhaft teuer.

Teuer ist auch die neue, fünfeinhalb Kilometer lange Leitung aus besonders widerstandsfähigem HDPE-Kunststoff. Hart-Polyethylen ist leichter als Wasser. “Auch im gefüllten Zustand würde die Seeleitung aufgrund der enthaltenen Gase aufschwimmen. Deshalb muss sie beschwert werden”, weiß Johann Höglauer. Rund 1,5 Millionen Euro soll die lange Leitung mit einem Innendurchmesser von fünfeinhalb Zentimetern kosten. Hinzu kommen Planungs- und Verfahrenskosten, die das Projekt auf mehr als zwei Millionen Euro schrauben. 

Die hohen Investitionen sind notwendig: Das Abwasser jedes einzelnen Toilettengangs auf St. Bartholomä soll hier später durchgepumpt werden. Jedes Jahr besuchen den Ort am Fuße der Watzmann-Ostwand rund 800000 Gäste. 

Während die alte Leitung mit 28 Kilogramm schweren Betongewichten im Abstand von jeweils fünf Metern beschwert wurde, um am Seegrund zu verbleiben, setzt man bei der neuen auf 33 Kilogramm schwere Stahlgewichte. 

Wegen der Tiefe des Königssees gilt die für den Herbst geplante Installation als Herausforderung. „Der Seegrund liegt an der tiefsten Stelle 190 Meter unterhalb des Wasserspiegels“, sagt Johann Höglauer. Bis zur Insel Christlieger ist der See nur vier bis fünf Meter tief, fällt dann mit einem Mal steil ab. „An der Falkensteinerwand ist zudem eine Engstelle.“ Höglauer plant, ein weiteres Mal eine Kamera in den Königssee zu schicken. „Wir müssen schließlich die beste Trasse finden, auf der die Leitung verläuft.“ Anders als das Ursprungsexemplar ist die finale Leitung mit einem zusätzlichen, drei Millimeter starken Mantel geschützt. „Man glaubt gar nicht, wie viele Gerölllawinen im See landen“, sagt Höglauer. Eingebettet zwischen den steilen Berghängen von Watzmann und Hagengebirge hat der langgestreckte See fjordartigen Charakter. „Bei Sturm knicken immer wieder Bäume ab, stürzen ins Wasser und sinken auf den Grund.“ Die Leitung muss das alles aushalten.

Die transportierte Abwassermenge soll regelmäßig automatisch gemessen werden. Eine undichte Stelle würde dabei erkannt werden. Geplant ist, die neue Leitung regelmäßig zu reinigen. Das soll die Haltbarkeit verlängern. 

In rund zwei Monaten wird eine mobile Baustelleninsel, rund zehnmal 40 Meter groß, auf dem Königssee installiert werden. Laut Planung wird die Verlegung des Unterwasserkabels inklusive Stahlbeschwerung vier Tage lang dauern. Johann Höglauer ist überzeugt davon, dass die finale Abwasserleitung bis zu 40 Jahre überdauern könnte.

kp 

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