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Plötzlich brach das Eis: Mann gerät am Hintersee in Not

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Von: Kilian Pfeiffer

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Der Mann ist beim Spazierengehen auf dem Hintersee eingebrochen. Er konnte sich ohne fremde Hilfe retten.
Der Mann ist beim Spazierengehen auf dem Hintersee eingebrochen. Er konnte sich ohne fremde Hilfe retten. © kp

Als der Mann am Rand des zugefrorenen Hintersees spaziert, ahnt er nichts Böses. Immerhin tummeln sich dutzende Personen weiter draußen auf dem Eis. Plötzlich gibt das Eis nach. Den Bruchteil einer Sekunde später steht er bis über den Bauchnabel im Wasser.

Ramsau – Eigentlich wollte er nur rüber zum großen Fels spazieren, der im Hintersee als Findling schlummert. Der Stein gilt als beliebtes Fotomotiv, auf dem ein paar einsame Bäume wachsen. Mit den Bergen im Hintergrund bietet sich ein schönes Foto-Panorama. Als der Mann im Wasser landet, kann er nur von Glück sprechen, dass er hier noch stehen kann. „Unsere zugefrorenen Seen werden offiziell zu keinem Zeitpunkt freigegeben”, sagt Martin Planegger, Technischer Leiter der Wasserwacht Berchtesgaden. Am Samstag hatten die Wasserretter das Eis am Hintersee zwar noch per Bohrung gemessen. Die Kerneisdicke, die die Ehrenamtlichen feststellten, betrug aber nur vier Zentimeter. Viel zu wenig, als dass man sich sicher darauf sicher fortbewegen könnte. Erst ab einer Kerneisdicke von zehn Zentimetern sei Eis relativ gefahrlos zu betreten, sagt Planegger.

Immer wieder gab das Eis nach

Personaltechnisch sei eine Überwachung der heimischen Seen nicht durchführbar. Nur in Ausnahmefällen, und nur wenn gesichert sei, dass das Eis trägt, überwachen die Wasserretter einen See. Am Montag etwa herrschten bei strahlendem Sonnenschein bis zu 16 Grad Celsius im Bergsteigerdorf Ramsau. „Natürlich taut das Eis dann tagsüber”, weiß Planegger. So schön der Sonnenschein sein mag: Das Spazieren auf dem Eis kann lebensgefährliche Folgen nach sich ziehen. Im eiskalten Wasser könne sich ein Eingebrochener wegen verlangsamter Nervenreize und schwindender Muskelkraft bereits innerhalb weniger Minuten nicht mehr bewegen. Sich festzuhalten: kaum möglich. 

Auch der Eingebrochene am Hintersee versuchte auf das Eis zurückzugelangen. Immer wieder gab es nach. Spaziergänger, die den Vorfall beobachtet hatten, zückten das Smartphone und wollten damit die Rettung rufen. Der Eingebrochene verweigerte die Hilfe und versuchte es eigenständig. Der Mann hatte zunächst kaum Chance, aus dem Wasser zu gelangen. Er musste sich bis zum Rand des Sees vorarbeiten. Mit beiden Händen brach er die Eisdecke vor sich. Martin Planegger warnt potenzielle Helfer davor, die Situation auf eigene Faust zu lösen. Rettungsversuche könnten nur unter hohem eigenen Risiko erfolgen.  

Der Hintersee ist aktuell nur in Teilen gefroren. Ein Einbrechen in der Mitte des Sees, dort, wo Stehen nicht mehr möglich ist, kann tödliche Folgen nach sich ziehen. „Durch Wasser in Nase und Rachen entsteht ein Schock-Reflex, der erst den Atemweg verschließt. Der Kälteschock löst reflexartig einen tiefen Atemzug aus, der unter Wasser zum Ertrinken führt”, teilt die Wasserwacht mit. An der Oberfläche könne dies in eine unkoordinierte und panische Atmung mit Hyperventilation übergehen. 

Wasserwacht warnt vor Rettungsversuchen

Die ehrenamtlichen Wasserretter des Roten Kreuzes betreiben in Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Freilassing und Laufen zwar mobile Schnell-Einsatz-Gruppen (SEG). Bis diese eintreffen, würde im Notfall aber zu viel Zeit verstreichen. „Vor allem am abseits gelegenen Hintersee kann es ein bisschen dauern, bis die erste Rettungskraft eintrifft.” 

Planegger sagt, dass im Ernstfall Regeln beachtet werden sollten: Laut um Hilfe rufen und sich so wenig wie möglich bewegen. An einigen Stellen des Hintersees gibt es Rettungsringe. Sich selbst ans Loch zu wagen und dem Betroffenen die Hand zu reichen, darauf sollte man im Fall der Fälle verzichten, weil man sich als Retter sonst selbst in Gefahr begibt.  

In skandinavischen Ländern, weiß Martin Planegger, seien Eisgänger verpflichtet, Eispickel mitzunehmen. Damit ist es möglich, sich auf tragendes Eis zu retten. In Deutschland sei man in dieser Hinsicht aber noch nicht so weit. Der ehrenamtliche Helfer sagt: „Das Beste ist, bei diesen Temperaturen erst gar nicht aufs Eis zu gehen.” 

Der Mann vom Hintersee konnte unverletzt, dafür vollkommen durchnässt, den Heimweg antreten.

kp

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