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Schwierige Übung in Schluchten und Wasserfällen

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© BRK BGL

Marktschellenberg - Der Ernstfall tritt glücklicherweise nur selten ein. Wenn er es aber tut, will man vorbereitet sein: Die Canyon-Retter übten im Weißbach den schwierigen Einsatz mit der Rettungswinde.

Zwölf freiwillige Einsatzkräfte der gemeinsamen Canyon-Rettungsgruppe (CRG) von Bergwacht im BRK und BRK-Wasserwacht haben im Juli im Rahmen ihres Fortbildungsprogramms mit der Besatzung eines Transporthubschraubers der Bundespolizei für schwierige Windeneinsätze in wasserführenden Schluchten geübt. Zuletzt verletzte sich am 17. Mai ein Mitglied einer geführten Canyoning-Gruppe im Kesselbach zwischen dem Teufelssattel am Predigtstuhl und den Spechtenköpfen.

Da reale Canyon-Unfälle aber eher selten sind, ist es für die Spezial-Einsatzkräfte besonders wichtig, sich regelmäßig bei Übungen für die anspruchsvollen Aufgaben vorzubereiten und Erlerntes praktisch auszuprobieren. Ort des Geschehens war die Weißbachschlucht unterhalb der Toni-Lenz-Hütte auf der Südostseite des Untersbergs an der bayerisch-salzburgerischen Landesgrenze.

Die Einsatzkräfte trafen sich an der Marktschellenberger Bergrettungswache und wurden nach einer kurzen Besprechung am Landeplatz in der Kiesgrube von der Besatzung auf die technischen Besonderheiten der EC155B1 eingewiesen: Wie ein Windenvorgang abläuft, wie mit Handzeichen oder per Funk kommuniziert wird und wie sie sich am Windenhaken und in der Maschine mit ihren Karabinern und Schlingen sichern können.

Dann ging's schon los: Die Piloten flogen im Pendelverkehr jeweils Zweier-Pärchen von der Kiesgrube direkt zum Übungsort und setzten sie per Winde in die Weißbachschlucht ab. „Wegen der anspruchsvollen Wind- und Wetterverhältnisse waren nicht nur wir in der Schlucht, sondern auch die Piloten sehr gefordert. Bei Regen und teilweise heftigen Windböen war die Übung herausfordernd und eine teilweise recht wackelige Aktion“, berichtet Michael Wolf, Polizeibergführer und ehrenamtliches Mitglied in der Canyon-Rettungsgruppe. „Ziel war es, dass alle Canyon-Retter möglichst wie bei einem echten Einsatz alle Abläufe an der Rettungswinde praktisch wiederholen können. Auch die theoretische Unterweisung in die Sicherheitsregeln muss jährlich wiederholt werden“, erklärt Wolf.

Alle Retter konnten sich zweimal abwinchen und einmal aufwinchen lassen; dann wurden alle rund einen Kilometer oberhalb der Bergrettungswache Marktschellenberg in der Berchtesgadener Ache auf einer Sandbank abgesetzt und mussten von dort aus den Gebirgsbach schwimmend bezwingen, was zu den Grundlagen der Canyon-Rettung gehört. Nachdem alle ohne Verletzungen angekommen waren, stand noch eine gemeinsame Abschlussbesprechung mit Brotzeit auf dem Plan.

Die Canyon-Rettungsgruppe (CRG) der Bergwacht-Region Chiemgau besteht seit dem Jahr 2000 und setzt sich aus ehrenamtlichen und wassertauglichen Einsatzkräften der Bergwacht im BRK und der BRK-Wasserwacht zusammen, die Fachwissen aus der Berg- und Wasserrettung mitbringen und für die besonderen Anforderungen bei Notfällen in Gebirgsbächen speziell geschult wurden. Leiter der Canyon-Rettungsgruppe sind Christian Schieder von der Bergwacht Bad Reichenhall und Alexander Schwarz von der BRK-Wasserwacht.

Die neuen Trendsportarten haben auch vor dem Berchtesgadener Land als Freizeit- und Erholungsraum nicht Halt gemacht. Neben dem Kajak-Fahren und Rafting auf den Wildwasserabschnitten der aus dem Salzburger Pinzgau kommenden Saalach oder der Berchtesgadener Ache werden auch Schluchten und Klammen begangen, wobei die ursprünglich aus Frankreich und Spanien stammende Extremsportart unter dem Begriff Canyoning bekannt wurde. Im gesamten Alpenraum gibt es ungefähr 300 Schluchten aller Schwierigkeitsgrade, von denen zehn Prozent regelmäßig von Gruppen begangen werden.

Beim Canyoning bewegt sich der Canyonist abwärts kletternd, zum Teil über Seilstrecken, mit bis zu 15 Meter tiefen Sprüngen, schwimmend, zu Fuß watend oder flach rutschend durch das Fließgewässer, wobei vor allem beim Rutschen und Springen Hindernisse im Wasser schnell zu Verletzungen führen können. Gerade beim Springen ist es unabdingbar, dass die jeweiligen Gumpen und Becken zuvor erkundet und ausgetaucht werden, um Verletzungen durch unter Wasser liegendes Holz oder Felsbrocken, die eventuell bei einem Unwetter eingespült wurden, zu vermeiden.

Die meisten Verletzungen beim Canyoning sind Verstauchungen, ausgekugelte Gelenke oder Brüche, die durch Stolpern und Stürze hervorgerufen werden. Allerdings gab es schon schwerere Unfälle, da von Sportlern keine Rücksicht auf schlechtes Wetter und die damit veränderten Bedingungen mit einem höheren Wasserstand in der Schlucht genommen wurde. „Die Abläufe einer Rettungsaktion müssen regelmäßig trainiert werden, um auch die Sicherheit der Einsatzkräfte zu gewährleisten. Jeder Handgriff und jeder Schritt muss passen, damit die Helfer in der Schlucht kontrolliert unterwegs sind, nicht ausrutschen oder gar von den Wassermassen mitgerissen werden. Da neben verunglückten Canyonisten auch immer wieder abgestürzte Wanderer gerettet werden müssen, ist es zwingend notwendig, dass die Einsatzkräfte auch in ansonsten aus Naturschutzgründen gesperrten Klammen üben und ihre Ortskenntnisse erweitern können“, erklärt Wolf.

ml/BRK BGL

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