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DAV-Sektion Berchtesgaden warnt vor überbordenden Vorschriften - “Exorbitant” steigende Kosten mit weitreichenden Folgen

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Von: Kilian Pfeiffer

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Kommt künftig keiner mehr? Bei der DAV-Sektion befürchtet man  “exorbitant” steigende Übernachtungs- und Verpflegungstarife in den Schutzhütten, hier am Blaueis im Bergsteigerdorf Ramsau.
Kommt künftig keiner mehr? Bei der DAV-Sektion befürchtet man “exorbitant” steigende Übernachtungs- und Verpflegungstarife in den Schutzhütten, hier am Blaueis im Bergsteigerdorf Ramsau.  © kp

Kärlingerhaus, Blaueishütte, Störhaus, Wasseralm und Schneibsteinhaus: Die fünf großen Schutzhäuser, die die DAV Sektion Berchtesgaden in den Berchtesgadener Alpen betreibt, stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Berchtesgaden - Eine „Fülle verwaltungsrechtlicher Vorschriften” könnten deren wirtschaftlichen Betrieb in Zukunft „nahezu unmöglich machen”, befürchtet die DAV-Sektion in einem Schreiben. Absehbar seien schon jetzt “exorbitant” steigende Übernachtungs- und Verpflegungstarife. Die möglichen Folgen: vermehrtes Wild-Campen und das Vermüllen der Landschaft.

Wird der Hüttenbesuch für Wanderer und Bergsteiger zum luxuriösen Abenteuer? Genau diese Befürchtung äußert die DAV Sektion Berchtesgaden, die mit knapp 13000 Mitgliedern der größte Verein im Landkreis ist. Zusätzliche Vorschriften für die Schutzhütten erschwerten deren Betrieb: “Die daraus resultierenden Lasten sind für den Alpenverein und den Pächter kaum mehr tragbar”, schreibt der zweite Vorsitzende, Daniel Hrassky.

Beppo Maltan, erster Vorsitzender der DAV-Sektion, muss nicht lange überlegen, wenn man ihn fragt, wie es mit den Hütten weitergeht: „In zehn Jahren wird es die Schutzhütten nicht mehr geben”, prognostizierte er am Dienstag im Rahmen einer Veranstaltung auf dem Jenner. 

Beppo Maltan, erster Vorsitzender der DAV-Sektion Berchtesgaden.
Beppo Maltan, erster Vorsitzender der DAV-Sektion Berchtesgaden.  © kp

Sind die hochalpinen Gebäude ein Auslaufmodell? Beim DAV verneint man das. Denn seit Jahren investiert die Sektion Millionen, um die eigenen Schutzhütten und deren Versorgung „naturschutzgerecht umzugestalten”. Mehrere der Hütten werden mittels Hubschrauber versorgt, so etwa das Kärlingerhaus und die Wasseralm. Häufig fehlt die Infrastruktur für eine anderweitige Versorgungsmöglichkeit. 

Die Probleme, mit welchen sich die Sektion konfrontiert sieht, betreffen mehrere Punkte. „Die Sektion und der DAV sind ständig bemüht, die Schutzhütten ökologisch aufzurüsten”, schreibt Beppo Maltan in einem Brief. Häufig seien die Gebäude Vorreiter in der Umwelttechnik, weiß man beim DAV. Dies setze aber voraus, dass für notwendige Bautätigkeiten Hubschrauberflüge „im erforderlichen Umfang” möglich sind. Die Regierung von Oberbayern erlaubt sogenannte Baustellenflüge aber nur noch in der Zeit zwischen 1. August und 31. Oktober eines jeden Jahres. Zur Zeit sind Baustellenflüge möglich.

Für die DAV-Sektion ist die verkürzte Flugtätigkeit nicht tragbar: Der Zeitraum liegt in der Hauptsaison. Der Hüttenbetrieb werde dadurch tangiert. Eine Durchführung von Baumaßnahmen sei dann von vorne herein fraglich. „Hinzu kommen naturgemäß Wetterprobleme, so dass sich der Zeitraum weiter verkürzt”, weiß Vorsitzender Maltan.  

Die Umstände führten nicht nur zu „erheblichen Mehrkosten”, sondern auch zu Umsatzausfällen. Aufgrund des eingeschränkten Zeitraums könnten die Flugtermine schlechter mit anderen Versorgern koordiniert werden. Die Folge: mehr Hubschrauberflüge als tatsächlich notwendig. Auch ökologisch betrachtet ergebe dies keinen Sinn, sagt Maltan und ergänzt: Bundeswehr und Nationalpark Berchtesgaden „haben keine derartigen Einschränkungen”. Zuletzt hatte der Nationalpark den Kaunersteig saniert, der vor wenigen Tagen wiedereröffnet wurde. Die Bundeswehr führt zudem regelmäßig Wehrübungen im Gebirge durch. 

Für den Sektionsvorsitzenden stellt sich die Frage, „ob die gewünschte ökologische und energetische Aufrüstung der Schutzhütten und deren Betrieb “im Rahmen einer leistbaren Arbeit des Pächters nicht gänzlich konterkariert wird”. Eine Folge: Die Verpachtung von Schutzhütten wird für mögliche Pächter wegen der Auflagenflut und einer “erheblichen Erweiterung ihrer Tätigkeiten” zunehmend erschwert. 

„Wenn diese Entwicklung anhält und durch Auflagen und Verordnungen das Augenmaß verloren geht, werden wir die Schutzhütten zu Grabe tragen”, sagt Beppo Maltan. Bereits jetzt musste das Watzmann Ostwandlager geschlossen werden. Wenn Schutzhütten schließen, könnte die Konsequenz vermehrtes Biwakieren oder Wild-Campen sein sowie die Zunahme der Vermüllung der Berglandschaft, so Maltan. Er erwartet, dass dann menschliche Exkremente häufiger liegen bleiben - ein “massives Auftreten von ‘Tretminen’” wäre dann der Fall.

Mit Ärger konfrontiert sieht man sich bei der DAV-Sektion Berchtesgaden auch hinsichtlich der Erneuerung der wasserrechtlichen Genehmigungen, etwa beim Kärlingerhaus. Künftig müssten dort Phosphor- und Stickstoffbelastungen ermittelt werden - „zusätzlich zu den bisher einzuhaltenden Werten des gereinigten Abwassers”. Eine mögliche angeordnete Reinigung erfordert den Einsatz von Chemikalien. Die Kosten wären „exorbitant” hoch. Als Alternative zur Reinigung käme nur eine Verlegung einer rund zehn Kilometer langen Abwasserleitung durch alpines Gelände infrage, ein enormer „Eingriff in die Landschaft”. Bei der DAV-Sektion befürchtet man zudem Widerstand des Bund Naturschutz. Dieser war bereits zum geplanten Trinkwasseranschluss der Blaueishütte lautstark eingeschritten. „Ökologisch und finanziell” wäre die Alternative eine „Katastrophe”.

kp

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