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Über 600 Grad, Rauch und Flammen: BGLer Feuerwehren üben unter Realbedingungen

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Von: Christina Eisenberger

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Freiwillige Feuerwehr Berchtesgadener Land Brandübungscontainer Ausbildung Atemschutzgeräte
Wie fühlt es sich an, in einem Raum zu sitzen, der brennt? Das dürfen im August insgesamt 64 Feuerwehrmänner und -frauen aus dem Berchtesgadener Land im Brandübungscontainer selbst erfahren. © ce (Collage)

Wie heiß ist ein Zimmerbrand? Wie verhalten sich die Flammen bei plötzlicher Sauerstoffzufuhr oder beim Löschen? Im einzigen mobilen Brandübungscontainer Bayerns üben die Feuerwehrfrauen und - männer aus dem Berchtesgadener Land für den Ernstfall:

Bischofswiesen - Über 600 Grad im Brandraum, glühende Stahlketten, lodernde Flammen und beißender Rauch - bei hochsommerlichen Temperaturen steigen am Mittwochnachmittag (17. August) acht junge Feuerwehrmänner zusammen mit Ausbilder Claudio Vierheilig in den Brandübungscontainer. Das Ziel: die Abläufe eines Atemschutzeinsatzes unter realen Bedingungen üben.

Feuerwehr-Ausbildung im Berchtesgadener Land: Einziger mobiler Brandübungscontainer Bayerns

Insgesamt nutzen 64 Feuerwehrleute aus dem Berchtesgadener Land jeweils zu acht den mobilen und holzbefeuerten Brandübungscontainer. Die Kosten für die Ausbildung übernimmt der Freistaat. Für eine Woche steht der einzige Container dieser Art in Bayern dafür beim Gewerbegebiet in Bischofswiesen - das erste Mal seit 2019. Denn auch in der Ausbildung der Feuerwehren gab es einen Corona-Knick.

Während Ausbilder Claudio Vierheilig mit den jungen Feuerwehrleuten im Container sitzt, erklärt Kreisbrandmeister Michael Brandl den Ablauf der Übung. Den Container haben die Rettungskräfte bereits mit Pressspanplatten als Brennmaterial befüllt. Die Schutzkleidung und Atemschutzgeräte sind angezogen. Sitzt alles richtig? Das überprüfen die Teilnehmer mittels Partnercheck. Im Ernstfall muss die Schutzkleidung in maximal zweieinhalb Minuten sitzen. Das passiert auch mal während der Fahrt zum Einsatzort. Im Container sitzt Vierheilig in der Mitte, die acht Teilnehmer rundherum.

Freiwillige Feuerwehr Berchtesgadener Land Kreisbrandmeister Michael Brandl Ausbilder Atemschutzgeräte
Michael Brandl ist Kreisbrandmeister beim Kreisfeuerwehrverband Berchtesgadener Land - und Ausbilder der Atemschutzgeräteträger. © ce

Die Schutzkleidung der Einsatzkräfte besteht aus mehreren Schichten. Zwischen den Lagen dienen Luftpolster der Isolierung. „Darum wird es so warm beim Knien, weil dort das Luftpolster geringer wird.“ Damit die Kräfte atmen können, tragen sie am Rücken sechs Liter komprimierte Atemluft. Damit kommt eine Person je nach Belastung eine halbe Stunde aus. Bei starker Belastung etwa nur 20 Minuten. „Man muss im Einsatz auch seinen Rückweg einkalkulieren. Ich kann nicht bis zum bitteren Ende gehen“, so Brandl.

Rauchdurchzündung - „Man hat das Gefühl, es brennt die Luft“

Anfangs steht die Tür des Containers noch offen. „Die Teilnehmer können die Rauchentwicklung wahrnehmen. Dann wird die Tür zugemacht, damit sie die Nullsicht haben“, erklärt Brandl. Nullsicht bedeutet, dass der Rauch sich in dem geschlossenen Raum bis zum Boden ausbreitet. Anschließend öffnet ein Teilnehmer die Tür von außen. „Die Temperatur ist zu diesem Zeitpunkt im vorderen Bereich des Containers so hoch, dass die Pressspanplatten ausgasen“, dies sei die sogenannte Pyrolyse, so Brandl.

Etwa aus dem Leim in den Platten lösen sich brennbare Gase und sammeln sich in dem Innenraum. „Die Gefahr ist, dass sich diese Rauchgase entzünden und es zu Rauchgiftbildung und Rauchdurchzündung, dem sogenannten „Rollover“ kommen kann. Die rollen unter Umständen auch über einen drüber und verursachen hinter einem einen Brand“, so Brandl. „Man hat das Gefühl, es brennt der freie Raum, die Luft. Doch es sind die Gase, die in dieser Rauchschicht sind.“ Die Luft ist dann ein einziger „Giftcocktail“ in einem geschlossenen Raum. Ein paar Atemzüge voll von Blausäure und Kohlenmonoxid können tödlich enden. Die Maske, über die sich die Feuerwehrler mit Atemluft versorgen, schützt die Kräfte vor den giftigen Gasen.

Wie bewirke ich mit meinem Wasserstrahl überhaupt etwas?

Die Erfahrungen aus dem Brandübungscontainer sind sehr wichtig für die Teilnehmer. „Wie bewegen sich die Flammenzungen in dieser Rauchschicht und wie reagieren sie, wenn ich zur Abkühlung Wasser rein gebe? Das Wasser richtig einsetzen, muss gelernt sein. Wie setzt man den Strahl so ein, „dass ich zum einen etwas bewirke und auf der anderen Seite nicht zu viel Wasserdampf produziere?“ Wasserdampf schlägt durch die Schutzkleidung durch. „Der Wasserdampf muss vorne auf das Feuer einwirken und nicht bei mir auf der Schutzkleidung“, so Brandl.

Vierheilig demonstriert den acht Teilnehmern die Tücken des Wasserdampfes. Die Tür des Containers schließt sich wieder, der Ausbilder produziert im Innenraum bewusst Wasserdampf, während die Feuerwehrleute in dem Raum sitzen. Vierheilig gibt ihnen dadurch den Erfahrungswert mit, was passiert, wenn sie ihr Strahlrohr falsch anwenden.

Brandübungscontainer hilft Feuerwehren in ganz Bayern

Der Brandübungscontainer besteht aus zwei Ebenen. Im vorderen Teil befindet sich der Brandraum, ausgekleidet mit Pressspanplatten, mit dem Holzfeuer. Im hinteren Teil zur geöffneten Tür sitzen die Feuerwehrmänner und -frauen. Diese Ebene befindet sich ein Stück unter der Brandraumebene, damit die Temperatur für die Übenden erträglicher ist - denn je weiter oben, desto heißer.

„Die zwei, die vorne knien, kriegen die Strahlungswärme auf den Körper. Sie wechseln aber durch. Hinten wird es dann wieder leichter zum Abkühlen“, erklärt Brandl. „Das kann man in der Ausbildung nicht beschreiben. Da kann ich im Grundlehrgang eine Stunde darüber referieren, die werden alle freundlich nicken und sagen, ja, glauben wir dir. Verstehen tut man es aber erst, wenn man es gespürt und mitgemacht hat“, so Brandl, der beim Kreisfeuerwehrverband BGL die Atemschutzgeräteausbildung leitet.

Vierheilig fährt hauptberuflich mit dem Container durch ganz Bayern und führt die Ausbildung der Atemschutzgeräteträger durch. Securitas, die Firma bei der Vierheilig angestellt ist, betreibt in Schweinfurt auch eine Werksfeuerwehr.

„Nicht an die Oberschenkel fassen, die Hose ist kontaminiert“

Auch die Teilnehmer versuchen sich am Feuer löschen - jeder darf selbst ausprobieren, wie sich das Wasser auf die Flammen und den Rauch auswirkt. „Jetzt ist schon relativ viel Wasserdampf dabei“, erklärt Brandl und zeigt auf den weißen Rauch.

Danach verlassen die jungen Feuerwehrler den Container. Zunächst legen sie möglichst viel Schutzkleidung ab, bevor die Maske zur Luftzufuhr abgesetzt wird. „Jetzt nicht auf die Oberschenkel fassen, die Hose ist genauso kontaminiert, der Idealfall wäre jetzt Gerät und Maske in einen Sack in die Atemschutzwerkstatt bringen, die ganzen Klamotten, also auch Stiefel und Hose in einen Sack in die Wäscherei bringen, alles wieder waschen lassen. Wir wollen ja Kontaminationsverschleppung minimieren, ganz ausschließen können wir sie nicht“, erklärt Ausbilder Vierheilig den Teilnehmern.

Solch extreme Bedingungen wie in dem Container kosten Kraft. Den „massiven Flüssigkeitsverlust“ gleichen die Kräfte mit Wasser Trinken wieder aus. In der Feedbackrunde sind sich die jungen Feuerwehrler aus Schneizlreuth, Ramsau und Königssee recht einig: Es war heiß, es ginge aber noch mehr. Und: besonders heiß war es im Bereich der Wangen und Ohren. „Die Flammschutzhaube ist das schlechteste Bauteil, das wir überhaupt anhaben“, so Vierheilig, „also wird es aus der Erfahrung her am schnellsten an den Ohren oder im Bereich außerhalb der Maske warm.“

Brandl und sein Team bilden jährlich im Schnitt 40 bis 50 Feuerwehrler im Atemschutzbereich aus. Im Herbst startet der dritte Grundlehrgang in diesem Jahr. Jeder der Teilnehmer saß mit Ende des Lehrgangs zumindest einmal in einem Brandübungscontainer - mindestens in einem gasbetriebenen am Standort der Freiwilligen Feuerwehr Burghausen.

ce

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