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Schießanlage der Zukunft in Bischofswiesen: 27 Millionen Euro werden nicht reichen

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Von: Kilian Pfeiffer

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Ein Luftbild der Schießanlage in Bischofswiesen.
Ein Luftbild der Schießanlage in Bischofswiesen. © kp

Für Deutschlands modernste Schießanlage, die im Auftrag der Bundesregierung Deutschland derzeit in Bischofswiesen entsteht, soll noch heuer der Testbetrieb starten. Das bestätigte Oberstleutnant Sebastian Becker, Kommandeur des Gebirgsjägerbataillons 232 in Bischofswiesen, bei einem Vor-Ort-Besuch. Indes müssen die Kosten wohl angepasst werden: Die veranschlagte Investitionssumme in Höhe von knapp 27 Millionen Euro stammt aus dem Jahr 2017. 

Bischofswiesen - Auf mehr als 265 Metern Länge erstrecken sich die gewaltigen Bauwerke am Fuß des Silbergs in Bischofswiesen. Der Silberg ist militärisches Gelände: Dort oben finden Schießtrainings statt, die Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 232 üben in regelmäßigen Abständen. 

In der neuen Schießanlage, die das Staatliche Bauamt Traunstein im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland derzeit baut - und damit ein altes Bauwerk aus dem vergangenen Jahrhundert ersetzt -, sollen die rund 1200 stationierten Soldaten künftig Schusswaffen-Trainings ableisten. Fast fertiggestellt ist der Rohbau, der 18 Schießbahnen umfasst. Auf Lang- und Kurzbahnen werden Soldaten mit dem Bundeswehr-eigenen Sturmgewehr G36 und der Pistole P8 Schießübungen durchführen können. Das Bauwerk wird in Sachen Technik dem modernsten Stand entsprechen, sagt Bauleiter Johann Hunklinger vom Staatlichen Bauamt Traunstein. Lärmemissionen, die auf der alten Anlage immer wieder zu Problemen mit den Anwohnern geführt hatten, soll es nicht mehr geben.

„Anlage ein großer Gewinn“

“Für uns ist die neue Anlage ein großer Gewinn”, sagt der Kommandeur des Gebirgsjägerbataillons 232, Sebastian Becker, der der Eröffnung mit Freude entgegenblickt. Die Ausbildungswochen verbringen die angehenden Gebirgsjäger momentan auf auswärtigen Truppenübungsplätzen, etwa in Wildflecken, einem über 7000 Hektar großen militärischen Übungsgelände in der Hohen Rhön, seitdem vor vier Jahren mit dem Neubau in Bischofswiesen begonnen worden war.

Die Grobfertigstellung der Schießanlage ist für Ende des Jahres angedacht. “Dann könnten wir in den Testbetrieb gehen”, kündigt Becker an. Für das darauffolgende Jahr plant die Bundeswehr die eigentliche Einweihung und Eröffnung. 

Der Rohbau steht, der Baufortschritt sei entsprechend des Zeitplans. Das Gebäude, in dem die Schießbahnen untergebracht sind, ist mit allen zur Verfügung stehenden Kniffen gut gedämmt. Knapp einen Meter dick sind die Mauern inklusive Stahlbetonwand und Kalksandstein-Vormauerung. Innen soll eine 20 Zentimeter dicke akustische Wandverkleidung den Schall der Geschosse einfangen. Die Außenhaut des Riesenbauwerks wird zudem mit sägerauer Holzverschalung verkleidet - aus “Deutscher Lärche”, betont Johann Hunklinger. Nachhaltigkeit verpflichtet.

Ein sogenannter Delta-Schießstand auf dem Silberg, der unter anderem für Maschinengewehrübungen vorgehalten wurde, soll geschlossen werden. Künftig wird ausschließlich in der Schießanlage geübt. “Die Fläche am Silberg wird dann renaturiert”, weiß Oberstleutnant Sebastian Becker. 

Spezielle Maßnahmen

Teils dutzende Handwerker arbeiten gleichzeitig an jenem Großprojekt, immerhin eines der momentan größten des Staatlichen Bauamts Traunstein. Aktuell werden die Geschossfänge installiert, schräg angeordnete Flächen, auf denen eine 50 Zentimeter dicke PU-Granulat-Schicht ruht, in die die Projektile eindringen können. Auf den tausenden Quadratmetern Fläche soll sich kein gewöhnlicher Boden befinden, sondern ein spezieller Untergrund mit Splitt oder Kies entstehen - “sicherheitsbedingt ist das wichtig”, sagt Kommandeur Sebastian Becker. 

Die enorme Länge des Bauwerks erfordert spezielle Maßnahmen. So sind in regelmäßigen Abständen Dehnungsfugen im Mauerwerk installiert, damit der Beton “arbeiten” und sich ausdehnen kann. Das geschieht etwa bei Temperaturveränderungen, Wasserentzug oder statischer Beanspruchung. Viele zwölf Meter lange, tonnenschwere Stahlträger überspannen die Schießanlage, die nach oben hin offen sein wird. Nur im hinteren Zielbereich ist das Gebäude geschlossen. Schon bald soll mit dem Einbau einer Rasterkassettendecke begonnen werden - sobald die Ausschreibung abgeschlossen ist, heißt es. Die technischen Anlagen werden im Anschluss folgen: Über ein ausgeklügeltes Lüftungskonzept wird im vorderen Bereich Luft in das Gebäude eingeblasen. Diese treibt Schmauchspuren, die Rückstände des Mündungsfeuers einer Schusswaffe, nach vorne ins Zielgelände. Die Abgase werden dort dann abgesaugt. 

Schießsicherheitsrelevante Türen und Tore sollen überall im Gebäude für ausreichend Schutz sorgen. Die bereits hohen Anforderungen für den Schallschutz wurden während der Baumaßnahme nochmals nach oben geschraubt. Ein Spezialunternehmen wird sich der diffizilen Ausgestaltung des Objekts widmen. 

Geschätzte Bausumme stammt aus 2017

In Sachen Baukosten wird es bei den knapp 27 Millionen Euro nicht bleiben, sagt Bauleiter Johann Hunklinger vom Staatlichen Bauamt Traunstein. “Natürlich konnten wir nicht wissen, dass ein Krieg und eine Wirtschaftskrise dazwischen kommt”, sagt er. Die geschätzte Bausumme stammt aus dem Jahr 2017. “Der Baupreisindex hat sich allein im vergangenen Jahr um knapp 35 Prozent erhöht”, heißt es aus dem Staatlichen Bauamt. Damit werden auch die Kosten steigen. Man bleibt verhalten. Offiziell festlegen will sich niemand. 40 Millionen Euro scheinen durchaus realistisch. 

Hinter dem massiven Bau hat das Staatliche Bauamt ein Refugium für Blindschleiche, Eidechse und Ringelnatter geschaffen. Auf mehreren hundert Quadratmetern wurde Platz geschaffen zur Entwässerung. Steine wurden auf Haufen getürmt, spezielle Lebensräume angelegt, wo heimische Arten sich ansiedeln können. Naturschützer hatten die Ausgleichsflächen im Vorfeld gefordert. “Es ist ganz schön geworden”, sagt der Kommandeur. Es ist der Bundeswehr-eigene Beitrag zum Naturschutz. 

Die offizielle Einweihung Deutschlands modernster Schießanlage ist für das kommende Jahr angesetzt. Hoher Besuch: wahrscheinlich. “Wir wissen noch nicht, wer kommen wird”, sagt Kommandeur Becker. Unwahrscheinlich, dass ein Verteidigungsminister sich so was entgehen lassen wird. 

kp

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