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Klinik Schönsicht in Bischofswiesen: Erste Einrichtung für medienabhängige Kinder und Jugendliche

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Von: Kilian Pfeiffer

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(links) Das Hauptgebäude der Klinik Schönsicht am Oberkälberstein. (rechts) Das Modell der Klinik Schönsicht zeigt die zwei großen Bauten in der Mitte des Bildes, die Kind-Mutter-Vater-Zimmer beherbergen sollen.
(links) Das Hauptgebäude der Klinik Schönsicht am Oberkälberstein. (rechts) Das Modell der Klinik Schönsicht zeigt die zwei großen Bauten in der Mitte des Bildes, die Kind-Mutter-Vater-Zimmer beherbergen sollen. © Bildmontage: kp

Die Klinik Schönsicht in Bischofswiesen soll zur deutschlandweit ersten Einrichtung für medienabhängige Kinder werden. Das bestätigte Klinikeigentümer Dr. Bartl Wimmer aus Berchtesgaden, der die Einrichtung vor einem Jahr gekauft und nun für eine beträchtliche Millionensumme sanieren und erweitern will. Für das Projekt wird er mit der Berliner Charité zusammenarbeiten. Die Kooperation soll 2025 starten. 

Bischofswiesen – Die Kinder- und Jugendrehabilitationsklinik am Oberkälberstein ist eine von weniger als 50 Einrichtungen in Deutschland, die sich ausschließlich auf schwer kranke Kinder und Jugendliche spezialisiert hat und mit Rentenversicherungen zusammenarbeitet.

Viele der Patienten sind bereits im jungen Alter so krank, dass…

Das hat einen Grund: Viele der Patienten sind bereits im jungen Alter so krank, dass die Rentenversicherungen bereit sind, teils monatelange Aufenthalte zu bezahlen. Folgeschäden sollen dadurch vermieden werden. Ein Gros der Patienten ist übergewichtig und wird wegen Adipositas behandelt. Die Rentenversicherungen hatten Wimmer verdeutlicht, dass die Klinik „ohne bauliche Veränderungen“ keine Zukunft hat. Die in Bestlage verortete Einrichtung ist auf mehrere Gebäude aufgeteilt, in die der Vorbesitzer teils seit Jahren nicht investiert hatte. 

„Bedarf steigt massiv“

Wimmer, Laborarzt und Mitbegründer der weltweit tätigen Synlab-Gruppe mit 20.000 Mitarbeitern, hatte vor einem Jahr die in Coronazeiten angeschlagene Klinik erworben (BGLand24.de berichtete). „Ich wollte eigentlich nichts mehr kaufen“, sagt er. Doch das Geld könnte gut investiert sein: „Es gibt immer weniger solcher Kliniken, zudem steigt der Bedarf massiv“, sagt Wimmer. In und um Berchtesgaden gibt es vergleichbare Einrichtungen, etwa die Insula des Diakoniewerks Hohenbrunn. Auch dort werden adipöse Jugendliche behandelt. 

Alleinstellungsmerkmal dank Fokus auf Kinder mit Medienabhängigkeit

Wimmer hat in den vergangenen Monaten viel Akquise betrieben. Sechs Ärzte arbeiten mittlerweile wieder dort. Zudem gibt es zwei Kinder- und Jugendpsychiater. Das Berufsbild ist seit Jahren stark nachgefragt. Wimmer sagt: „Wir sind in der kurzen Zeit relativ weit gekommen.“ Mittlerweile werden am Oberkälberstein auch psychosomatische Krankheitsbilder mitbehandelt. Ein Grobversuch läuft, sich auf Kinder mit Post-Covid zu spezialisieren. Der Fokus auf Kinder mit Medienabhängigkeit verschafft der Einrichtung einen Schwerpunkt mit Alleinstellungsmerkmal

Eltern sollen mitbehandelt werden

Doch die Anforderungen haben sich gewandelt: Früher kamen die Kinder alleine zur Behandlung. „Inzwischen werden sie oft von ihren Eltern begleitet.“ Tatsächlich ergibt das auch Sinn, sagt Wimmer. Die Eltern der jungen Patienten werden während des Aufenthalts mitbehandelt. Kind-Mutter-Vater-Zimmer sind stark nachgefragt. Die vorzufindenden baulichen Einschränkungen machen es aber unmöglich, mehrere Familien in der Klinik unterzubringen. Im Haus existieren Etagenbäder und Sammelduschen. Der Brand- und Schallschutz ist in die Jahre gekommen, es gibt keine Aufzüge, der Mehrbedarf sei enorm, sagt Wimmer. Hinzu kommt: Barrierefreiheit existiert nicht. 140 Betten hat die Klinik. In Hochzeiten waren es 70 Angestellte. Nur die Hälfte der Betten wird derzeit betrieben

Bauverlauf macht zu schaffen

Die bauliche Erweiterung zieht einen komplizierten Bauverlauf nach sich. „Wir wollen im laufenden Betrieb erweitern“, kündigt Wimmer an. Bis zu fünf Jahre sollen die Um- und Erweiterungsmaßnahmen im Bestand und auf unbebautem Grund im Außenbereich dauern. „Wenn wir jetzt zusperren und sanieren würden, müssten wir unsere Angestellten entlassen.“ Der Klinikbetrieb soll unter anderem mit Containerlösungen fortgeführt werden.  

Wimmer bevorzugt wieder mal Holz

Drei große Gebäude mit Pultdach sind geplant – mit mehreren Dutzend Zimmern, weiß Architekt Stefan Kohlmeier von „Arc Architekten“ aus Bad Birnbach. Dessen Team hatte bereits den Kulturhof gebaut, das erste große Hotelprojekt von Bartl Wimmer. Wimmer bevorzugt Holz, auch die Klinikerweiterung soll als Holzbau entstehen. Beide Standorte, Hotel sowie Klinik, bieten einen einzigartigen Ausblick auf die Berchtesgadener Bergwelt.

Der Standort der Klinik Schönsicht am Oberkälberstein gilt als Filetlage im Berchtesgadener Talkessel, weil man die gesamte Bergkette der Berchtesgadener Alpen im Überblick hat. Hier oben ist die größte Dichte an Villen, hier befinden sich die meisten Zweitwohnungen. Viele der Käufer stammen aus dem Münchner Raum. 

Nicht nur Neubau – sondern auch Sanierungen

Nicht nur die Neubauten sollen angepackt werden, auch der bereits bestehende Häuserbestand wird in Teilen saniert. Es wird einen neuen Speisesaal geben, Anbauten und bauliche Überarbeitungen im Detail folgen. Wimmer möchte keine genauen Kosten nennen. Über die Millionensumme sagt er: „Eine relevante Investition.“

Gemeinderäte sind „heilfroh“ und unterstützen Wimmer bei Projekt

Wimmer hat bei seinem Projekt, dem ein Kindergarten und eine Schule angegliedert sind, die Unterstützung der Gemeinderäte auf seiner Seite. In den Häusern sollen vor allem Kind-Mutter-Vater-Zimmer verwirklicht werden, die ausreichend Platz bieten für Familien. Der Hang, auf dem die dreigeschossigen Gebäude mit Tiefgarage entstehen sollen, ist bislang noch grüne Wiese.

„Das ist eine massive Erweiterung“, sagt Bischofswiesens zweiter Bürgermeister Thomas Resch (Freie Wähler). Der Erhalt der Klinik stehe aber im Vordergrund. Der Flächenverbrauch auf dem 22.000 Quadratmeter großen Grundstück sei zudem überschaubar. Gemeinderat Hans Metzenleitner (SPD) sagt: „Wenn ein anderer Investor die Klinik gekauft hätte, wäre der Klinikbestand gefährdet gewesen. Wir müssen heilfroh sein, dass der Betrieb weitergeführt wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.“

kp

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