Grab von Hitler-Freund soll neu gelagert werden

Berchtesgaden – Der Grabstein von Hitler-Unterstützer Dietrich Eckart auf dem denkmalgeschützten Alten Friedhof von Berchtesgaden soll künftig horizontal gelagert oder aber an einem neuen Ort ausgestellt werden. Das hat der Friedhofsverband in seiner Sitzung entschieden.
Dieser Entscheidung war eine Initiative von Christoph Karbacher vorausgegangen, der sich dafür eingesetzt hatte, das Grab auflösen zu lassen. Vor einigen Jahren war „eine Horde Nazis dorthin gepilgert“, so Karbacher, und hatte Kränze niedergelegt. „Es besteht die Gefahr, dass unser Friedhof zu einer neuen Wallfahrtsstätte wird.“
Der Blumenschmuck hat Christoph Karbacher schon seit Langem gestört – überhaupt die Tatsache, dass auf dem Friedhof von Berchtesgaden ein Grab besteht, dass an den Ideengeber Hitlers erinnert. „In einer Dimension, die man so nicht akzeptieren kann.“ Eckart war der Herausgeber des Völkischen Beobachters, einer Zeitung, „die von Fremdenhass und Diskriminierung getränkt war“, sagt er in einer vorliegenden schriftlichen Stellungnahme.
Der Name zog sich durch die Stadt
Dietrich Eckart starb bereits vor dem Zweiten Weltkrieg, 1923. Nach ihm wurden in Berchtesgaden mehrere Orte benannt, etwa die Dietrich-Eckart-Straße, das Dietrich-Eckart-Krankenhaus, eine komplette Siedlung, ebenfalls eine Bühne in Strub sowie das Dietrich-Eckart- Fluchthäusl. Mittlerweile sind alle Bezeichnungen wieder geändert worden, „nur das Grab, das steht immer noch“, sagt Karbacher.
Die Gedenkstätte wurde im vergangenen Jahr aufgegeben und fiel an die Gemeinde beziehungsweise den Friedhofsverband zurück. Für Karbacher Grund genug, Einsatz zu zeigen – für eine Auflösung. Immer wieder waren Pilger an das Grab gekommen, auf YouTube existiert ein Video, das einen Grabbesuch zeigt, vor fünf Jahren war ein Dutzend schwarz gekleideter Männer aus dem Berliner Raum dorthin gekommen, um Blumenkränze „mit eindeutigen Spruchbändern abzulegen.“ Die Gemeinde reagierte schnell, ließ alle Kränze entfernen, wie Bürgermeister Franz Rasp bestätigt.
Pilgerstätte für Neo-Nazis?
Karbacher erkennt darin aber die Gefahr, dass der Ort zur Pilger-Wallfahrtsstätte werden könnte, ähnlich wie in Wunsiedel, wo bis vor wenigen Jahren das Grab von Nazi-Größe Rudolf Heß bestand und erst später dann durch die Gemeindeverwaltung entfernt wurde. Für Karbacher kommt erschwerend hinzu, dass das Eckart-Grab nicht nur eines der größten auf dem denkmalgeschützten Friedhof ist, sondern zudem genau gegenüber jener Gedenkstätte platziert ist, die an die einheimischen Soldaten des Zweiten Weltkrieges erinnert, die gefallen waren.
Karbachers Vorschlag, den er an die Gemeinde richtete, war, das Grab zu entfernen oder, alternativ, die Grabplatte künftig horizontal zu lagern, also vom Sockel zu entfernen - „ohne schriftlichen Kommentar“. Von der Schnitzschule des Berchtesgadenes Landes hat er sich ein hölzernes Modell anfertigen lassen, das die neue Situation beschreibt.
Die zweite Lösung erkennt der ehemalige Gymnasiallehrer und Heimatforscher als symbolischen Akt, der auch beim Friedhofsverband auf Zustimmung trifft. Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp sagt, dass eine komplette Entfernung des Grabes nicht möglich sei, da der Alte Friedhof von Berchtesgaden unter Denkmalschutz stehe.
"Bestandteil des Baudenkmals Friedhof"
Für den Erhalt des Grabes hatte man sich im Vorfeld beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege ausgesprochen. In einer Stellungnahme heißt es, dass das „Grabmal des Dietrich Eckart“ ein „Bestandteil des Baudenkmals Friedhof" sei und nicht mehr jenem originalen Grabstein entspreche, der auf zeithistorisch relevanten Bildern der 1930er Jahre überliefert wurde. Auch die fachlichen Empfehlungen des Instituts für Zeitgeschichte, das die Dokumentation Obersalzberg verwaltet, orientieren sich in dieselbe Richtung.
Deren Leiter, Dr. Axel Drecoll, schreibt in einer Stellungnahme: „Wir halten das Grab von Dietrich Eckart auf dem Berchtesgadener Friedhof aus historischen Gründen grundsätzlich für erhaltenswert.“ Bürgermeister Rasp sympathisiert aber mit Karbachers Vorschlag, die Grabplatte horizontal zu lagern. „Das könnten wir uns gut vorstellen“, sagt er.
Zustimmung erforderlich
Allerdings benötige die Gemeinde dazu die Zustimmung des Bayerischen Denkmalamtes. Für Friedhofsverbandsmitglied Oliver Schmidt gibt es keinen Grund, das Grab zu erhalten: „Ich will, dass es entfernt wird“, sagt er und erwägt, sich gegen die Meinung des Denkmalschutzes gegebenenfalls zur Wehr zu setzen.
Für den evangelischen Pfarrer von Berchtesgaden, Peter Schulz, kommt eine weitere Variante in Frage. Historisch bedeutsame Persönlichkeiten könnten in einem eigenen Bereich des Alten Friedhofs einen Ort zugewiesen bekommen, an dem man an sie informativ erinnert.
„Dann könnte man das Grab auflösen und wieder neu belegen lassen“, sagt er. Tatsächlich existieren auf dem denkmalgeschützten Friedhof, der seit über 330 Jahren existiert, eine Vielzahl solcher Gräber, einige aus Zeiten des Dritten Reiches. „Das wäre eine Möglichkeit, die wir in jedem Fall prüfen werden“, sagt Bürgermeister Franz Rasp.
Kilian Pfeiffer