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Berchtesgadener Eiskletter-Weltmeisterin Ines Papert eröffnet ein Zentrum für die Kletterszene 

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Von: Kilian Pfeiffer

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Extrembergsteiger und Paperts guter Freund: Thomas Huber bei einem Eiskletter-Event in Berchtesgaden. © kp

Ines Paperts Heimat sind die großen, steilen Wände. Die mehrfache Eiskletter-Weltmeisterin aus Bayerisch Gmain hat die Traverse des Watzmanns im Winter gemeistert und damit zunächst für Verwirrung gesorgt. An 8000ern hat sie sich versucht, ist durch Alaska gestiefelt und eröffnete kürzlich ein Kletterzentrum in Istrien. Müde von den Bergen scheint die 48-jährige Ausnahmeathletin nicht zu werden. 

Berchtesgaden – Mit dem Watzmann ist das so eine Sache. Der zweithöchste Berg Deutschlands war einst Postkartenmotiv. Seit Postkarten out sind, sind dessen Gipfel Instagram-Berühmtheiten. Der 2713 Meter hohe Watzmann steht stellvertretend für die Region des Berchtesgadener Landes. Jedes Jahr wandern Tausende zum Watzmannhaus hoch.

Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem slowenischen Alpinisten Luka Lindič, hat Papert ein Ziel verfolgt, das bis zu diesem Zeitpunkt unerreicht war. Die Watzmann-Traverse im Winter, die Überschreitung aller sieben Gipfel. Die anspruchsvolle und gefährliche Tour wurde in der Öffentlichkeit falsch wahrgenommen. In der Presse geisterte die Mär der perfekten Familien-Tour herum. „Ich bekam danach viele Anfragen, ob die Traverse für Familien geeignet sei.“ Auf keinen Fall, stellt Ines Papert klar. 

Ines Papert
Ines Papert zeigt, wie es geht: Mit Eispickeln kennt sich die 48-jährige Profialpinistin aus © kp

Der Erfolg kam sehr schnell

Im späten Alter von knapp 20 kam Ines Papert das erste Mal mit den Bergen in Berührung. Auf Ski lernte sie Bischofswiesens Hausberg, den Götschen, kennen. Attraktiver schien aber das Klettern im Eis. Schnell hatte sie Anschluss in der Bergsteiger-Community gefunden. Schlag auf Schlag kam Erfolg auf Erfolg: „Das ging wirklich alles sehr schnell“, sagt sie. Die gelernte Physiotherapeutin räumte viermal den Titel der Weltmeisterin im Eisklettern ab. Mehrere Weltcup-Siege folgten. Beim Ouray-Eiskletterfestival im US-Bundesstaat Colorado schlug sie die gesamte männliche Konkurrenz. Seitdem sind Fels und Eis ihre Heimat, den Wettkampfsport hat sie mittlerweile aber an den Nagel gehängt. 

Mit fast 50 scheut sie sich dennoch nicht vor der Herausforderung. Die Liste der Erfolge ist lang: Eine Erstbesteigung des Sechstausenders Likhu Chuli I in Nepal gehen auf ihr Konto, ebenso die freie Begehung von „The Hurting“, eine der schwierigsten Eis-Tradrouten oder die freie Begehung der 200 Meter langen Route „Schwarze Madonna“ am heimischen Untersberg im Berchtesgadener Land. Am Shishapangma in China, einem der 14 Achttausender, wollte sie „wenigstens einmal die Erfahrung machen, einen der höchsten Berge der Welt zu erklimmen“. Bei den Vorbereitungen geriet sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Luka Lindič in einen Spindrift, in eine Lawine feinkörnigen Schnees, die nicht nur die Sicht nimmt und das Atmen erschwert, sondern auch das eigene Lager verschüttete. „Das ging haarscharf aus“, sagt Ines Papert. Der Achttausender sei ihr eine Lehre gewesen. „Für mich ist das Risiko so weit oben einfach nicht mehr kalkulierbar“, sagt Papert. Es war ihr erster und letzter Versuch, einen Gipfel mit mehr als 8000 Metern zu erreichen. 

Vom Berchtesgadener Land bis nach Alaska

Ines Papert blieb aber probierfreudig. Mit dem Gleitschirm versuchte sie sich an der markanten Dreiergruppe von Eiger, Mönch und Jungfrau in den Berner Alpen. Die Erkenntnis: Die Kraft doch besser weiterhin ins Klettern zu stecken. In Alaska etwa: Dort sollte die Westwand des Mount Huntington, 1050 Meter hoch, jungfräuliches Klettergebiet für 20 neue Seillängen werden. Das Herz im Fels, das Ines Papert entdeckte, sollte den Start der Route markieren: „Heart of Stone“ heißt die Erstbegehung. 

Am Hinteren Feuerhörndl an der Reiteralm in ihrer Heimat, dem Berchtesgadener Land, versuchte sich Ines Papert mit Luka Lindič an einer Route, „die Thomas Huber noch übrig gelassen hat“, sagt sie mit einem Schmunzeln. Der Extrembergsteiger aus Berchtesgaden ist ein guter Freund Paperts, wohnt eine halbe Stunde Autofahrt entfernt von ihr. Die Route an der Reiteralm, die durch eine große, überhängende Verschneidung führt und bislang unbeklettert war, taufte das Duo nach erfolgreicher Durchsteigung schließlich „Wolke 7“. Im Alpinismus sucht das Paar weiterhin nach dem Unbekannten, „in dem oft große Ungewissheit mitschwingt“. Das Risiko versucht Papert mittlerweile aber zu minimieren. „Gibt es eigentlich auch noch etwas anderes für mich als das Klettern?“, fragte sie sich vor ein paar Jahren. 

„Mountain Lodge“ in Istrien ist fertiggestellt

In Istrien, dort, wo Papert in der Vergangenheit „unglaubliche Routen“ geklettert war, verliebten sich die beiden Kletterer in zwei vor dem Abbruch stehende Bauernhäuschen. Während der Corona-Pandemie entschlossen sie sich zum Kauf. Inspiriert von ihren Erlebnissen während vieler Kletter-Expeditionen am Fels entschieden sich die beiden Gipfelstürmer dazu, die Steinhäuser zu renovieren - eigenhändig. Ihr Ziel: einen Ort der Gemeinschaft zu schaffen, für Kletterer aus der gesamten Welt.

„Eines war total abbruchreif“, sagt Ines Papert. Eigens für das istrische Projekt kauften sie sich ein Wohnmobil, in dem sie über Monate ihr Leben verbrachten, aßen und schliefen. „Wir haben beim Bau mitgeholfen, Stein für Stein“, sagt Ines Papert stolz. Die „Mountain Lodge“ ist nun fertiggestellt. Ines Paperts Bekanntheit in der Szene macht den Ort zu einem besonderen Anlaufpunkt für Alpinisten aus der ganzen Welt. Gemeinsam mit Luka Lindič verbringt sie viel Zeit im istrischen Süden. Kein Wunder: Klettern ist und bleibt der Lebensmittelpunkt der einstigen Eiskletter-Weltmeisterin. Routen aller Schwierigkeitsgrade befinden sich nur ein paar Fahrminuten entfernt. Für Ines Papert ist jeder Besuch vergleichbar mit einem Aufenthalt im Paradies, sagt sie.

kp

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