Nachtfahrverbot im Kleinen Deutschen Eck: Kein Gespräch mit Bürgerinitiativen

Ende Juli wandten sich Vertreter der Verkehrsinitiativen „Verein Lebenswertes Bad Reichenhall e.V., Verein Reichenhall pro Kirchholztunnel e.V., Verein Menschen vor Straßenverkehr -, Schneizlreuth, Anwohnerinitiative Piding“ und „Initiative transitfreies Karlstein -, Bad Reichenhall“ zusammengeschlossen im „Bündnis Transit“ an den bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter, den Landrat des Berchtesgadener Landes Bernhard Kern und die Stimmkreisabgeordnete und Staatsministerin Michaela Kaniber.
Schneizlreuth - Darin legte der Sprecher der Initiativen Ulrich Scheuerl erneut die Anliegen der Anwohner im Kleinen deutschen Eck (B 21 und B 20) dar und ersuchte die drei Politiker*in dringend, sich für geeignete Maßnahmen zur spürbaren Erleichterung beim LKW-Transitverkehr zu sorgen. In dem Schreiben stellte Scheuerl fest, dass im „Transti-Streit“ mit Österreich, das Berchtesgadener Land in hohem Maß betroffen ist und die Anwohner im Kleinen deutschen Ecks seit Jahren durch den LKW-Ausweichverkehr von den Autobahnen A8 und A93 bei Blockabfertigung in Kiefersfelden und speziell wegen Nichteinhaltung des geltenden Nachtfahrverbots leiden.
Grundsätzlich begrüßen die Bürgerinitiativen die von Ministerpräsident Markus Söder getroffenen Schutzmaßnahmen für die Bürger*innen an Blockabfertigungstagen für das Inntal und die Anwohner im Kleinen deutschen Eck. Diese Maßnahmen seien jedoch nicht ausreichend und sie entlasten die Bevölkerung, wenn überhaupt, nur an wenigen Tagen im Jahr. Was den Anwohnern im Kleinen deutschen Eck helfen würde, wäre eine dauerhafte Verlagerung des Schwerverkehrs auf die A 8 auf deutscher Seite und die auf österreichischem Staatsgebiet verlaufende B 311 (über Zell am See).
Beide Straßenverbindungen wären weder zeitaufwändiger, noch mit nennenswerten Mehrkosten verbunden, so Scheuerl. Um die Situation hier im Berchtesgadener Land persönlich darstellen zu können und gemeinsam Lösungsmöglichkeiten in dieser derzeit zugespitzten Situation finden zu können, bat Scheuerl die politischen Vertreter um einen Gesprächstermin mit Vertretern der Verkehrsinitiativen vor Ort.
Minister Bernreiter sieht wenige Begrenzungsmöglichkeiten
Minister Bernreiter beteuerte, dass er die Forderungen, den Lkw-Transitverkehr zu begrenzen, gut nachvollziehen könne. Auch politisch sei die Situation im Kleinen Deutschen Eck bereits in mehreren Gesprächen thematisiert worden, zuletzt in einem Termin im Juli mit Frau Staatsministerin Michaela Kaniber und Herrn Staatsminister Joachim Herrmann. Weiter befinde er sich in regelmäßigem, intensivem Austausch mit der österreichischen Seite.
Diese Gespräche gestalteten sich aber leider in der Sache durchweg schwierig. Die Möglichkeiten der Staatsbauverwaltung, regulierend auf den Lkw-Transitverkehr im Kleinen Deutschen Eck einzugreifen, seien leider eher gering, da es für die zuständigen Straßenverkehrsbehörden im Landratsamt, bei der Regierung von Oberbayern und der obersten Straßenverkehrsbehörde am Staatsministerium des lnnern, für Sport und Integration, strenge Prüfanforderungen für eine solche Maßnahme gebe. Verwertbare Verkehrsdaten für solche verkehrsrechtliche Maßnahmen erhebe das Straßenbauamt durch permanent durchgeführte Messungen.
Bernreiter will nicht persönlich reden
Ausführlich geht Minister Bernreiter in seinem Schreiben auch auf die bereits angeordnete Sperre und die Geschwindigkeitsbeschränkung für die Weißbachbrücke auf der B21 in Schneizlreuth ein (wir berichteten ausführlich), die zumindest für einige Zeit automatisch Beschränkungen für den LKW-Transitverkehr bringe. Wie Herr Scheuerl dazu mitteilt, geht es den Initiativen aber um langfristige Entlastungen, die auch nach dem Neubau der Weißbachbrücke nachhaltig greifen, zumal die Durchsetzung der jetzt getroffenen Beschränkungen, nur durch massive Kontrollen möglich sein wird. Auf die Bitte um einen persönlichen Gesprächstermin mit Vertretern der Verkehrsinitiativen ging Bernreiter leider nicht ein. Er hoffe aber, dass der verschobene Ortstermin zur Behandlung der von Herrn Scheuerl eingebrachten Petition zum Nachtfahrverbot im Kleinen Deutschen Eck an den Bayerischen Landtag bald stattfinden werde, an dem „auf jeden Fall auch Vertreter meines Hauses teilnehmen.“
Landrat Kern möchte sich persönlich einsetzen
Auch Landrat Bernhard Kern sieht in seinem Anwortschreiben weiteren Handlungsbedarf in Sachen Verkehrsproblematik im Kleinen Deutschen Eck, da gerade in den vergangenen Jahren der Schwerverkehr und damit, „die sehr hohe Belästigung für die betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner“ massiv zugenommen hätten. Der Grund für die Verlagerung des Verkehrs durch das Kleine Deutsche Eck sei aber nicht nur eine allgemeine Zunahme des Schwerlastverkehrs, sondern auch verschiedene Sperrungen und Maßnahmen auf österreichischer Seite.
Grundsätzlich vertrete er die Meinung, dass der Schwerverkehr auf die Autobahnen, beziehungsweise auf die Schiene gehöre und nicht durch bewohnte Ortschaften fließen sollte. Zum Schutz der Anwohner*innen hätten das Landratsamt, aber auch das bayerische Innen- und Verkehrsministerium, neben vielen konstruktiven Gesprächen, Maßnahmen wie die Stationierung von Seitenradargeräten in Schneizlreuth, um die tatsächliche Verkehrsbelastung an Blockabfertigungstagen feststellen zu können, oder ein Durchfahrtsverbot für LKW über 7,5 t (Lieferverkehr ausgenommen) während der Blockabfertigung in Kiefersfelden angeordnet und Letzteres effektiv umgesetzt. Dass diese jetzt getroffene Anordnung nur für wenige Tage im Jahr eine Entlastung darstellt, sei ihm durchaus bewusst.
Landrat Kern: Anordnungen sorgt für Entlastung
Auch die Anordnungen bezüglich der Weißbachbrücke werde eine deutlichen Entlastung für die Bürger*innen bringen. Als weitere Maßnahme habe bereits die Erhöhung der Kontrollen hinsichtlich des Nachtfahrverbots erreicht werden können, die nun wöchentlich anstatt einmal monatlich durchgeführt werden sollen. Dringend notwendig sei nun, die Mautsäule auf Höhe Baumgarten weiter in Richtung Bad Reichenhall zu versetzen, um auch den Verkehr von der B21 über die Thumseestrecke (St 2101) erfassen zu können. Auch eine Erhöhung der Mautgebühr auf den Ausweichrouten sollte aus Sicht des Landrats umgesetzt werden. Zudem müssten die Blockabfertigungen in Kufstein schnellstmöglich beendet und die am Walserberg angekündigten Dosierungsmaßnahmen dringend verhindert werden.
Neben den bereits beschriebenen Maßnahmen seien weitere im gesamten Landkreis geplant. Landrat Kern versicherte am Schluss seines Antwortschreibens, dass er sich in jedem Fall weiterhin persönlich für den Schutz der Anwohner*innen einsetzen werde. Auf die Bitte um einen Gesprächstermin mit Vertretern der Verkehrsinitiativen ging auch der Landrat nicht ein. Wie Ulrich Scheuerl abschließend informierte, habe die Staatsministerin Michaela Kaniber leider gar nicht auf den offenen Brief geantwortet, obwohl er diesen in den Briefkasten beim Abgeordnetenbüro eingeworfen habe. Das Abgeordnetenbüro teilte zwischenzeitlich mit, das der Brief offenbar dort nicht angekommen sei, die Ministerin aber nun zeitnah eine Antwort auf die Fragen in dem offenen Brief geben werde.
wb