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Knappes Gut Wohnraum: Was brachte der „Wohnbau-Booster“? Und wie ist die Lage allgemein?

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Von: Heinz Seutter

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Auch im Landkreis Mühldorf kann meist gar nicht so schnell gebaut werden, wie Wohnungen gebraucht werden.
Wohnungsbaustelle (Symbolbild) © picture alliance/dpa

Wie ist die Lage bei der Schaffung neuen Wohnraums aktuell? Hat sich Bayerns „Wohnbau-Booster“ schon bemerkbar gemacht und welche Hindernisse stehen dem Schaffen zusätzlichen Platzes zum Leben im Weg? Diese drei Fragen haben wir den Stadtverwaltungen von Altötting, Bad Reichenhall, Mühldorf, Rosenheim und Traunstein gestellt.

Altötting/Bad Reichenhall/Mühldorf/Rosenheim/Traunstein Vor etwas über einem Monat erfolgte der Startschuss für den Wohnbau-Booster in Bayern. Unter anderem sollen mit verbesserten Konditionen für Darlehen, höheren Zuschüssen und einer Extra-Förderung für den Wohnungsbau in Stadt- und Ortskernen zusätzliche Anreize für den Bau von Mietwohnungen geschaffen werden“, so das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr damals. Nun forderte außerdem jüngst die Staatsregierung, dass auch der Bund nachlegen müsse, damit das Ziel von deutschlandweit 400.000 neuen Wohnungen im Jahr erfüllt werden könne. Dazu werden eine Reihe konkreter Forderungen gestellt, unter anderem eine Verbesserung steuerlicher Rahmenbedingungen, Sicherung der KfW-Förderung und so weiter. Aber wie ist die Lage bei uns?

Wir haben uns mit drei Fragen an die Stadtverwaltungen von Altötting, Bad Reichenhall, Mühldorf am Inn, Rosenheim und Traunstein gewendet:

Frage 1: Wie ist aktuell die Lage hinsichtlich der Schaffung neuen Wohnraums?

„Wir haben derzeit in der Stadt Bad Reichenhall mehrere größere Wohnraumprojekte von privatwirtschaftlicher Seite in Vorbereitung“, berichtet von dort Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung auf Nachfrage unserer Redaktion. „Teils sind die entsprechenden Bebauungspläne bereits als Satzung beschlossen, wie beispielsweise Zeno Ost und Wohnen in der Frühlingstraße, zum Teil stehen diese kurz vor Satzungsbeschluss, wie unter anderem St. Zeno Süd und die Reiffenstuelstraße. Auch über Paragraph 34 des BauGB sind zuletzt mehrere Wohnbauprojekte genehmigt worden, zum Teil sind diese bereits errichtet, wie beispielsweise in der Johann-Häusl-Straße. Die städtische Wohnbaugesellschaft soll nach unserem Willen künftig aktiver bei der Schaffung neuer Wohnungen sein und hat seit dem 1. Januar eine hauptamtliche Geschäftsführung. Konkret greifen wir derzeit unter anderem die Planungen zum Wohnen in der Auenstraße wieder auf und setzen dabei auf eine anwohnerverträgliche Lösung.“

„Durch Rechtskraft der Bebauungspläne ‚Am Kirchenfeld‘, ‚Wintererhof‘ und ‚An der Eichkapelle‘ gibt es in der Kreisstadt in zwei verschiedenen Gebieten Baurecht für verschiedene Wohnformen wie Einzel- Doppel-, Reihen- und Atriumhäuser sowie Mehrfamilienhäuser. Darüber hinaus unterstützen wir Anträge auf Nachverdichtung auch im Sinne des Flächensparens“, berichtet Werner Kurzlechner, Pressesprecher der Stadt Mühldorf am Inn, „Auch wurde einiges Potenzial bereits ausgeschöpft. Weiteres Potenzial ist vorhanden – etwa aus der Erhebung von Innenentwicklungspotenzialen, die die Kreisstadt durchgeführt hat.“ - „In Rosenheim sind derzeit mehrere Projekte der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GRWS sowie von privaten Investoren in der Umsetzung oder Planung. Zum Beispiel bebaut die GRWS einen Teil des 40.000 Quadratmeter großen Areals an der Kaltenmühle. Es entstehen 106 GRWS-Wohnungen, davon sind 64 EOF-gefördert, also für Menschen mit geringerem Einkommen und 43 freifinanzierte Wohnungen. Das Bebauungsplanverfahren Oberwöhr Krainstraße-Nordwest schafft Baurecht für 166 Wohnungen und mit dem Verfahren für die Wittelsbacherstraße soll Baurecht für 75 Wohnungen entstehen“, so Christian Baab, stellvertretender Pressesprecher der Stadt Rosenheim.

„Der Druck, der auf unseren regionalen Wohnungsmarkt einwirkt, ist aktuell enorm groß. Die in 2022 gegründete wbg, die eigene Wohnungsbaugesellschaft der Stadt, hat daher noch im Gründungsjahr die Planungen für neuen Wohnraum begonnen“, erklärt Eva Schneider, Pressesprecherin der Stadt Traunstein. „Wir werden auf den Wohnraummangel reagieren und noch in diesem Jahr den ersten Spatenstich für neuen Wohnraum setzen“, so Oberbürgermeister und wbg-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Christian Hümmer. „Und das ist auch notwendig, denn die gestiegenen Zinsen in Kombination mit den nach wie vor hohen Grundstücks- und Baupreisen verschärfen den Druck auf den Miet-Wohnungsmarkt weiter.“

Frage 2: Hat sich der „Wohnbau-Booster“ bereits nach einem Monat bemerkbar gemacht beziehungsweise ist Ihrer Einschätzung nach noch eine Wirkung in der nächsten Zeit zu erwarten?

„Bisher hat er sich in der Stadt Altötting nicht bemerkbar gemacht“, teilt die dortige Stadtverwaltung mit. „Das ist nach so einem kurzen Zeitraum für die Kreisstadt nicht erkennbar“, heißt es auch aus Mühldorf am Inn. „Der Wohnraum-Booster hat sich in der Kürze der Zeit bei uns noch nicht bemerkbar gemacht. Wir würden es allerdings begrüßen, wenn die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften sich aktiver als bisher einbringen. Auch verbesserte Förderungen begrüßen wir ausdrücklich! Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang, dass nicht nur die Kommune selbst sondern auch unsere Wohnbaugesellschaft förderberechtigt ist. Die Forderungen der Staatsregierung trage ich ausdrücklich mit“, so wiederum Bad Reichenhalls OB Lung.

Auch in Rosenheim hat man vom „Booster“ noch nichts bemerkt. „Dies liegt an einer rückläufigen Nachfrage, den extrem gestiegenen Baukosten sowie deutlich erschwerten Finanzierungsbedingungen. Der Bau von Wohnungen, mit dem bis Mitte des letzten Jahres noch nicht begonnen wurde, ist fast zum Erliegen gekommen“, so Sprecher Christian Baab. „Die Stadt Traunstein begrüßt den Wohnbau-Booster sehr. Wir sehen ihn bei den steigenden Zinsen und nach wie vor hohen Baukosten aber vor allem als eine dringend erforderliche Maßnahme des Freistaates, damit die Projekte für bezahlbaren Wohnraum überhaupt noch realisiert werden können. Wir hoffen auf weitere Verbesserungen der Rahmenbedingungen für den bezahlbaren Wohnraum von Freistaat und Bund, damit der neue Wohnraum auch bezahlbar bleibt“, so Sprecherin Eva Schneider. Bernhard Glaßl, Fachbereichsleiter Baurecht bei der Stadt Traunstein, gibt allerdings zu bedenken: „Der Wohnbau-Booster hat sich und kann sich auch nicht kurzfristig bei den Bauaufträgen bemerkbar machen, da hier lange Vorlaufzeiten für die Planung bestehen.“

Frage 3: Gibt es neben den vom „Wohnbau-Booster“ und den vom Bund durch die Staatsregierung geforderten Maßnahmen anvisierten Themen noch weitere Gründe, wie besondere örtliche Rahmenbedingungen, welche eine weitere Schaffung von Wohnraum behindern?

„Im Bereich der Stadt Bad Reichenhall ist insbesondere die topographische Lage und daraus folgend die extreme Flächenknappheit prägend. Insofern setzen wir darauf, insbesondere den Innenraum zu bebauen und gegebenenfalls zu verdichten. Wir wollen aber unbedingt den naturnahen Charakter unserer Stadt erhalten“, erklärt Bad Reichenhalls Bürgermeister Lung. „Aus Sicht der Stadt gibt es einige Faktoren, die hemmend wirken, sicherlich keine exklusiven Mühldorfer Phänomene“, so Pressesprecher Werner Kurzlechner, „So die Entwicklung der Baukosten, Unsicherheiten der Zinssituation, plötzlicher Wegfall von bisherigen Förderprogrammen. Aber auch Nachbarbeschwerden, eine ‚Dagegen- Kultur‘, die Entwicklung der Grundstückspreise, auch in Verbindung mit Grundstücksspekulation und der Personalmangel bei Baufirmen.“

„Da Rosenheim die flächenmäßig zweitkleinste kreisfreie Stadt Bayerns ist, ist die Flächenverfügbarkeit das größte Hemmnis bei der Wohnraumschaffung“, fasst es Christian Baab kurz zusammen und verweist im übrigen auf die vorherige Antwort. „Es gibt viele Themen, die das Bauen unberechenbar, langsam und teuer machen. Die Förderungen der Kfw sind oftmals schnell erschöpft, das führt zu sinkendem Vertrauen in die Fördertöpfe und Zurückhaltung im Neubau. Zudem ist Bauen momentan unfassbar teuer, weil die Materialpreise enorm gestiegen sind. Ein großes Thema für teures Bauen sind auch die Stellplatzsatzungen. Innerstädtisch lassen sich die nötigen Parkplätze meist nur mit aufwendigen Tiefgaragen lösen, die kosten viel Geld und müssen durch die Mieter beziehungsweise Käufer refinanziert werden“, so schließlich Traunsteins Pressesprecherin Eva Schneider, „Damit eine Reduzierung von Stellplätzen Sinn macht, muss aber zuerst ein Alternativangebot an Mobilität verfügbar sein. Hier brauchen wir schnelle und umfassende Förderungen, um ein neues Netz aus Mobilitätsangeboten aufbauen zu können, zum Beispiel Carsharing, Lastenrad-Sharing und so weiter. Das würde das Bauen und damit das Wohnen deutlich günstiger machen und wäre ein wesentlicher Schritt in Richtung nachhaltige zukunftsfähige Mobilität.“

hs

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