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Landesamt für Maß und Gewicht in Bad Reichenhall: Warum die Behörde für uns so wichtig ist

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Von: Kilian Pfeiffer

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Der Hauptsitz des Landesamts für Maß und Gewicht in Bad Reichenhall. In einigen Jahren soll das Landesamt in einen Neubau übersiedeln.
Der Hauptsitz des Landesamts für Maß und Gewicht in Bad Reichenhall. In einigen Jahren soll das Landesamt in einen Neubau übersiedeln. © kp

Als das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht vor fünf Jahren den Hauptsitz von München nach Bad Reichenhall verlegte, war man zuversichtlich, dass das mit dem Neubau etwas schneller gehen würde.

Bad Reichenhall - Untergebracht in einem Gebäude der Sparkasse Berchtesgadener Land ist der Übergangssitz eigentlich schon wieder zu klein geworden. Auch weil die Mitarbeiterzahl ständig steigt, wie Physiker Dr. Cord Müller, Leiter der angeschlossenen Deutschen Akademie für Metrologie, bestätigt. Besuch in einer Behörde, die kaum einer auf dem Schirm hat.

Wer will von München nach Bad Reichenhall?

Wer will schon von München nach Bad Reichenhall? Diese Frage wurde häufig gestellt, als im Jahr 2016 klar war, dass das Landesamt mit Sack und Pack umzieht und den Hauptsitz aufs Land verlegen würde. Es war Folge der von der Staatsregierung beschlossenen Heimatstrategie: Raus aus der Stadt, rein in den südöstlichsten Zipfel Deutschlands, wo sich Hase und Igel gute Nacht sagen. Befürchtungen, nicht alle Mitarbeiter würden mitziehen, waren schlussendlich berechtigt. Mit dem Umzug sei „fachtechnische Kompetenz” verloren gegangen, heißt es heute. Nur zwei Beschäftigte wechselten in die Kurstadt, wie Dr. Lambert Schulze Wessel, stellvertretender Amtsleiter, bei einem Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Mess- und Eichwesen mitteilte.

Was ist Metrologie?

Dr. Cord Müller ist froh, in Reichenhall zu sein. Der Physiker schätzt die Umgebung. Als Chef der Deutschen Akademie für Metrologie hat er in Reichenhall ein Fortbildungszentrum aufgebaut. In der Akademie werden seit bald 70 Jahren alle Eichbediensteten für den gesamten deutschen Raum ausgebildet. Metrologie ist nicht mit Meteorologie zu verwechseln. Während ersteres die Wissenschaft des Messens ist, beschäftigt sich die Meteorologie mit Wetter und Klima.

Für diese Angelgenheiten ist das Amt zuständig

Cord Müller ist als Physiker ein Mann der Zahlen und Gesetze. „In unserem Bereich gibt es immer wieder mathematische Fragestellungen”, sagt er. Eichung ist die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Prüfung eines Messgerätes. Die Eichpflicht besteht nur im geschäftlichen Verkehr. Das richtige Maß hat im Alltag jedes Bürgers Bedeutung. Die Mitarbeiter des Landesamts prüfen, ob die angezeigte Menge Diesel auch tatsächlich aus der Zapfsäule fließt, ob der Metzger beim Wiegen der Wurst nicht ein paar Gramm zu wenig auf der Waage hat oder ins Glühweinglas auch wirklich 250 Milliliter passen. Stichprobenkontrollen des Landesamts sollen für Klarheit sorgen. Stimmt der Eichstrich nicht oder könnte der Verbraucher getäuscht werden, könnte eine Charge zurückgewiesen werden. Solche Fälle gibt es immer wieder.

1869 wurde die „Königlich Bayerische Normal-Eichungs-Kommission“ geschaffen. Um später die amtlichen Eichungen durchzuführen, gab es in früheren Zeiten mehr als 100 Eichämter in ganz Bayern.

Was hat das Amt mit Tempomessung zu tun

Die Kernaufgabe am Hauptsitz des Landesamts für Maß und Gewicht ist die „Sicherstellung einheitlicher Messungen in ganz Bayern.“ Wer beim Arzt auf die Waage steigt, entdeckt eine Eichmarke. Wer aufs Gaspedal tritt und geblitzt wird, kann sicher sein, dass die Tempomessung mit einem geeichten Messgerät erfolgt. Verlassen sollte man sich auch auf das Dosimeter können: Dosimeter sind Messgeräte zur Messung der Strahlendosis. Ob Taxameter, Gas-, Stromzähler oder Weinglas mit Eichstrich: Cord Müller und die weiteren 250 Eichbediensteten, die über mehrere Außenstellen in ganz Bayern verteilt sind, haben ihre Finger im Spiel. Die Außendienstmitarbeiter sitzen etwa in Traunstein.

Fast 40 Mitarbeiter

Fast 40 Mitarbeiter haben sich in Reichenhall angesiedelt. Tendenz: steigend. Die meisten stammen aus der Region. „Wir haben Fachkräfte, aber auch Quereinsteiger gewinnen können”, sagt Cord Müller und sieht die Behörde mit langer Tradition - vor ein paar Jahren feierte man das 150. Gründungsjubiläum - auf einem guten Weg. Auf 1000 Quadratmetern arbeiten die Angestellten im Übergangsgebäude im Herzen Reichenhalls. An zwei weiteren Standorten in der Stadt gibt es Büros. Der vor Jahren angekündigte Neubau auf dem ehemaligen Gelände der vor 17 Jahren bei einer Schneekatastrophe eingestürzten Reichenhaller Eishalle soll kommen, sagt Müller.

Neubau soll über 70 Millionen Euro kosten

Die prognostizierten Kosten von einst 70 Millionen Euro dürften bei Weitem überschritten werden, wenn der Freistaat nicht an der Dimension des Gebäudes sparen möchte. Landesämter sind häufig auch Repräsentationsgebäude. Aktuell ist man in Reichenhall noch nicht vollständig handlungsfähig. Die technischen Prüfeinrichtungen für spezielle Messungen sind derzeit noch in München untergebracht. Sie sollen erst mit dem Neubau nach Bad Reichenhall umsiedeln.

Ganzjährig geöffnet ist hingegen bereits die Deutsche Akademie für Metrologie, der Cord Müller vorsteht. „Wir machen hier die Ausbildungen und Lehrgänge für eichtechnische Bedienstete aus ganz Deutschland”, sagt er. Der Hörsaal im Sparkassengebäude ist Mitte Januar voll belegt. Jeder Teilnehmer hat eine Plastikkiste mit dicken Ordnern mitgebracht. Darin ist das Eichrecht verschriftlicht, Paragrafen über Paragrafen. Mündliche und schriftliche Prüfungen finden hier statt. „Die Akademie ist ein wichtiges Standbein des Landesamts”, sagt Cord Müller.

In einem Schaukasten im Landesamt befinden sich zwei besondere Objekte, Urkilogramm und Urmeter, die Referenznormale für die Maßeinheit Kilogramm und Meter. Nicht nur für die Beschäftigten des Landesamts haben sie spezielle Bedeutung. „Wir finden in Urmeter und Urkilogramm die Einhaltung des Versprechens, dass sich die Menschen auf gemeinsame Standards einigen können. Sie sollen allen gemeinsam die notwendige Sicherheit geben, weltweit dieselbe Sprache zu sprechen”, sagt Cord Müller.

kp

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