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Landrat Kern: „Wir dürfen nicht an der Grenze aufhören, zu denken“

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Von: Christina Eisenberger

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Landrat Bernhard Kern Berchtesgadener Land Corona
„Es ist entscheidend, dass wir auch die Bevölkerung mitnehmen“, sagt Landrat Bernhard Kern im Interview im Hinblick auf die Corona-Politik der Regierung. © ce

Berchtesgadener Land - Von Bürgertests, Montagsdemos und frierenden Klassenzimmern: Landrat Bernhard Kern spricht im ersten Teil des Interviews mit BGLand24.de über die Corona-Regeln für den Herbst und was er selbst von der Regierung erwartet.

Herr Landrat Kern, was ist Ihre persönliche Einschätzung zu den Plänen des Bundesgesundheitsministers für den Herbst und Winter? 

Mir ist es äußerst wichtig, dass Schulen und Kitas offen bleiben. Wichtig ist aus meiner Sicht auch, dass die Laufzeit der Impfzentren und Testzentren, die jetzt bis 31. Dezember 2022 gesichert sind, auch verlängert werden kann, wenn es erforderlich wäre. Wir müssen gute Vorgaben für den Herbst bekommen. Diese Vorgaben vom Bund muss dann auch das Land abfedern und nicht alles an die Gesundheitsämter in den Landkreisen abgeben. Die Verordnungen müssen klar von oben kommen. Man sollte dabei auch schauen, dass die Vorgaben nachvollziehbar sind und gut kommuniziert werden, damit die Bürger sie akzeptieren, vorsichtig sind und auch mitmachen. Wir müssen auf Sicherheit schauen, ganz klar, aber dafür wird jeder etwas tun müssen. 

Bürgertests sind weiterhin kostenpflichtig. Bei den geplanten Corona-Maßnahmen spielen Tests jedoch eine maßgebliche Rolle. Die Maske kann etwa in der Gastronomie weggelassen werden, wenn ein aktueller Corona-Test vorliegt. Wie sehen Sie das?

Die Testungen geben mehr Freiraum und letztlich auch Sicherheit, wenn man auf eine Veranstaltung geht oder in die Gastronomie. Aber für viele Bürger wird es schwierig, wenn die Tests kostenpflichtig bleiben.

Der Besuch beim Wirt könnte für eine Familie mit kostenpflichtigen Tests noch einmal teurer werden, als es so schon ist … 

Das wird sicher so sein. Treffen würde es wohl wieder die Gastronomie, wie auch in den vergangenen Jahren, als diese äußerst stark in Mitleidenschaft gezogen und großen Herausforderungen ausgesetzt worden ist. Würden die Tests bezahlt, könnte man die Attraktivität für die Gäste steigern. Dann ist die Bevölkerung wieder eher dabei.

Befürchten Sie, dass es wieder zu Montagsspaziergängen und anderen Corona-Demos kommen könnte?

Nein, das glaube ich nicht. Weil die Ausgangslage mittlerweile einfach eine andere ist.

Auch nicht, wenn wir schärfere Maßnahmen bekommen werden, etwa die Kontaktreduktion und Obergrenzen in der Gastronomie?

Davon gehe ich nicht aus. Wir werden vorsichtig bleiben müssen, auch in der nächsten Zeit. Das ist ganz klar. Man sieht, dass die Bevölkerung schon vorsichtig ist und etwa Abstand hält und auf die Hygienemaßnahmen achtet. 

Schulen sollen laut Karl Lauterbach diesen Herbst und Winter nicht geschlossen werden. Von den vergangenen Wintern hat man noch die frierenden Klassenzimmer im Kopf. Jacke an, Fenster auf, Lüften. Wie sind denn unsere Schulen für den Corona-Winter aufgestellt?

Die Schutzkonzepte obliegen den Schulleitern. Da ist ausnahmslos jeder Schulleiter sensibilisiert und schaut, wie er in den Herbst kommt. Einzelne Kommunen haben noch einmal mit Lüftungssystemen nachgebessert. Wir sind da für den Herbst gut aufgestellt. Wir haben auch dazu gelernt.

Wie sich das Virus in der kalten Jahreszeit weiter verhält, lässt sich nicht vorhersagen. Auf was wird die Politik achten müssen? 

Ein wichtiger Indikator sind die Kliniken – das sind für das Berchtesgadener Land nicht nur die Kliniken Südostbayern, sondern etwa die Entwicklung in der ganzen Region 18 (Anm. der Redaktion: Südostoberbayern). Dabei dürfen wir auch nicht an der Grenze zu denken aufhören und müssen uns ansehen, wie es im Raum Salzburg als angrenzende Stadt weitergeht. Wir sind auch jetzt tagesaktuell mit den Kliniken in Verbindung und sehen, wenn sich etwas verändert. Außerdem führen wir auch das Abwassermonitoring im Landkreis fort. Dabei stellen wir die Ergebnisse immer wieder mit den ermittelten PCR-Testergebnissen gegenüber. Die entsprechenden Erkenntnisse daraus leiten wir auch weiter. 

Welche Erwartungen haben Sie an die Politik in München für den kommenden Herbst und Winter?  

Ein Mehr an Informationen. Ich erwarte mir, dass vom Ministerium entsprechende Vorgaben zu den umzusetzenden Maßnahmen kommen und das in einem entsprechenden zeitlichen Rahmen. Wir haben in der Vergangenheit freitagabends oder am Wochenende die Informationen bekommen, die dann am Montag umzusetzen waren. Das geht nicht mehr und das kann man auch den Bürgern nicht zumuten. Diese Kurzfristigkeit und diese Kommunikationskette muss und soll eine andere werden. Schließlich ist es entscheidend, dass wir auch die Bevölkerung mitnehmen. 

Also erwarten Sie sich schon, dass wir dieses Mal die Informationen früher bekommen? 

Ja. ‚Früher‘ wird vielleicht nicht ein Monat sein, aber wir brauchen zumindest eine Woche Vorlauf. Wir müssen die uns vorgegebenen Maßnahmen dann in die Umsetzung bringen. Und von heute auf morgen gehts halt auch nicht. 

Wie ist das damals abgelaufen, wenn am Freitag die Mail gekommen ist, dass ab Montag der Lockdown light für das Berchtesgadener Land gilt?

Da sind die Kräfte wieder alle zusammengezogen worden und dann hat das aufgearbeitet werden müssen, ganz egal, ob Samstag oder Sonntag war. Schließlich musste am Montag die Umsetzung erfolgen. Und alles andere musste auch laufen. Es ist schon eine Belastung für die Mitarbeiter, dass man diese Vorgaben umgehend in die Umsetzung bringt. 

Was hat die Pandemie den Landkreis an Kraft gekostet?

Kraft hat es viel gekostet. Speziell im Gesundheitsamt hat es personelle Entwicklungen gegeben, die man sich noch 2019 gar nicht vorstellen hätte können. Wir haben derzeit rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Vorher hatten wir 16. Diese starke Veränderung muss man als Amt stemmen. Wir mussten Personal und Räumlichkeiten suchen. Nach diesen zwei Jahren ist es auch eine entsprechende Belastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus. 

Herr Kern, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Im zweiten Teil des Interviews sprechen Landrat Bernhard Kern und Gesundheitsamtsleiter Matthias Stephan über den neuen Corona-Impfstoff, wie sich das Gesundheitsamt auf den Winter vorbereitet und worauf wir in der kalten Jahreszeit unser Augenmerk legen müssen.

ce

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