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Wenn die Lieferanten vor der Haustür grasen: Hans Gruber ist neuer Kreisobmann im Berchtesgadener Land

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Von: Kilian Pfeiffer

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Vollerwerbs-Milchviehwirt Hans Gruber beim Füttern. © kp

Für Hans Gruber wäre ein „Wettrüsten mit dem Wolf“ das Schlimmste, was in den nächsten Jahren passieren könnte. Der gelernte Metzger und Vollerwerbslandwirt ist seit vergangenem Jahr Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands für den Landkreis Berchtesgadener Land. Dessen Landwirtschaft, der Eisenbichlerhof in Karlstein oberhalb von Bad Reichenhall, befindet sich seit mehr als 500 Jahren in Familienbesitz. Landwirt zu werden, wurde Gruber in die Wiege gelegt.

Berchtesgadener Land/ Reichenhall – Landwirte wie Hans Gruber findet man im südöstlichsten Landkreis Deutschlands kaum noch. Gruber ist Vollerwerbslandwirt. Die meisten betreiben ihre Landwirtschaft im Nebenerwerb. Hans Grubers Milchviehbetrieb umfasst mehr als 50 Kühe. „Wir sind ein relativ großer Betrieb in der Gegend“, sagt er. Neben dem Bauernhof betreibt der gelernte Metzger mit Sachkundenachweis seit 2005 das regionale Schlachthaus im Ortsteil Türk/Marzoll, „als Dienstleistung für andere Bauern“, sagt er. Die Zulieferer sind Landwirte aus dem Umfeld und den umliegenden Gemeinden. Das Schlachthaus war Anfang der 1990er-Jahre mit viel Eigenleistung und mithilfe eines Darlehens der Stadt Reichenhall aufgebaut worden. Neben den weiteren Schlachthöfen in Berchtesgaden und jenem in Laufen ist Grubers Schlachthaus der einzige Tierverarbeitende Betrieb im Landkreis.

Einen Steinwurf von den Freilaufstallungen entfernt liegt auf dem weitläufigen Hof der Eingang zur eigenen Käserei. Auf diese ist Hans Gruber besonders stolz. „Einen Teil der Milch unserer Fleckviehkühe verarbeiten wir am Hof zu Butter und verschiedenen Käsesorten“, sagt er. Dabei entstehen eine Art Tilsiter, Bergkäse, Camembert und eingelegter Käse. Gemeinsam mit Ehefrau Charlotte betreibt Hans Gruber die Höllenbachalm auf 780 Metern - von Mai bis Oktober, auf dem Gemeindegebiet von Schneizlreuth. Die Grubers als Familienbetrieb werben mit Milchkuhhaltung, Almwirtschaft und Selbstvermarktung. Die Jungkühe, die den Sommer über auf der Höllenbachalm verbringen, stammen ausschließlich aus dem eigenen Betrieb. „Wir vermarkten unsere Produkte bestmöglich selbst“, sagt Hans Gruber. Früher besuchte er mit der regionalen Ware noch die hiesigen Märkte. 2018 hörten die Grubers damit auf, verkaufen seitdem an Endkunden und den Einzelhandel.  

Der Eisenbichlerhof ist über 500 Jahre alt

Vollerwerbslandwirte wie Hans Gruber, 49 Jahre alt, gibt es im Berchtesgadener Land nicht mehr viele. Gruber ist auf dem heimischen Hof aufgewachsen. Er hat zunächst eine Metzgerausbildung absolviert, später Landwirtschaft in Weihenstephan studiert. Den Betrieb übernahm er vom Vater. „Ich bin hier groß geworden, mich hat das von Anfang an interessiert“, sagt er. Der Hof existiert seit Generationen, wie Aufzeichnungen belegen. 2008 feierte die Familie das 500-Jahr-Bestehen des Eisenbichlerhofs. Hans Gruber hat zwei Söhne, 20 und 22 Jahre alt. Beide helfen auf dem Hof bereits mit. Einer wird den Hof voraussichtlich übernehmen. 

Zu tun gibt es rund um Käserei und Kühe jede Menge. Als Milchviehbetrieb stehen die Rinder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Rund um den Hof hat Hans Gruber Weideflächen. Viel Spielraum bleibt da eigentlich nicht für andere Tätigkeiten. Dennoch: Als Bindeglied zwischen Bauernverband und dessen Mitgliedern agiert er als Obmann auf Kreisebene. Hans Gruber ist von Anfang an Mitglied des Bayerischen Bauernverbands. Er war bereits stellvertretender Ortsobmann in Karlstein, wurde später in die Kreisvorstandschaft gewählt. Nach fünf Jahren hörte er auf. Mittlerweile ist er wieder zurück, hat sich aufstellen und wählen lassen, und agiert als Kreisobmann als Sprecher der Bauernverbandsmitglieder in der Region. Seit wenigen Monaten ist er in dieser Rolle tätig und alles andere als unterbeschäftigt. 

Der Wolf als bestimmendes Thema

Mit dem Wolf ist ein Thema aktuell, das nicht nur Hans Gruber jede Menge abverlangt. Wo Landwirte auch immer zusammenkommen: Der Wolf ist bestimmender Gesprächsstoff, vor allem, nachdem mehrere Vorfälle mit gerissenen Weidetieren dem Raubtier im Berchtesgadener Land jede Menge Aufmerksamkeit verschafft hatten. „Der Wolf ist ein Riesenthema“, klagt Hans Gruber, ohne in Emotionalität zu verfallen. Für die Bauern ist klar: Jeder Wolf ist einer zu viel. Ohne Entnahmemöglichkeit wird es wohl schwierig werden, dass keine weiteren Schafe oder Hirschkühe zu Tode kommen. „Ein Wettrüsten mit dem Wolf ergibt keinen Sinn“, sagt Gruber deutlich. Nicht schützbare Flächen werden auch durch einen teuren Zaun nicht sicherer. Praxisfern sei vieles, worüber in den vergangenen Monaten diskutiert worden sei, sagt er. Klar ist aber auch: Der Wolf wird die Bauern „wohl noch auf Jahre begleiten“. 

Währenddessen sorgt ein weiteres Thema für Unruhe unter Landwirten, weil es deren Leben nicht gerade vereinfacht und viele Betriebe vor große Herausforderungen stellt: Ab 1. Februar 2025 gelten für die meisten bayerischen Betriebe neue technische Vorgaben zur emissionsarmen Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern auf Flächen mit Grünland und mehrschnittigem Feldfutterbau. „Landwirtschaft und Umweltschutz kollidieren hier“, sagt Hans Gruber. Die neue Düngeverordnung werde noch lange im Gespräch bleiben und heiß diskutiert werden, ist sich der Kreisobmann sicher. 

kp

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