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Leben auf fünf Quadratmetern - Bad Reichenhall verlegt Flüchtlinge in Container

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Von: Melanie Fischer

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Die Wiese an der Münchener Allee in Bad Reichenhall und Container
Auf der Wiese neben der ehemaligen Eishalle sollen Container für Flüchtlinge aufgestellt werden. © Collage Melanie Fischer, Daniela Haindl

Wenn es um die Unterbringung von Flüchtlingen geht, hört man mittlerweile immer wieder ein bestimmtes Wort: Container. Das Landratsamt sucht nun händeringend nach Flächen, auf denen man diese aufstellen kann - auch in Bad Reichenhall. Der Stadtrat hat inzwischen zwei Optionen ausgemacht. Doch damit ist das Problem noch lange nicht gelöst.  

Bad Reichenhall – Der Zustrom an Flüchtlingen lässt nicht nach. Derzeit halten sich im Berchtesgadener Land 2.267 Flüchtlinge auf. 40 Prozent davon kommen aus der Ukraine. In letzter Zeit gab es aber auch erhöhte Migrationsbewegungen aus der Türkei, Syrien und Afghanistan. Laut Ankündigung der Regierung von Oberbayern muss der Landkreis sich darauf einstellen, mindestens bis in den Sommer hinein alle 14 Tage eine Zuweisung mit 50 Personen unterzubringen.  

Flüchtlinge im Axelmannstein können wohl noch bleiben – aber nicht auf Dauer

Nahezu alle möglichen Unterkünfte sind bereits besetzt. Besonders brisant: Die rund 150 Ukrainer, die im Axelmannstein untergebracht sind, müssen wohl bald umziehen. Zunächst hieß es, dass der Vertrag Ende März endet. Oberbürgermeister Dr. Christoph Lung (CSU) verwies in der Sitzung am 7. Februar allerdings darauf, dass das Datum „nicht mehr in Stein gemeißelt ist. Es kann sein, dass es noch ein paar Wochen oder Monate weitergeht. Aber die Grundproblematik wird bleiben, die Leute anderweitig unterbringen zu müssen.“

Stadtrat entscheidet sich für Container-Flächen

Landrat Bernhard Kern möchte vermeiden, dass Turnhallen zu Unterkünften umfunktioniert werden. Nun bleibt nur noch die Möglichkeit, auf freien Flächen Container und Holzfertigbauten aufzustellen. Die Regierung von Oberbayern möchte, dass die Flächen mindestens 15 Jahre zur Flüchtlingsunterbringung genutzt werden. Oberbürgermeister Lung hingegen will diese nur für maximal fünf Jahre bereitstellen. Die Flächen müssten eine hinreichende Erschließung und die Nähe zum ÖPNV und zu Nahrungsversorgern aufweisen. Die Stadt Bad Reichenhall hatte vorab bereits vier Flächen ausfindig gemacht, die dafür infrage kämen:

Bei der Brache an der Auenstraße/Staufenbrücke möchte die Geschäftsführung bald einen neuen Anlauf starten, neue Wohnungen für die heimische Bevölkerung zu bauen. Daher fiel diese Fläche ebenso weg wie der Bereich in der Schillerstraße/Frühlingsstraße. Dieses Areal möchte die Stadt als Reserve zurückhalten. Die Fläche nördlich des Landratsamtes hat den Vorteil, dass das Ausländeramt sehr nah ist. Die Wiese an der Münchener Allee erwies sich für den Stadtrat auch als günstig.

Beim Landratsamt und an der Münchener Allee soll nun Platz für insgesamt 200 Flüchtlinge geschaffen werden. Da die Fläche beim Landratsamt der Stadt gehört, genügt hier das Einverständnis des Stadtrates, dass hier rund 100 Flüchtlinge untergebracht werden. Für die Wiese an der Münchener Allee beschlossen die Mitglieder, dass der Oberbürgermeister mit dem Landrat einen fünfjährigen Vertrag zur Unterbringung von weiteren 100 Menschen schließen soll.

Das Problem soll international gelöst werden

Glücklich mit diesem Beschluss war keiner der Stadträte. In der Diskussion wurde klar, dass die Problematik nicht von der Stadt gelöst werden kann. Lung verwies darauf, dass bayerische Landräte das Innenministerium bereits darauf hingewiesen haben, dass keine Kapazitäten mehr vorhanden seien. Es sei keine Antwort erfolgt. Herbert Lackner (Liste Lackner) ärgerte sich, dass sich seit der Flüchtlingskrise 2015 „nichts, aber auch gar nichts geändert hat. Es gelingt nicht, dass in Europa die Flüchtlinge solidarisch verteilt werden. Die Regierung tut zu wenig dafür, dieses Problem grundsätzlich zu lösen.“ Manfred Hofmeister (Bürgerliste) stimmte mit seiner Fraktion zwar zu, „weil wir mangels einer Alternative nicht vorankommen. Aber wenn sich das so weiterentwickelt, kommt es zu einer Überlastung der Kommunen. Wir müssen im Verbund mit den Nachbarländern eine Lösung finden. Dass die Gemeinden das regeln sollen, wird auf Dauer nicht funktionieren.“

Julia Schmied (fraktionslos) lehnte den Beschluss mit der Begründung ab, dass es nicht funktionieren könne, Menschen mit Fluchterfahrung auf lediglich vier bis fünf Quadratmetern wohnen zu lassen. „Ich möchte, dass wir unsere Leute mit maximal 50 Personen auf mindestens sieben Quadratmetern unterbringen.“ Friedrich Hötzendorfer gab zu bedenken, dass es nicht nur um die Unterbringung gehe. Mit Kindergarten- und Schulplätzen „kommt noch einiges auf uns zu. Aber wo sollen wir denn sonst die Leute unterbringen als in den Städten und Gemeinden?“ Lung bestätigte: „Wünschen können wir uns viel. Wir sind aber aus dem Stadium, wo wir so etwas hinbringen, hinaus.“

Mit der Flächenausweisung wären aber gerade einmal die Flüchtlinge aus dem Axelmannstein neu untergebracht. „Da kommen noch mehr. Die Unterbringung in Turnhallen kann allenfalls für kürzere Zeit eine Erwägung sein“, so Lung. Eine Lösung für das, was noch auf die Stadt zukommt, gibt es bisher nicht.

mf

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