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Besonderes Ehrenamt: Bad Reichenhaller startet kostenlose Selbstschutzkurse für Frauen

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Von: Christina Eisenberger

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Selbstverteidigung Frauen in Bad Reichenhall
Gefahren einschätzen, vermeiden, abwehren - Anu Frankenbusch aus Bad Reichenhall will Frauen und Jugendlichen Selbstschutz beibringen - und eine Portion Selbstbewusstsein mit auf den Weg geben. © ce

Das Wissen zur Selbstverteidigung will der Bad Reichenhaller Anu Frankenbusch allen Frauen ermöglichen. Deswegen startet der Kampfsportler und Sicherheitsprofi ein eigenes Ehrenamt mit einem kostenlosen Selbstschutzkurs. Erste einfache Tricks hat er bereits verraten:

Bad Reichenhall - „Es sind unsere Mütter, Töchter und Schwestern. Und die will ich sicher wissen.“ Zu viele Übergriffe, zu viel Gewalt und zu wenig Angebote, wo Frauen lernen können, sich selbst zu schützen. Anu Frankenbusch will nicht mehr nur zusehen. Der Bad Reichenhaller startet deswegen einen kostenlosen Selbstschutz- und Verteidigungskurs für Frauen und junge Damen ab 14 Jahren.

„Mit Herz“ das Leben anderer schützen

Den Gedanken verfolgt der 43-Jährige schon lange. Aufgewachsen und geboren in Bad Reichenhall, ist Anu sehr heimatverbunden. Ihm liegt das Wohlergehen der Menschen in der Region am Herzen. Deswegen hat er sich auch dazu entschieden, den Kurs in der Heimat anzubieten. „Wenn ich weiß, dass jede Einzelne, die in dem Kurs war, das Wissen hat, um sich selbst zu verteidigen, dann ist das ein schönes Gefühl. Dann weiß man, dass man etwas gemacht hat.“

Die Idee, Selbstschutz zu vermitteln, kommt durch seinen beruflichen und privaten Werdegang. Schon als Jugendlicher ging Anu dazwischen, wenn es Ärger gab. „Ich habe immer versucht, etwas Gutes zu tun.“ Der junge Reichenhaller entschloss sich deswegen, im Sicherheitsbereich zu arbeiten. Anfangs als Türsteher, begleitete Anu mit der Zeit Geldtransporte, sorgte für die Sicherheit bei Großveranstaltungen wie dem Hahnenkammrennen in Kitzbühel oder arbeitete im Begleitschutz.

Egal ob David Guetta, Sarah Connor oder eine betrunkene Jugendliche, die Unterstützung braucht - bei der Sicherheit von Menschen ist der heute 43-Jährige immer mit Herz dabei. „Mein Traum war immer der Bodyguard. Aber ich bin zu klein“, erzählt Anu mit einem Lächeln im Gesicht. „Die meisten Leute stellen sich einen großen Hünen als Bodyguard vor. Dabei können das kleinere Menschen genauso.“

Heute arbeitet Anu nur noch ab und zu im Sicherheitsbereich, meist auf Großveranstaltungen. Die Ausbildung im Selbstschutz gehörte zu seinem Job dazu. Gleichzeitig ist Anu ein begeisterter Kampfsportler. 2008 wurde der Bad Reichenhaller sogar Deutscher Vizemeister im Bruchtest und wurde durch die Kreisstadt bei der Sportlerehrung mit Gold ausgezeichnet. Eine Mischung aus Karate, Jiu Jiutsu und Taekwondo möchte er auch im Kurs unterbringen.

Gefahren einschätzen, vermeiden und abwehren

Während in klassischen Selbstverteidigungskursen vor allem Grifftechniken erlernt werden, verfolgt Anu einen anderen Ansatz. „Griffe sind nur sinnvoll, wenn Du sie immer wieder wiederholst. Ich könnte heute zwar noch gut reagieren, aber jeden einzelnen Griff wüsste ich nicht mehr. Das müsste ich wieder jeden Tag machen. Aber das Wissen, wie man Gefahren einschätzt und abwehrt, das bleibt.

Selbstverteidigungskurse brauchen Zeit, oftmals Geld und Willenskraft, um immer wieder und wieder die Techniken zu üben und einzusetzen. „Doch welche Möglichkeiten gibt es, wenn ich eben nicht so einen Kurs besuchen kann?“

Neben Gegenständen, die für den Selbstschutz verwendet werden können, geht es Anu vor allem um Wissen. Einfache Handlungen im Alltag, um sich selbst zu schützen. „Ich stehe heute noch immer mit dem Rücken zur Wand. Ich stehe nie so da, dass jemand hinter mir steht.“ Das Wissen, welche Gefahren es überhaupt gibt, ist dabei der erste Schritt. Waldwege, Kopfhörer im Ohr, Handy in der Hand oder alleine bei jemandem ins Auto steigen, um heimzukommen. „Das Einschätzen von Gefahren ist für mich daher ein wichtiger Punkt“, so Anu. Das gelte für die jüngere als auch ältere Generation.

Der zweite Schritt ist, wie man diese ganzen Gefahren selbst vermeiden kann und gar nicht erst in eine brenzlige Situation kommt. „Sei es, auf dem beleuchteten Weg heimzugehen, der ein paar Minuten länger dauert. Oder ich telefoniere währenddessen mit Freunden oder tu zumindest so. Das wehrt schon viele ab. Täter wollen nicht gesehen oder gehört werden.“ Das Bewusstsein für Gefahren lerne man weder in der Schule noch in einem klassischen Selbstverteidigungskurs für Griffe.

Im dritten Schritt geht es um legale Mittel zum Selbstschutz und deren Anwendung. „Jeder steckt ein Pfefferspray ein, nur um es am Eingang der Konzerthalle wieder abgeben zu müssen. Auf dem Konzert ist das vielleicht nicht so schlimm, aber beim Heimgehen fehlt es dann.“ Wissen ist Macht, so Anu. Die fast unbekannte Alternative zum Pfefferspray kann ein Kubotan sein. Der Kubotan kommt aus dem Kampfsport und ist ein knapp 15 cm langer Schlüsselanhänger aus Aluminium - zur Verteidigung oder auch zur Befreiung aus Autos. „Das Ding ist fies. Deswegen ist wichtig: Es geht bei einem Angriff um das eigene Leben, um Notwehr“, so Anu. Den Kubotan und wie er eingesetzt wird, stellt der Reichenhaller im Kurs vor.

Vom Tritt zwischen die Beine hält Anu übrigens wenig. „Wenn Du zu langsam bist, hat er dein Bein in der Hand und was tust du dann?“ Stattdessen gibt es etwa die Atemipunkte, empfindliche Stellen am Körper, die bei einem Schlag stark schmerzen. Besonders effektiv können die Atemipunkte am Kopf sein: Augen, Ohren, Nase, obere Haarkante. „Diese Schläge können aber eine verheerende Wirkung haben und sind nicht zum Spielen gedacht. Das muss ich den Kursteilnehmerinnen erklären. Gleichzeitig muss ich ihnen die Angst nehmen, sie zu benutzen.“

Anu will bei den Frauen nicht nur ein Bewusstsein für Gefahren schaffen, sondern auch das Selbstbewusstsein stärken. Still und ruhig sein, kann gefährlich werden. „Da geht es auch darum, wie Du dein Gegenüber ansprichst. Mit ‚Du‘? Das ist gängig in Bayern. Ich bin auch ein ‚Du‘-Mensch. Aber das ist gefährlich. Wenn eine Frau sagt: ‚Lassen Sie mich in Ruhe‘, dann ist jeder gleich hellhörig. Bei ‚Du‘ denken die Leute, ah dann streiten sie halt.“

Bad Reichenhall: Kostenloser Selbstschutz- und Verteidigungskurs für Frauen

Selbstschutz- und Verteidigungskurs

1. Kurs: Dienstags, 28. Februar und 7. März, von 19 bis 21 Uhr

2. Kurs: Sonntags, 5. März und 12. März, von 16 bis 18 Uhr

3. Kurs: Dienstags, 14. März und 21. März, von 19 bis 21 Uhr

Ort: Caritaszentrum, Salzburger Straße 29, 83435 Bad Reichenhall

Kursleiter: Anu Frankenbusch

Anmeldung und Info: täglich von 9 bis 12 Uhr - per SMS ganztägig

Tel. +49 177 8367375

Der erste Kurs startet am 28. Februar. Vorerst plant Anu insgesamt drei Kursrunden aufgeteilt auf zwei Termine. „Ich bin aber noch in der Findungsphase.“ Bei großem Interesse möchte der Reichenhaller weitermachen und noch mehr Termine anbieten. Die Caritas in Bad Reichenhall stellt ihm dafür Räume zur Verfügung.

ce

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