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Rassistisch? Streit um Polizeikalender

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Das März-Bild aus dem Kalender

München - Um einen Polizei-Kalender mit Karikaturen gibt es riesigen Wirbel. Münchens Polizeipräsident Dr. Wilhelm Schmidbauer reagierte umgehend: Er lässt alle Kalender abhängen.

Humor kann eine todernste Sache sein. Das gilt auch für Karikaturen, wie man spätestens seit 2005 weiß, als Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitung für internationale Verwicklungen und in der islamischen Welt für großen Zorn sorgten. Jetzt gibt es erneut Wirbel um mit spitzer Feder gezeichnet Werke – allerdings in einem weit kleineren Kosmos – nämlich dem der bayerischen Polizei.

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Seit sechs Jahren verteilt die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) alljährlich an ihre Mitglieder Kalender mit Karikaturen von Polizeihaupt­meisterin Melanie Staab aus Aschaffenburg. Die 33-Jährige skizziert pointiert Szenen aus dem Polizeialltag – und das gefällt heuer nicht allen Kollegen. Da ist zum Beispiel das März-Bild, das die Festnahme eines Farbigen zeigt, der empört ruft: „… was heiß’ hie Ve’dunkel-ungsgefah’?!“

Das grenzt an Rassismus kritisieren einige – und verweisen darauf, dass auch die August- und September-Blätter die Grenzen des guten Geschmackes deutlich überschritten.

Ähnlich denkt mal wohl auch im bayerischen Innenministerium. Jedenfalls hat man inzwischen alle bayerischen Polizeipräsidenten aufgefordert, das Thema zu „sensibilisieren“. Münchens Polizeipräsident Dr. Wilhelm Schmidbauer reagierte umgehend: Er lässt alle Kalender abhängen. Begründung: die Freiheit der Kunst sei zwar ein hohes Gut, aber der Kalender spiegele eine Geist wider, der mit dem Selbstverständnis der Münchner Polizei nicht vereinbar sei.

Jürgen Ascherl vom Landesvorstand der DPolG kann den Wirbel nicht verstehen. „Es liegt im Wesen einer Karikatur, die Dinge zuzuspitzen. Für mich ist das, was da jetzt passiert, Zensur.“

Sein Vorstandskollege Rainer Nachtigall will nicht ganz so weit gehen, er versichert: „Wir wollten mit dem Kalender niemanden provozieren und keinesfalls die Gefühle von Mitbürgern verletzen.“ Allerdings hätte sich Nachtigall einen anderen Umgang mit dem Thema gewünscht: „Es wäre schön gewesen, wenn die Polizeiabteilung im Innenministerium ihre Bedenken uns gegenüber geäußert hätte, dann hätten wir ja reagieren können. Der Kalender wurde ja schon Ende letzten Jahres verteilt.“ Außerdem hält Nachtigall die Haltung des Ministeriums für inkonsequent. „Wenn man sich sicher ist, hätte man den Kalender ja gleich verbieten können, anstatt zu sensibilisieren …“ 

Tatsächlich reagieren wohl nur wenige Polizeipräsidenten so energisch wie Wilhelm Schmidbauer. Den meisten genügt es durchaus, wenn die Kalender aus den Dienststuben mit Publikumsverkehr verschwinden. Im kleinen Bürokammerl dürfen sie ruhig hängenbleiben.

WdP

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