Prozess gegen Koks-Polizisten
Kempten - Der Skandal bei der Kemptener Polizei macht bundesweit Schlagzeilen: Ausgerechnet beim Leiter der Drogenfahndung werden fast zwei Kilo Koks gefunden. Jetzt steht er vor Gericht - wegen Drogenbesitzes und Vergewaltigung seiner Ehefrau.
Als Polizisten in Kempten ihren Kollegen vor knapp einem Jahr festnahmen, war von Kokain noch keine Rede. Der Leiter der Allgäuer Drogenfahndung wurde in seinem Auto gestoppt, weil er seine Ehefrau misshandelt haben sollte. Erst später deckten die Ermittler einen Drogenskandal im eigenen Haus auf: 1,8 Kilo Kokain wurden im Büroschrank des Kriminalbeamten gefunden. Der 53-Jährige muss sich von diesem Montag (26. Januar) an vor dem Landgericht Kempten verantworten. Er ist wegen Drogenbesitzes, gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung seiner Frau angeklagt.
Es war die Nacht nach dem Valentinstag, als die Ehefrau die Polizei alarmierte. Laut Anklage soll der Mann sie im gemeinsamen Wohnhaus in einem kleinen Ort im Oberallgäu gewürgt und vergewaltigt haben. Noch in der selben Nacht wurde er von Kollegen auf einer Straße bei Kempten im Auto angehalten und festgenommen. Der Beschuldigte soll erheblich alkoholisiert gewesen sein und unter Drogeneinfluss gestanden haben.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft war es nicht das erste Mal, dass er seine Frau angegriffen hat. Schon wenige Wochen zuvor soll er sie gewürgt und ihr gedroht haben, sie umzubringen. Auf der Flucht vor ihrem Ehemann soll sie vom Balkon aus dem ersten Stock gestürzt sein und sich dabei an der Wirbelsäule verletzt haben.
Nach der Festnahme am 15. Februar 2014 durchsuchten die Ermittler die Diensträume des leitenden Beamten in Kempten - und entdeckten 1,8 Kilo Kokain. Laut Anklage lag das Rauschgift in einem Büroschrank, für den nur der Chef-Drogenfahnder den Schlüssel besessen habe. Es soll weder einen dienstlichen Anlass noch eine sonstige Berechtigung für den Besitz des Kokains gegeben haben.
In dem Prozess wird es vor allem um die Frage gehen, wie der Angeklagte an das Rauschgift gelangte. In ersten Ermittlungen hatte er zu Protokoll gegeben, es zu Schulungszwecken besessen zu haben. Dies hielt die zuständige Staatsanwaltschaft München I aber von Anfang an für wenig glaubhaft. Wahrscheinlicher sei, dass der Angeklagte das Rauschgift dienstlich erhalten und dann behalten habe, um es selbst oder gemeinsam mit seiner Frau zu konsumieren.
Das Medieninteresse zum Prozessauftakt ist enorm: Journalisten aus ganz Deutschland wollen laut Gerichtssprecher Robert Kriwanek die Verhandlung verfolgen. „Es gibt auch extrem viele Anfragen von Bürgern. Hier rufen täglich Menschen an, die eine Platzkarte haben wollen.“ Zunächst sind fünf Verhandlungstage bis zum 20. Februar angesetzt.
dpa