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30 Jahre Naturschutzgebiet Geigelstein: Die Apotheke vor der Haustüre

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Von: Elisabeth Kirchner

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 Die herrliche Blumenwiese eröffnet den Blick auf das Gipfelkreuz des Geigelsteins. Zwölf Enzianarten hat das 3000 Hektar große Naturschutzgebiet aufzuweisen.
Die herrliche Blumenwiese eröffnet den Blick auf das Gipfelkreuz des Geigelsteins. Zwölf Enzianarten hat das 3000 Hektar große Naturschutzgebiet aufzuweisen. © Herbert Reiter

720 nachweislich gezählte Farn- und Blütenpflanzen, darunter 111 geschützte wie 24 Orchideen- und zwölf Enzianarten – nicht umsonst trägt der Geigelstein, der zweithöchste Gipfel der Chiemgauer Alpen, den Beinamen Blumenberg.

Sachrang/Schleching – Eine beeindruckende Flora und Fauna in dem über 3000 Hektar großen Naturschutzgebiet, das seinesgleichen sucht und das es zu bewahren gilt.

Große Vielfalt am Geigelstein

„Große Vielfalt wie einerseits Gänseblümchen, Margerite oder Zwerg-Alpenrose und andererseits das arktische Wollgras, das man im weiten Umkreis nur auf dem Geigelstein bewundern kann.“ Fast beiläufig fallen im Gespräch mit Stefan Kattari, Bürgermeister von Grassau, Diplom-Biologe und jahrelanger Gebietsbetreuer des Ökomodells Achental e.V., und Martina Glatt, Prientaler Gästeführerin und Kräuterfrau, Pflanzennamen, die sich mannigfach – manche wohlbekannt, andere wiederum einzigartig in Vorkommen und Gestalt – auf dem Blumenberg finden.

Der Gipfel und das Plateau der Roßalm, mit 1681 Metern eine der höchsten Almen in ganz Deutschland, sind nämlich vermutlich während der Eiszeit eisfrei geblieben, sodass sich dort wenig verändert hat und das Gebiet bis heute Rückzugsort und natürlicher Lebensraum für Tiere und Pflanzen ist.

Kräftige Farben der Bergblumen

Die kräftigen Farben der Bergblumen sind oft „simple Frostschutzmittel“ oder dem UV-Schutz geschuldet, erklärt Kattari. Der Wundklee, der oftmals im Tal schon im Mai erblüht, zeigt beispielsweise auf dem Berg erst knapp zwei Monate später seine gelb-weißen Kronblätter.

Und im Gipfelbereich, wo es eigentlich nur noch Felsschutt gibt, lassen sich Raritäten wie beispielsweise das Triften-Labkraut, die Alpenmargerite, der Alpen-Frauenmantel oder die nur wenige Zentimeter hohen Spalierweiden finden. Polsterpflanzen wie der Thymian sorgen mit ihrem Bewuchs für eine Isolator-Funktion: Im Inneren des Polsters kann man an einem sonnigen Tag 25 Grad messen, selbst wenn die Lufttemperatur nur knapp über dem Gefrierpunkt liegt, so Kattari weiter.

Heilsame Kräfte

Früher war der Geigelstein die „Apotheke vor der Haustüre“, ergänzt Martina Glatt, die viel über die heilsamen Kräfte der Pflanzenwelt weiß und gerne im Heilkräutergarten in Sachrang, am Fuße des Naturschutzgebietes, über Anwendungen der Kräuter in früheren Zeiten erzählt.

Der Feldthymian, auch Quendel genannt, erfreue mit seinen lila Polstern am Berg, und sei genau wie sein Verwandter, der Gartenthymian, äußerst wirksam bei Husten, aber werde auch täglich bei Hautleiden verwendet. Die Sennerinnen und Senner flochten ihn früher zu Kränzen, die – aufgehängt an der Almtüre – als Türschutz vor Krankheiten und dem bösen Blick galten, so Glatt weiter.

Für die Kühe giftig

Der Dost, der einheimische wilde Majoran, wirke gut bei Husten, aber auch bei Darmbeschwerden und Schlaflosigkeit, weswegen er auch Berghopfen genannt wird. Und dem Frauenmantel und dem Silberfrauenmantel, der erst ab circa 1000 Höhenmetern wächst, werden zahlreiche Heilkräfte für Frauen in allen Lebens- und Alterslagen zugeschrieben. Das Alpen-Greiskraut, zu Heu verarbeitet, sei für Kühe giftig, erklärt Fachmann Kattari. Ebenso sei der Wundklee für die tierischen Almbewohner ungenießbar.

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Dem Enzian wohnt ein Bitterstoff inne, der selbst noch in 200.000-facher Verdünnung bitter schmeckt, und aus der vergorenen Wurzel werde Schnaps gewonnen. Einzigartig präsentiert sich der Geigelstein: Von Ettenhausen, also von Osten her betrachtet, kann man die typische Bergbewaldung – am Fuße des Berges ein hoher Laubwaldanteil und in den höheren Lagen Nadelbäume, die sich auch mit einem raueren Klima zufriedengeben – erkennen.

Tierischer Artenreichtum am Geigelstein

Vor der Priener Hütte auf gut 1400 Metern das höchstgelegene Hochmoor Südostbayerns, tundraartige Flächen, arktisch anmutende Torfhügel im Roßalm-Gebiet, Bergwiesen, die man als Magerwiesen wegen der dünnen Humusschicht über dem Schotter bezeichnet, Latschenkiefern und viele Heidelbeersträucher.

Dazu der tierische Artenreichtum: Im Geigelstein-Gebiet leben Raufußhühner, Steinadler, Wanderfalken und Murmeltiere, aber auch Kreuzottern und Alpensalamander. Die ökologische Vielfalt sei schlichtweg überwältigend, so die beiden Naturkenner.

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