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Kampf um den Heuberg: Dringender Appell von Nußdorfs Bürgermeisterin, Aiwangers Versprechen

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Von: Michael Weiser

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Der Heuberg und sein Steinbruch: Darüber diskutierten Nußdorfs Bürgermeisterin Susanne Grandauer und Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger
Der Heuberg und sein Steinbruch: Darüber diskutierten Nußdorfs Bürgermeisterin Susanne Grandauer und Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger © dpa/Thomae/re/Bildcollage RE

50 Jahre Alpenplan und damit Schutz für die Berge, das ist ein guter Grund für einen Festakt auf dem Wendelstein. Nußdorfs Bürgermeisterin Susanne Grandauer hat ihre Zweifel, ob das allein reicht. Und überreichte Wirtschaftsminister Aiwanger beim Festakt einen dringenden Appell.

Brannenburg - Der Minister, eben mit der Bergbahn aus Bayrischzell eingeschwebt, ließ den Blick über den Himmel schweifen. „Ah, die Dohlen“, sagte Hubert Aiwanger und strahlte. Kurz zuvor, von der Seilbahngondel aus, hatte er einen Rothirsch erspäht - „da lacht das Jägerherz“, freute er sich. Durch die Glasfront des Saals des Wendelsteinhauses blickte er dann noch auf das Gezack der Gipfel. Und schwärmte: „Ein ungehobener Schatz.“

Susanne Grandauer hat den Wirtschaftsminister im Blick

Kaum ein Auge für die Landschaft, dafür den Blick fest auf den Wirtschaftsminister gerichtet, hatte Susanne Grandauer. Die Bürgermeisterin von Nußdorf war mit vielen Amtskollegen und Experten zusammen von Brannenburg in der historischen Zahnradbahn nach oben gerumpelt, zum Festakt „50 Jahre Alpenplan“.

Grandauers persönliche Mission könnte man so beschreiben: dafür sorgen, dass der Festakt nicht gar zu getragen ausfiel. Vor allem aber wollte sie den Blick der Verantwortlichen lenken, weg von der Idylle des Wendelsteins auf ein wichtiges Anliegen hin: den Steinbruch am Heuberg.

Schreiben gegen Steinbruch-Ausbau einstimmig abgesegnet

Dafür hatte Grandauer in ihrer Handtasche ein Schreiben: einen vom Gemeinderat Nußdorf abgesegneten Appell an Hubert Aiwanger, dem Abbau von Gestein oberhalb von 758 Metern einen Riegel vorzuschieben. „Einstimmig“, sagte Grandauer, „da ist Nußdorf absolut geschlossen.“

Das Argument der Nußdorfer: Ein Abbau auf zwei Hektar und die damit verbunden Straßen lassen sich nicht mit landesplanerischen Vorgaben vereinbaren. Weil laut Alpenplan in der Zone C - zu diesem streng geschützten Bereich gehört der Heuberg - Verkehrsvorhaben abgesehen von Alm- oder Wanderwegen unzulässig seien.

Es geht um Umweltschutz - und Wirtschaftsförderung

Ein wohl überlegter Appell. Zwar mögen die meisten Gegner des Steinbruchs eine Erweiterung des Abbaus als Problem des Umweltschutzes betrachten, mithin wäre Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber der richtige Ansprechpartner gewesen.

Doch ist erstens der Alpenplan ein „Instrument des landesplanerischen Entwicklung“ und damit im Werkzeugkasten vom Wirtschaftsminister zu finden. Zweitens hat eine Gemeinde ihre Kompetenz zwar nicht in Fragen des Umweltschutzes, dafür aber sehr wohl in Sachen der Planung. Also: ran an den Wirtschaftsminister. Und ihm eine wichtige Botschaft mitgeben.

Der Wirtschaftsminister äußerte sich beeindruckt. Er werde sich der Sache annehmen, versprach er gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. „Ich muss mir da eigentlich an Ort und Stelle ein Bild machen, auch wenn mein Terminkalender voll ist.“

Hubert Aiwanger will einen Ortstermin am Heuberg

Zudem wolle er, so kündigte Aiwanger an, das Gespräch mit „allen Beteiligten“ suchen. Auch mit dem Betreiber, dem Zementwerk Rohrdorf. Der sei schließlich auch an Fragen des Umweltschutzes interessiert, wie seine Bemühungen um CO2-Abscheidung bei der Zementproduktion zeige. Die Frage sei, ob man nicht Alternativen finden könne - „er muss seinen Stein ja vielleicht nicht genau an dieser Stelle gewinnen.“

Bergbahn? Für Aiwanger ein Beitrag zum Umweltschutz

Einem anderen Projekt in der Region steht Aiwanger offenbar gewogener gegenüber: der Erneuerung der Kampenwandbahn. Man dürfe die Menschen in der Großstadt nicht in ihre Wohnungen einsperren, die Münchner drängten nun einmal immer stärker auch in die Bergwelt. Da seien Seilbahnen ein wichtiger Beitrag, diesen zunehmenden Druck zu „kanalisieren“. Aber auch ein „gnadenloser Ausbau“ dürfe nicht das Ziel sein.

Der Alpenplan, er muss wohl weiter fortgeschrieben und erneuert werden. Darüber diskutierten dann im Panorama-Saal die Fachleute. Hubert Aiwanger bestieg derweil wieder die Seilbahn. „Termine“, sagte die Sprecherin. Ob er bei seinem kurzen Besuch bleibende Eindrücke mitnehmen konnte? Ein Andenken hatte er zumindest Schwarz auf Weiß. Das Schreiben aus Nußdorf, mit Susanne Grandauers Autogramm.

Der Appell der Gemeinde Nußdorf an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Staatsminister Hubert Aiwanger,

anlässlich des heutigen Festakts „50 Jahre Alpenplan“ auf dem Wendelstein möchte die Gemeinde Nußdorf am Inn Sie auf das aktuelle immissionsschutzrechtliche Änderungsverfahren des Südbayerischen Portland-Zementwerks Gebr. Wiesböck & Co. GmbH, gerichtet auf wesentliche Änderung des im Ortsteil Überfilzen betriebenen Steinbruchs, insbesondere auf Erweiterung des Abbaubereichs oberhalb der Höhe von 758 m ü. NN um 2,034 ha aufmerksam machen.

Nach dem Verständnis der Gemeinde Nußdorf am Inn steht der geplanten Erweiterung u.a. das raumordnerische Ziel unter Ziffer 2.3.6 entgegen: Das Landesentwicklungsprogramm geht in seinen Ziffern 2.3.1, 2.3.2 und 2.3.3 explizit auf den Alpenraum ein und sieht einen Alpenplan zur Erschließung von Verkehrsvorhaben vor. Ziffer 2.3.6 legt dabei als verbindliches Ziel der Raumordnung fest, dass in der Zone C Verkehrsvorhaben im Sinne von 2.3.3 landesplanerisch unzulässig sind. Ausweislich der Begründung gilt eine Ausnahme lediglich für landeskulturelle Maßnahmen, die nachweislich der Verbesserung der Erreichbarkeit von Almen und Alpen und zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Bergwaldes dienen.

Die Regierung von Oberbayern, Sachgebiet 24.1 Landes- und Regionalplanung, hat im immissionsschutzrechtlichen Verfahren nunmehr wiederholt geäußert, dass die Erschließung eines Steinbruchs kein Verkehrsvorhaben im Sinne der raumordnerischen Vorgabe unter 2.3.3 LEP darstelle. Diese Rechtsauffassung ist für die Gemeinde Nußdorf am Inn schlicht unverständlich.

In Ziffer 2.3.3 werden alle öffentlichen Straßen sowie Privatstraßen und Privatwege erfasst; eine Ausnahme gilt lediglich für Wanderwege. Damit verstößt eine verkehrliche Erschließung des oberen Abbaubereichs über die Zone C des Alpenplans gegen das raumordnerische Ziel in 2.3.6 LEP.

Anlässlich des heutigen Tages, der den nunmehr seit 50 Jahren bestehenden Alpenplan zu Recht mit einem Festakt feiert, bittet die Gemeinde Nußdorf am Inn, sich der Frage der Vereinbarkeit des beantragten erweiterten Abbaubereichs oberhalb der Höhe von 758 m ü. NN im Steinbruch Überfilzen anzunehmen und klarzustellen, dass die Erschließung eines gewerblichen Steinbruchs ein Verkehrsvorhaben darstellt, welches in Zone C des Alpenplans dem verbindlichen Ziel 2.3.3 widerspricht.

Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen

Susanne Grandauer

Bürgermeisterin der Gemeinde Nußdorf am Inn

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