Ein wichtiger Punkt in seinem Masterplan ist die Bahn. „Wenn ich auf Schiene verlagere, habe ich 80 bis 100 Prozent weniger CO2-Ausstoß“, sagt er. Noch mehr Güter müssten auf die Schiene kommen, damit könne man auch von Tirol Zugeständnisse erwarten: Weniger Blockabfertigungstermine für jeden Prozentpunkt weniger Güter auf der Straße.
Karl Fischer ist schon so lange im Logistikgeschäft, dass er noch weiß, wie ruhig es am Brenner sein kann. „Ich bin schon als Kind mit den Lkw über die alte Brenner-Straße mitgefahren“, erzählt er den OVB-Heimatzeitungen. „Da war’s noch so, dass der Zöllner die Schranke geöffnet hat und sich per Handschlag vom Fahrer verabschiedet hat. Das war ein ganz gemütliches Thema.“
Fast 60 Jahre ist das her. Und heute? Der Kontrast könnte nicht stärker sein. Über zehn Millionen Autos und Lastwagen queren jedes Jahr den Brenner. Fischer glaubt dennoch, dass die Probleme in den Griff zu bekommen sind. Europa könne auch in Zukunft sehr erfolgreich bleiben, sagt er. Wenn man Europa als Unternehmen begreife, in dem ein Zahnrad ins nächste greifen müsse.
„Nachdenken ist wichtig, vordenken noch wichtiger“, sagt Fischer. So sei das LKZ entstanden. Eine Denkfabrik, deren Mitarbeiter das tun, wozu Transportunternehmer wegen Zeitdrucks nicht mehr kommen: kreativen Lösungen. So wurde das LKZ zur „Ideenschmiede“, wie Landrat Otto Lederer zur Verabschiedung Fischers sagte.
Auch wirtschaftlich hat das LKZ unter Fischers Führung Gewicht erhalten: Unter seinem Dach vereint es 16 Unternehmen mit mehr als 70 Arbeitsplätzen. In 25 Jahren erarbeitete es einen Umsatz von über 500 Millionen Euro. Das LKZ habe „Zugkraft“, lobte Landrat Lederer weiter, es tue der Wirtschaft in der Region gut.
Fischer arbeitete daran mit, die Verbindung von München nach Verona von 14 Stunden zu halbieren. Das LKZ knüpfte das Logistik-Netzwerk zwischen München und Hamburg. Mittlerweile werden 70 Prozent des Gesamt-Gütervolumens auf der Schiene transportiert.
Fischer nennt vor allem die Verbindung nach Hamburg als Beispiel, was sich im Güterverkehr tun kann. Von solchen Zahlen ist man im Inntal noch weit entfernt. 22 Prozent seien es bislang, 32 Prozent können es innerhalb der nächsten zehn Jahre werden, noch bevor der Brenner-Nordzulauf fertig ist, meint Fischer: „Wir können noch zehn Prozent in der alten Infrastruktur mitnehmen. Das sind 240.000 Lkw – das können wir sofort verlagern.“
Fischer hat Ideen, wie man Verkehrsströme so steuern kann, dass nicht länger mehr 2,5 Millionen Lastwagen pro Jahr über den Brenner brummen. Unverzichtbar ist auf lange Frist der Brenner-Nordzulauf. Die Steigerung des Schienen-Anteils auf ein Drittel des gesamten Güterverkehrs ist auf den Bestandsgleisen noch zu schaffen, meint er. Damit aber wäre der Spielraum der bisherigen Infrastruktur ausgeschöpft. Für jede weitere Verlagerung von Gütern auf die Schiene müsse man entweder neue Gleise bauen – oder den Personentransport von der Schiene nehmen. Heißt für ihn: Will Deutschland nicht gegenüber Österreich und Italien vertragsbrüchig werden, führe am Brenner-Nordzulauf kein Weg vorbei.
Seit fünf Jahren gibt es die Blockabfertigung, mit einer stetig wachsenden Zahl von Terminen. Mittlerweile ist rein statistisch jeder neunte Tag ein Blockabfertigungstag, immer häufiger folgen zwei oder mehr Blockabfertigungstage. Ob Tirol und Bayern da das Rad zurückdrehen können? Fischer ist optimistisch: „Wir haben da ein gemeinsames Problem. Und die Frage ist nicht, ob wir es lösen, sondern nur wie.“
Man sei zum Erfolg verdammt, meint Fischer. „Sonst werden wir nämlich irgendwann keine Fahrer mehr haben.“ Dann hätte sich der Güterverkehr von selbst reguliert. Allerdings mit Folgen für die Wirtschaft, die wohl niemand wünscht.
Bis zu 26 Kilometer Rückstau, drei Unfälle mit Sachschaden: Auch am Montag (4. Juli) nervte die Blockabfertigung zahllose Menschen. Um 5 Uhr morgens begannen die Tiroler ihre „Dosierungsmaßnahme“. Anfangs wurden lediglich 100 Lkws pro Stunde durchgelassen. Bis zum Ende der Blockabfertigung um 10 Uhr wurde die Zahl bis auf 350 Lkws pro Stunde gesteigert. Gegen 10 Uhr erreichte der Lkw-Rückstau seine Höchstlänge. Die Lkw standen noch hinter der Anschlussstelle Rosenheim-West. Doch gegen Mittag konnte die Polizei melden, dass sich der Stau nahezu komplett aufgelöst habe. Nur eine Woche Pause hat die Region: Am 11. Juli ist der nächste Blockabfertigungstag.
In einer früheren Fassung hieß es von Herrenchiemsee „im Spiegelsaal, wo 1948 auch der Verfassungskonvent tagte“. Das stimmt nicht, den Grundstein zur demokratischen Nachkriegsordnung legten die Verfassungsväter im Alten Schloss . Wir bitten den Fehler zu enstchuldigen.
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