Holocaust-Leugner Williamson soll erneut vor Gericht

Nürnberg/Regensburg - Eigentlich war das Urteil schon gefallen. Verfahrensfehler verhinderten aber, dass es Rechtskraft erlangte. Einer neuer Prozess gegen den Holocaust-Leugner Bischof Williamson seht nun an.
Für das Amts- und das Landgericht Regensburg schien der Fall noch klar: Bischof Richard Williamson muss für seine Holocaust-Leugnung bestraft werden. Das OLG Nürnberg hat dem nun teilweise widersprochen. Verfahrensfehler machen eine Neuauflage des Prozesses nötig. Vorläufig wurde das Verfahren eingestellt.
Der Prozess gegen den Holocaust- Leugner Bischof Richard Williamson muss wegen Verfahrensmängeln neu aufgerollt werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg begründete seine Entscheidung vom Mittwoch damit, das Amtsgericht Regensburg habe bereits in seinem Strafbefehl nicht ausreichend erläutert, wie und wo genau in Deutschland das umstrittene Interview des Bischofs veröffentlicht wurde. Das sei aber Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung. (Aktenzeichen: 1 St OLG Ss240/11)
Vorläufig wurde das Verfahren nun vom OLG eingestellt. Die Staatsanwaltschaft kündigte aber umgehend an, dass sie unter Beachtung der Hinweise des Nürnberger Gerichts „sehr schnell“ einen neuen Strafbefehl beziehungsweise eine Anklage fertigstellen werde. Es gehe der Staatsanwaltschaft um eine Bestrafung Williamsons, betonte der Regensburger Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl. Er sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass die neue Anklageschrift voraussichtlich in etwa fünf Wochen fertig sein werde.
Der 71 Jahre alte Bischof der erzkatholischen Piusbruderschaft hatte im Jahr 2008 in einem Interview mit einem schwedischen Fernsehsender den Massenmord an sechs Millionen Juden durch die Nazis und die Existenz von Gaskammern bestritten. Er war dafür vom Landgericht Regensburg in einem Berufungsverfahren zu einer Geldstrafe von 6500 Euro - 100 Tagessätzen zu 65 Euro - verurteilt worden, nachdem zuvor schon das Amtsgericht den Kirchenmann verurteilt hatte. Das in Schweden ausgestrahlte Interview war auch im Internet veröffentlicht worden. Gegen das Urteil hatte der Verteidiger von Bischof Williamson Revision eingelegt.
Der Fall hatte seinerzeit die katholische Kirche in eine schwere Krise gestürzt. Denn genau zu der Zeit, als das Interview des TV-Senders öffentlich wurde, hatte der Vatikan die Aufhebung der Exkommunikation von Williamson und dreier weiterer Bischöfe der umstrittenen Piusbruderschaft bekanntgegeben. Papst Benedikt XVI. soll jedoch von den Interviewäußerungen nichts gewusst haben.
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts lässt sich aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Regensburg kein „klar umgrenztes strafbares Verhalten entnehmen“. Fehle es an dieser Grundvoraussetzung, müsse ein Verfahren zwingend eingestellt werden.
Der Erste OLG-Strafsenat unter Vorsitz von Richter Bernhard Wankel räumte zwar ein, dass der Angeklagte im Interview mit dem schwedischen Fernsehsender SVT 1 in Zaitskofen in der Oberpfalz den Holocaust geleugnet hat. Williamson hat nach OLG-Einschätzung auch damit gerechnet, dass das in den Räumen der Piusbruderschaft aufgezeichnete Interview nicht nur in Schweden, sondern auch in Deutschland bekannt und Aufsehen erregen werde. „Es wird in dem Strafbefehl aber nicht mitgeteilt, dass, und vor allem wie der Inhalt des ... unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegebenen Interviews dann tatsächlich veröffentlicht und in Deutschland bekannt wurde“, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.
In dem Strafbefehl seien weder Ort noch Zeit der Veröffentlichung genannt; ebenso fehlten Hinweise auf das Medium, in dem angeblich die Williamson-Äußerungen veröffentlicht worden seien, und der Verbreitungsweg. Der Verbreitungsweg sei für eine strafrechtliche Beurteilung aber „von zentraler Bedeutung“, weil es um volksverhetzende Äußerungen gehe, die nur in Deutschland strafbar seien, gibt das OLG zu bedenken. Ob über eine Ausstrahlung im Fernsehen hinaus eine Veröffentlichung des TV-Interviews auch im Internet geplant gewesen sei und ob Bischof Williamson mit diesem Verbreitungsweg gerechnet habe, lasse sich dem Strafbefehl nicht entnehmen.
dpa